Fünf Spieler, fünf (Final-)Geschichten: Von der Wiedergeburt bis zur großen Erlösung - eine Handvoll Bayern-Spieler prägte die Champions-League-Saison und das Finale ganz besonders.
Es war eine ausgewachsene Krise, in der sich der FC Bayern im Herbst 2019 befand. Alles war infrage gestellt worden, nicht nur Trainer
Was in der Zeit zwischen dem Tiefpunkt und dem wundersamen Aufstieg passiert ist, wurde nun schon oft genug beschrieben. Das Finale von Lissabon presste einiges davon aber noch einmal in 90 Minuten. Eine Handvoll Spieler steht sinnbildlich für die Wandlung, und der eine oder andere ist endlich am Ziel aller Träume. Das Quintett im Fokus.
Thomas Müller
Keiner verkörpert die Metamorphose der Mannschaft in dieser Saison so wie der Routinier. Für
Müllers Privatfehde mit Ex-Trainer Kovac füllte im Herbst zahlreiche Gazetten, die Unzufriedenheit des Gefühls-Fußballers übertrug sich auch auf die Mannschaft und das Binnenklima. Kovac unterschätzte nicht nur den sportlichen, sondern auch den zwischenmenschlichen Wert des Spielers und scheiterte letztlich daran.
Müller selbst kam wie befreit aus seiner Zwangspause zurück und wurde zum Anführer der Mannschaft. Mit einem glücklichen Müller wurden auch die Mitspieler wieder glücklicher. Der Spieler schlüpfte in seine Paraderolle als Bessermacher: Jeder seiner Kollegen profitierte von ihm -
Der Teamerfolg steht aber natürlich über allem und so wird es auch Coutinho verschmerzen können, der einst von Liverpool nach Barcelona kam, um die Königsklasse zu gewinnen. Und das nun als Leihspieler mit den Bayern geschafft hat. Auch dank Thomas Müller, der zwar nicht unbedingt im Finale, aber letztlich doch über Monate auf so vielen Ebenen den Unterschied machte.
Kingsley Coman
Eigentlich hatten die meisten
In Paris‘ Halbfinale gegen Leipzig war zu sehen, dass
Am Ende wurde das Finale von Lissabon "zum schönsten Tag in meinem Leben", wie der in Paris geborene Coman sagte. Ab sofort steht er in einer Reihe mit Ikonen wie Katsche Schwarzenbeck, Bulle Roth, Stefan Effenberg, Arjen Robben: (Sieg-)Torschützen des FC Bayern in einem Champions-League-Finale.
Thiago
Kaum ein Spieler polarisiert Medien und Fans mehr als Thiago. Die Einschätzung seiner Leistung oszilliert nicht selten zwischen Kreisklasse und Weltklasse. Aber das ist natürlich Quatsch. Es gibt keinen besseren Fußballspieler im Münchner Kader als Thiago.
Niemand lässt das Schwerste so leicht erscheinen, seine Leistung im Finale gegen Paris war schlicht grandios. Mit dem Ball war er mal wieder das Metronom einer perfekt eingestellten Maschine, gegen den Ball ein Räuber erster Güte. Etliche Pariser Angriffe verhedderten sich in seinen Beinen.
Dabei galt er angeblich als Wackelkandidat für das Endspiel, mit Joshua Kimmich auf der Sechs sollten die Bayern mehr Stabilität haben. Aber viel stabiler als mit Thiago gegen die Superdribbler Neymar, Mbappé und Di Maria konnte man kaum stehen.
Thiago kam dereinst mit Pep Guardiola im Gepäck zu den Triple-Bayern. Nun verlässt er den Klub (wohl) als Triple-Sieger. Sieben Jahre lang rannte er dem Triumph in der Königsklasse mit den Münchnern hinterher, diese lange Zeit der Leiden durfte dann auch jeder sehen nach seiner Auswechslung ein paar Minuten vor dem Ende.
Thiago hing an einer Plexiglasscheibe, brüllte die Kollegen nach vorne. Der Sieg könnte nun die Endstation seiner Reise mit den Bayern sein und das perfekte Ende seiner Zeit in München. Einige Beobachter werden seinen Wert wohl erst dann zu schätzen wissen, wenn er wirklich nicht mehr da ist.
Robert Lewandowski
Es gibt Druck. Und es gibt beinahe unmenschlichen Druck. Natürlich alles im Rahmen des sportlichen Wettbewerbs, es geht schließlich nicht um Leben oder Tod. Aber unter allen Spielern im Kader der Bayern stand für
Lewandowksi kam auch erst nach dem ersten Triple nach München, die Königsklasse war sein Sehnsuchtsort. Mit seiner Nationalmannschaft stehen die Chancen auf einen großen Titel im Vergleich zu fast allen anderen im Kader bedeutend schlechter, also bleibt Lewandowski immer "nur" der Klub.
Lewandowski wurde mit 15 Treffern Torschützenkönig der Champions League, vielleicht gewinnt er nun, mit dem Pott im Rücken, auch den Ballon d‘Or. Aber ohne Silberware wäre das kaum möglich und wären auch die 15 Tore lediglich eine Randnotiz in der Geschichte.
Für Lewandowski dürfte sich der Triumph von Lissabon wie eine Erlösung anfühlen, mit mittlerweile 32 Jahren war die Aussicht auf weitere Chancen, in einem Finale zu stehen, nicht besonders groß. Lewandowski hatte vor dem Finale einen Bruder im Geiste auf der gegnerischen Seite. Auch für Thiago Silva, bald 36 Jahre alt, wurde das Finale zu einer womöglich allerletzten Chance auf den Champions-League-Triumph. Aber wie das eben so ist: In einem Finale kann es nur einen Sieger geben.
Manuel Neuer
Im Vergleich zu Lewandowski konnte
Nicht nur Thomas Tuchel vermutete vor dem Spiel, dass das erste Tor einen ganz entscheidenden Charakter haben dürfte. Manuel Neuer verhinderte dieses erste und letztlich überhaupt ein Tor für den Gegner. Bezeichnend seine Geste, als er sich gegen Ende des Spiels nach einem Schuss aus kürzester Distanz und Abseitsposition von Mbappé vor dem auftürmte, die Arme weit vom Körper gestreckt, als wolle er sagen: hier und heute nicht!
Neuer überhaupt aufstellen zu dürfen, sei eigentlich schon "Wettbewerbsverzerrung", sagte Tuchel danach in einer Mischung aus Witzelei und größtmöglicher Anerkennung. Und damit war auch schon alles gesagt, größer kann das Lob des gegnerischen Trainers nicht ausfallen.
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