Union und SPD hoffen auf Zustimmung der Länderkammer für ihre Schuldenaufnahme. Ein knapper Ausgang ist wahrscheinlich, die Entscheidung fällt voraussichtlich am Freitag.
Am Freitag soll das historische Finanzpaket von Union und SPD im Bundesrat die letzte Hürde nehmen. Sollte nach dem Bundestag auch die Länderkammer mit Zweidrittelmehrheit zustimmen, ist der Weg für die beispiellose Schuldenaufahme für Verteidigung und Infrastruktur frei. Die Zustimmung dort gilt als knapp, aber inzwischen sehr wahrscheinlich. Möglich gemacht hat das eine Einigung in Bayern.
Warum kommt es auf den Bundesrat an?
Als zweites Gesetzgebungsorgan muss die Länderkammer allen Grundgesetzänderungen zustimmen. Weil die Schuldenbremse im Grundgesetz steht, müssen die insgesamt drei Verfassungsänderungen also durch den Bundesrat. Hier sind die Regierungen der 16 Bundesländer vertreten. Sie haben abhängig von der Bevölkerungszahl zwischen drei und sechs Stimmen.
Wie viele Stimmen sind nötig?
Für Grundgesetzänderungen erforderlich sind - wie im Bundestag - zwei Drittel der Stimmen. Bei insgesamt 69 Stimmen sind das 46. Enthaltungen werden faktisch wie ein Nein gewertet. Wie sich die Stimmen zusammensetzen, ist unerheblich. Das Grundgesetz sieht aber vor, dass die einzelnen Landesregierungen einheitlich abstimmen.
Und wenn sie das nicht tun?
Dann werden ihre Stimmen als ungültig gewertet und kommen im Ergebnis ebenfalls einer Ablehnung gleich. Die Landesregierungen müssten sich also vorher einigen, wie die Stimmen abgegeben werden. Da außer dem Saarland alle Länder von Koalitionen regiert werden, lauert hier Konfliktpotenzial.
Wie groß ist der Widerstand?
Einig dürften sich die wahrscheinlich künftigen Bundesregierungsparteien CDU und SPD und nach dem Kompromiss vom vergangenen Freitag auch die Grünen sein. FDP, Linke, BSW und Freie Wähler hatten dagegen aus unterschiedlichen Gründen Vorbehalte angemeldet. Letztere lenkten am Montagabend aber zähneknirschend ein.
Was heißt das für die Zweidrittelmehrheit?
Die Addition der Stimmen aus den nur von SPD, Union beziehungsweise Grünen mitregierten Ländern ergibt 41 Stimmen. Das wären noch fünf zu wenig. Mit den sechs Stimmen aus Bayern wäre die Zweidrittelmehrheit knapp erreicht - wenn keines der anderen Länder abspringt.
Wie ist die Lage in Bayern?
Die Freien Wähler (FW) hatten lange Zeit Einwände und pochten grundsätzlich auf die Schuldenbremse. Parteichef
Welche Länder stehen noch auf der Kippe?
Unklar ist eine Zustimmung der Länder, in denen FDP, BSW oder Linkspartei mitregieren. Die FDP sitzt in Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt mit am Kabinettstisch, das BSW in Brandenburg und Thüringen und die Linke in Bremen und Mecklenburg-Vorpommern. Zusammen haben diese Länder 22 Stimmen.
Was sagt das BSW?
Der brandenburgische Landeschef Robert Crumbach sagte dem "Spiegel": "Ich werde als Mitglied des Bundesrats keinen unbegrenzten Krediten für Militärausgaben zustimmen." Ähnlich hatte sich auch Bundeschefin Sahra Wagenknecht geäußert. SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke berichtet von "intensiven Gesprächen" mit dem BSW. Auch Thüringens Regierungschef Mario Voigt (CDU) versuchte noch, Überzeugungsarbeit in seiner Koalition zu leisten.
Und die Linkspartei?
Die Linke hatte versucht, die Sondersitzungen des Bundestags juristisch zu stoppen. Daher dürfte fraglich sein, dass ihre Landesparteien im Bundesrat das Finanzpaket inhaltlich anders bewerten. Bremens linke Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt sagte, ohne Nachbesserungen werde der Stadtstaat nicht zustimmen. Mecklenburg-Vorpommerns Landeschef Hennis Herbst meldete zuletzt im NDR "Diskussionsbedarf" an.
Was ist mit der FDP?
Die Zustimmung der Liberalen zu einer Abkehr von einem ihrer finanzpolitischen Kernprojekte gilt grundsätzlich als unwahrscheinlich. Noch-Parteichef Christian Lindner warnte bereits vor einem "Dammbruch". Möglicherweise könnte aber auch für die FDP den Ausschlag geben, dass das Finanzpaket auch 100 Milliarden Euro für die Länder vorsieht. Geld, das einige Länder dringend brauchen könnten. (afp/bearbeitet von skr)