• Armin Laschet hat die Bundestagswahl verloren, CDU und CSU erlebten am ein historisches Debakel.
  • Doch der Kanzlerkandidat der Union hat klar gemacht, dass er regieren will.
  • Falls das nicht klappt, blieben Laschet noch zwei weitere Optionen – doch wie realistisch sind die?
Eine Analyse

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Er wollte Deutschland regieren, am Ende könnte er auf den hinteren Reihen im Bundestag landen. Armin Laschet und seine CDU haben die Wahl verloren, noch nie haben so wenige Menschen für die Union abgestimmt wie am 26. September: Die Partei stürzte von 32,9 auf 24,1 Prozent ab.

Das Wahlergebnis ist für CDU und CSU ein Desaster, noch mehr aber für Laschet selbst. Denn ihm bleiben nun nur noch drei Optionen, wie er politisch überleben könnte.

Option 1: Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen

Was dafür spricht: Mittlerweile gar nichts mehr. Am Dienstag sind die Würfel sind gefallen: Der nordrhein-westfälische Verkehrsminister Hendrik Wüst soll Laschet als Ministerpräsident und CDU-Landesparteichef beerben. "Ein Macher", warb Laschet selbst vor Parteigremien für Wüst, der auch Chef der NRW-Mittelstandsvereinigung ist.

Für den Personalvorschlag hatten sich in den vergangenen Tagen bereits etliche NRW-Christdemokraten ausgesprochen, Wüst genießt in seiner Partei breite Unterstützung. Der neue Ministerpräsident muss vom Düsseldorfer Landtag gewählt werden, vom FDP-Koalitionspartner ist dabei kein Widerstand zu erwarten. Über die neue Parteispitze wird am 23. Oktober ein Landesparteitag in Bielefeld entscheiden.

Was dagegen spricht: Alles. Laschet hatte im Vorfeld der Bundestagswahl erklärt, er gehe "ohne Rückfahrkarte" nach Berlin – auch, wenn er nicht Kanzler werde. Genau so kommt es nun auch. Würde er auf einen Verbleib in Nordrhein-Westfalen drängen, wäre das ein klares und endgültiges Eingeständnis seiner Niederlage. Laschet wahrt nun mit seinem Rückzug aus seinem Heimatbundesland seine Restchancen auf eine führende Rolle in der Bundestagsfraktion (siehe Option 2) oder sogar die Kanzlerschaft (siehe Option 3).

Option 2: Oppositionsführer im Bundestag

Was dafür spricht: Laschet muss abwarten und hoffen, dass die Koalitionsgespräche zwischen Grünen, FDP und SPD scheitern, um ein Jamaika-Bündnis mit der Ökopartei und den Freien Demokraten zu schmieden (siehe Option 3). Falls es für Laschet trotzdem nicht mit der Kanzlerschaft klappt, wäre der Vorsitz der Bundestagsfraktion von CDU und CSU sein Backup in Berlin. Das wäre der wichtigste Posten, der übrig bliebe.

Die Fraktion hatte dem CDU-Chef diesbezüglich wenige Tage nach der Bundestagswahl Zeit verschafft. Am 28. September wählte sie den bisherigen Fraktionschef Ralph Brinkhaus nur bis Ende April wieder und damit nicht wie üblich für ein Jahr. Nach gescheiterten Sondierungs- und Koalitionsgesprächen könnte Laschet das Amt dann in einem halben Jahr von Brinkhaus übernehmen – zumindest theoretisch.

Was dagegen spricht: Ralph Brinkhaus. "Armin Laschet wird bestimmt nicht als Fraktionsvorsitzender kandidieren, wenn wir in die Opposition gehen", sagte Brinkhaus am nach seiner Wahl in den ARD-"Tagesthemen". "Insofern bin ich kein Platzhalter und fühle mich auch nicht so." Stattdessen werde sich Laschet um die Partei kümmern, sollte die Union nicht regieren, erklärte Brinkhaus. "Als Parteivorsitzender ist man dann ganz gut beschäftigt."

