Bayern-Präsident Hainer hätte Bastian Schweinsteiger gern zurück beim FC Bayern. Eine Möglichkeit liegt auf der Hand. Der Club sollte sie nutzen.

Steffen Meyer
Eine Kolumne
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Es war ein überraschender Vorstoß von Bayern-Präsident Herbert Hainer in dieser Woche. Er würde sich wünschen, dass Ikonen wie Bastian Schweinsteiger oder Thomas Müller in der Zukunft beim FC Bayern in offizieller Funktion mitarbeiten.

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Als dann nur einen Tag später Bayern-Coach Thomas Tuchel mit eben jenem Schweinsteiger beim intensiven Austausch in einer Münchner Bar entdeckt wurde, war die Gerüchteküche perfekt. Kehrt Schweinsteiger tatsächlich an die Säbener Straße zurück?

Gesucht wird ein Sportvorstand

Nun gibt es in der Münchner Führungsetage aktuell nur eine Position, die wirklich unbesetzt ist. Gesucht wird nach wie vor ein starker Sportvorstand, der nach dem Aus von Hasan Salihamidzic über Sportdirektor Christoph Freund die Gesamtverantwortung für den sportlichen Bereich übernehmen soll. Max Eberl gilt nach wie vor als Topfavorit und dürfte - wenn alles normal läuft - im Verlauf des kommenden Jahres das Amt übernehmen.

Im Weg stehen unter anderem noch Ablösethemen mit RB Leipzig, bei denen Eberl trotz Freistellung noch einen langfristigen Vertrag hat. Schweinsteiger kommt hier nicht ernsthaft infrage. Dafür fehlt ihm Erfahrung und Netzwerk im komplexen Transfer- und Talentebetrieb. Fraglich ist auch, ob er überhaupt eine Rückkehr in einen Fulltimejob im Fußballgeschäft mit 7-Tage-Woche und Stress rund um die Uhr erwägt. Warum sollte er das tun?

Trotzdem hat die Idee von Hainer Charme nach dem am Ende gescheiterten Generationswechsel in der Bayern-Führung mit den Vereinslegenden Oliver Kahn und Salihamidzic. Und er wird dabei für Schweinsteiger weder an die Traditionsmannschaft noch an eine Markenbotschafter-Rolle gedacht haben, mit der der Verein viele Legenden aktuell an den Club bindet.

Für die Fans ein Fußballgott

Wer als jüngerer Fußballfan Schweinsteiger heute nur als TV-Experten in der ARD oder als Gast auf der Couch bei "Wetten, dass..?" kennt, mag kaum erahnen, wie groß die Bedeutung des 39-Jährigen zu seiner aktiven Zeit beim FC Bayern war.

Von 1998 bis 2015 spielte er im Verein. Die größte Zeit begann 2009, als er vom ehemaligen Bayern-Coach Louis van Gaal endgültig von der Außenbahn auf die Sechserposition gezogen wurde. Damals wurde aus dem frechen Blondschopf vom Sommermärchen 2006 ein gestandener Stratege, der auf dem Platz die Fäden zog und neben dem Platz zur absoluten Identifikationsfigur für Fans und Verein wurde.

Schweinsteiger übernahm in dieser Zeit, die mit Triple 2013 und wenig später mit dem Weltmeistertitel der deutschen Nationalmannschaft 2014 ihren Höhepunkt fand, weit mehr Verantwortung als öffentlich sichtbar war. Zwar war er nie erster Kapitän der Mannschaft, doch er prägte die Kultur der Mannschaften, in denen er spielte.

Er integrierte Neuzugänge, organisierte Team-Events, kümmerte sich um den Austausch mit Mitarbeitern und ging gleichzeitig mit hoher Professionalität und Detailversessenheit in den Trainings voran. Wer bei seinem Abschiedsspiel im August 2018 in der Allianz Arena zu Gast sein durfte, bekam eine Ahnung davon, was Schweinsteiger, der auch viele Tiefen mitnahm und daran gewachsen ist, für diesen Club bedeutet hat. "Schweinsteiger Fußballgott" schallte es damals zum letzten Mal von den Rängen.

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Das Modell Sammer ist attraktiv

Es macht für den FC Bayern also Sinn, über Schweinsteiger und in diesem Zuge sicher auch über Philipp Lahm und Thomas Müller nachzudenken. Zumal in einer Phase, in der sich viele fragen, wie der FC Bayern bei all der notwendigen Internationalisierung seine Identität behalten und weiterentwickeln kann, wenn Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge einmal nicht mehr auf ihren Club aufpassen können oder wollen. Nur in welcher Rolle?

Eigentlich ist der Weg vorgezeichnet. In Dortmund spielt Matthias Sammer eine relevante Rolle als Berater des Managements. In Stuttgart hatten zuletzt Lahm und Sami Khedira diese Rolle inne. Auch viele weitere Vereine im Fußball oder anderen Top-Sportarten binden das Know-how von ehemaligen Spielern so wieder im Club ein. Nicht immer klappen solche Konstruktionen perfekt, doch Schweinsteiger könnte in München nicht nur Stallgeruch und Erfahrung, sondern vor allem auch Fußballkompetenz in den Club einbringen.

Er kann als Sparringspartner für Vorstand und Aufsichtsrat frühzeitig auf Fehlentwicklungen im Club hinweisen. Er kann das Netzwerk aus seiner aktiven Zeit einbringen. Er ist attraktiv für die Ansprache von Sponsoren und internationalen Stars. Er kann Entscheidungsträgern wie Freund und möglicherweise bald auch Eberl mit Rat und Tat zur Seite stehen, wenn es darum geht, Entscheidungen im komplexen Münchner Gebilde gegenüber Club, Mannschaft, Fans und Öffentlichkeit zu vertreten. Und er kann auch eine Art Mentorenrolle für die wichtigsten Nachwuchstalente des Clubs einnehmen. Schließlich ist er selbst diesen Weg mit allen Höhen und Tiefen gegangen.

Berater für besondere Aufgaben

Viele Clubs zahlen ohnehin viel Geld für interne und externe Beratung. Warum dann nicht auch jemanden einbinden, der wirklich etwas vom Weltfußball und der Identität des Clubs versteht.

Gleichzeitig könnte Schweinsteiger durch diese Arbeit selbst dazulernen und einen tiefen Einblick in die operativen Prozesse eines Proficlubs gewinnen, ohne selbst jeden Tag im Büro sein zu müssen. Er wird damit mit der Zeit automatisch zu einer Art Führungsreserve, sollte es einmal den Bedarf - und bei ihm den Wunsch - nach einer operativen Rolle im Club geben.

Im Beratersprech heißt es oft, hier tue sich eine "Win-Win-Opportunity" auf. Bei Schweinsteiger und dem FC Bayern stimmt es wirklich. Der Club sollte die Chance nutzen und ihn als Berater des Vorstands für besondere Aufgaben in den Club integrieren.

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