Oskar Lafontaine und Marie-Agnes Strack-Zimmermann lieferten sich bei Sandra Maischberger ein denkwürdiges Rede-Duell mit harten gegenseitigen Attacken. Die FDP-Politikerin machte den BSW-Politiker für den Angriff auf einen Kollegen verantwortlich.
Das war das Thema bei "Maischberger"
Die gegenseitige Abneigung war von Sekunde eins an zu spüren.
Das waren die Gäste
Hape Kerkeling : Der Entertainer ist über seine Großmutter, die wahrscheinlich ein uneheliches Kind des früheren englischen Königs Edward VIII. war, mit dem britischen Königshaus verwandt. "Mich würde interessieren, wie Charles sich fühlt. Der hat mich jetzt im Nacken", scherzte Kerkeling, der in der Thronfolge laut eigenen Angaben auf Platz 111 käme. Seine Erkenntnis aus der Suche nach seinen Wurzeln: "Die Menschen in Deutschland kommen durch ihre Vorfahren aus allen möglichen Ländern. Es gebe keine biologischen Deutschen und kein ethnisch homogenes Volk. Das ist eine üble Fantasie." Zur AfD hatte Kerkeling eine klare Meinung: "Was heißt denn in Teilen rechtsradikal? Wenn ich ein Glas Wasser habe und schütte da ein bisschen Kloakenwasser rein, dann ist das ganze Glas ungenießbar. Das kann ich wegschütten."Pinar Atalay : Die RTL-Moderatorin macht sich nach dem Angriff des Irans auf Israel Sorgen über die Folgen für die Menschen und die Zukunft im Nahen Osten. Aussagen von Donald Trump, unter seiner Präsidentschaft wäre die Lage in der Region nicht derartig eskaliert und er könne den Konflikt schnell lösen, kritisierte sie. "Man kann es nicht mehr hören und ich würde auch behaupten: Er kriegt es so schnell nicht hin."- Dagmar Rosenfeld: Die Herausgeberin von "Media Pioneer" sagte über einen möglichen Flächenbrand im Nahen Osten: "Die Angst ist da und sie ist berechtigt." Auch Rosenfeld zweifelte die Aussagen von
Donald Trump an. "Diese Großmäuligkeit, dieses Herabsetzen des politischen Gegners – mir kommt es nicht nur zu den Ohren raus, ehrlicherweise." Aussagen des bayerischen MinisterpräsidentenMarkus Söder (CSU) gegen eine Koalition mit den Grünen auf Bundesebene findet sie "unklug". Anders als der CDU-Vorsitzende: "Es ist ein bisschen butterweicher, wie es (Friedrich) Merz macht." - Valerie Schönian: Die "Zeit"-Journalistin warnte davor, dass Israels Vorgehen in Gaza und nun auch im Libanon als "Extremismusschleuder" wirken könnte. "Was kommt als Nächstes? Was ist die Vision?", fragte sie. Sie erinnerte daran, dass nach dem letzten Einmarsch Israels im Libanon in den 80er Jahren die Hisbollah gegründet wurde. Schönian hält nichts davon, alle Muslime in einen zu Topf werfen und zu verlangen, dass sie sich automatisch von antiisraelischen Demos distanzieren müssen. Es sei nur eine Minderheit, die dort antisemitische Parolen rufe.
- Oskar Lafontaine (Bündnis Sahra Wagenknecht): Der ehemalige SPD- und Linken-Parteichef nannte das Vorgehen Israels in Gaza einen "Völkermord nach dem internationalen Gerichtshof". Deutschland sei zwar verpflichtet, Israel beizustehen, wenn es angegriffen wird. "Wir sind aber nicht verpflichtet zu schweigen oder Waffen zu liefern, wenn Israel einen Völkermord begeht. Das ist völlig inakzeptabel." Zudem sprach sich Lafontaine deutlich dagegen aus, dass die Ukraine mit westlichen Langstreckenwaffen militärische Ziele in Russland angreifen darf. In seiner Logik könnten dann auch Russland und China sich ermutigt sehen, einem von den USA angegriffenen Land Raketen zu liefern, um Raketenabschussbasen der USA zu attackieren. Gleiches Recht müsse dann für alle gelten. "Das würde die ganze Welt in Brand setzen."
- Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP): Die Vorsitzende des EU-Verteidigungsausschusses machte gleich mit ihren ersten Sätzen deutlich, wie wenig sie von Lafontaine hält. "Sie sind jetzt in der fünften Partei, wenn ich richtig gerechnet habe, in den Jahren", sagte sie dem 81-Jährigen. Sie warf ihm vor, mit dem nach seiner Frau benannten Bündnis Sahra Wagenknecht die Gesellschaft zu spalten und "Opfer zu Tätern und Täter zu Opfern" zu machen. Speziell im Fall der Ukraine. "Es stinkt mir so was von gewaltig, dass Leute auf die Straße gehen und die Ukraine zum Täter stilisieren. Das ist das Allerletzte. Die Ukraine wehrt sich." Strack-Zimmermann ist dafür, Munitionsdepots und weitere militärische Ziele in Russland anzugreifen. Wenn der russische
Präsident Wladimir Putin in der Ukraine gewinne, "dann werden wir noch andere Schlachtfelder haben", sagte die FDP-Frau. Wie Moldawien oder Georgien.