Laschet genoß zudem schon vor der Bundestagswahl wenig Rückhalt in der Fraktion. In besonderer Erinnerung bleibt eine Fraktionssitzung im April, wo sich ein Großteil für Söder als Kanzlerkandidat der Union aussprach. Nach dem miserablen Wahlergebnis dürfte der Unmut in der Fraktion weiter gewachsen sein. Es ist aktuell kaum vorstellbar, dass die Fraktion – die zu knapp einem Viertel aus CSU-Abgeordneten besteht – Laschet zu ihrem Chef macht, egal zu welchem Zeitpunkt.

Option 3: Bundeskanzler

Was dafür spricht: Das Amt des Bundeskanzlers und damit die Nachfolge von Angela Merkel ist Laschets einzige Chance politisch zu überleben. Deshalb kämpft er um das Amt. Scheitert Laschet, droht ihm wohl das gleiche Schicksal wie Ex-SPD-Chef und -Kanzlerkandidat Martin Schulz, der nach den schwarz-roten Koalitionsverhandlungen 2017/2018 auf einer Hinterbank im Bundestag landete und am Sonntag nicht mehr antrat.

Noch am Wahlabend hatte Laschet betont, er wolle trotz seiner Niederlage versuchen, sich mit Grünen und FDP auf eine Koalition zu verständigen und alles daran setzen, eine Regierung unter Führung von CDU und CSU zu bilden. Bei diesen Bestrebungen genießt Laschet auch den Rückhalt von Söder, der "fest an die Idee eines Jamaika-Bündnisses" glaubt.

Im Wahlkampf hatte der CSU-Chef noch massive Bedenken dagegen geäußert, dass die Union wieder den Regierungsanspruch erhebt, wenn sie nicht stärkste Kraft wird. Nun sagte Söder: "Wir wollen gemeinsam in diese Gespräche gehen mit dem klaren Ziel, den Führungsauftrag für die Union zu definieren, dass Armin Laschet dann der Kanzler der Bundesrepublik Deutschland wird."

Unrealistisch ist das Szenario nicht: Denn Grüne und FDP wissen um Laschets einzige Machtoption. Dementsprechend viele Zugeständnisse könnten sie ihm und der Union womöglich abringen – vielleicht sogar mehr als der SPD. Und dass die Liberalen Jamaika deutlich mehr zugeneigt sind als einer Ampel-Koalition, hat Parteichef Christian Lindner während des Wahlkampfes immer wieder deutlich gemacht.

Was dagegen spricht: Vor allem Bündnis 90/Die Grünen. Laschet ist darauf angewiesen, dass die Ökopartei nicht Wahlsieger Olaf Scholz (SPD) zum Kanzler macht, sondern Verlierer Laschet. Aber warum sollten die Grünen das tun? Ein solcher Schritt wäre öffentlich angsichts der vielen programmatischen Gemeinsamkeiten mit der SPD nur schwer zu vermitteln. Dazu kommt die Parteibasis: Die befürwortet klar eine Ampel-Koalition – und lehnt Jamaika ab. Laschet muss außerdem darauf hoffen, dass die Gespräche zwischen SPD, Grüne und FDP scheitern. Er ist also zum Zuschauen verdammt – keine gute Vorraussetzung.

Hinweis: Der Artikel wurde nach der Wiederwahl von Ralph Brinkhaus am 28. September und der Nominierung von Hendrik Wüst am 5. Oktober aktualisiert.

Verwendete Quellen:

  • Meldungen der Deutschen Presse-Agentur
  • Handelsblatt: "Verkehrsminister Hendrik Wüst soll neuer NRW-Ministerpräsident werden"
  • Der Spiegel: "Große Mehrheit der Grünen-Anhänger lehnt Jamaikabündnis ab"
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