Das war der Moment des Abends
Nachdem Oskar Lafontaine ihr vorgeworfen hatte, sie habe eine Mitverantwortung für die desaströsen Ergebnisse der FDP bei den drei Landtagswahlen im Osten, schoss Strack-Zimmermann zurück. "Die FDP gibt es schon ganz lange, das Bündnis Sahra Wagenknecht wird bald Geschichte sein."
Das war das Rede-Duell des Abends
Strack-Zimmermann warf Oskar Lafontaine eine Mitverantwortung für einen Angriff auf CDU-Politiker Roderich Kiesewetter vor einigen Monaten vor. Lafontaine habe zuvor in einer Rede erklärt, Kiesewetter gehöre ins Gefängnis. "Herr Lafontaine, erst die Worte, dann die Taten." Sie hoffe, dass er darüber reflektiere.
Lafontaine, der selbst Anfang der 90er Jahre Opfer eines Attentats wurde, übernahm keine Verantwortung für die Attacke, er bedauere sie nicht einmal. Stattdessen erklärte er nüchtern: "Herr Kiesewetter hat gesagt, wir müssen den Krieg nach Moskau tragen und wir müssen Raketen liefern, damit Ministerien in Moskau zerstört werden. Das ist für mich verrückt, das ist der helle Wahnsinn", sagte der Saarländer. "Solche Leute sind völlig verantwortungslos und verstoßen gegen das Friedensgebot des Grundgesetzes." Er gab zu, dass er den Satz mit dem Gefängnis gesagt hat und rechtfertige sich weiter: "Leute, die einen Angriffskrieg vorbereiten, machen sich strafbar", behauptete Lafontaine. Kiesewetter hatte im Februar der "Deutschen Welle" gesagt: "Wir müssen alles tun, dass die Ukraine in die Lage versetzt wird, nicht nur Ölraffinerien in Russland zu zerstören, sondern Ministerien, Kommandoposten, Gefechtsstände."
Strack-Zimmermann blieb bei ihrer Kritik. Es habe Folgen, wenn der "große Oskar Lafontaine" etwas für die Leute auf der Straße sage. "Wenn das die Folge ist, bitte ich Sie, Contenance zu wahren, weil das ist indiskutabel." Später schob sie noch eine sarkastische Bemerkung hinterher. "Ich bin ja froh, dass er nicht gesagt hat: Ich gehöre ins Gefängnis. Vielen Dank, Herr Lafontaine."
So hat sich Sandra Maischberger geschlagen
Lafontaine behauptete bei
Das ist das Fazit
Dass die gesellschaftlichen Fronten in Deutschland rund 1.000 Tage nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine vielleicht mehr denn je verhärtet sind, zeigte das Interview mit Marie-Agnes Strack-Zimmermann und Oskar Lafontaine. Da saßen sich zwei Menschen gegenüber, deren gegenseitige Verachtung greifbar war. Lafontaine sprach dabei vor allem für den Osten der BRD, wo der Wunsch nach mehr diplomatischen Initiativen, einem schnellen Friedensschluss und einer Wiederannäherung an Russland besonders weit verbreitet ist. Strack-Zimmermann repräsentierte eher die alte BRD mit einem strammen Anti-Russland-Kurs, fester Westbindung und einem ziemlich verständnislosen Blick auf die Friedensbewegten im Osten, die vor allem von der AfD und dem BSW vertreten werden.
"Putin will diesen Frieden nicht. Er will die Ukraine zerstören", erklärte die FDP-Politikerin. Und dann würden weitere Länder folgen. In Lafontaines Augen wäre es eine ganz schlechte Idee, eine Atommacht wie Russland besiegen zu wollen. "Wer das glaubt, setzt die Welt in Brand." Atomkrieg oder weitere Überfälle Russlands in Europa – zwischen diesen Angst-Polen bewegte sich das Gespräch. Für Zwischentöne blieb in dieser "Maischberger"-Sendung nicht viel Platz. "Wir beide müssen uns nicht gegenseitig überzeugen", stellte Strack-Zimmermann fest. "Das schaffen Sie bei mir nicht und ich bei Ihnen nicht." Bleibt die Frage, wie nachhaltig es ist, zwei Gäste mit solchen polarisierenden Ansichten gegenüberzustellen, die sich ihre Argumente fast vorbrüllen. Der Unterhaltungsfaktor war am Mittwochabend groß, der Erkenntnisgewinn klein.
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