- Die Bundesregierung befasst sich aktuell vor allem mit den Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine.
- Abseits davon stehen aber auch andere Gesetzesvorhaben und Maßnahmen an.
- Ein Beispiel ist der gesetzliche Mindestlohn, der im Herbst auf zwölf Euro steigen soll.
Dass der Krieg in der Ukraine die ursprünglichen Pläne der Koalition aus SPD, Grünen und Liberalen durcheinandergebracht hat, zeigte sich zuletzt an der Vorstellung des Bundeshaushalts für 2022 durch Finanzminister Christian Lindner (FDP). Neben der angedachten Aufrüstung der Bundeswehr stehen aber dennoch weitere Vorhaben im Raum, welche die Bundesregierung in diesem Jahr umsetzen will. Eine Auswahl.
Diese Projekte will die Bundesregierung angehen
Arbeit
Wer in Deutschland arbeitet, soll ab Oktober grundsätzlich zwölf Euro pro Stunde bekommen. Bei diesem gesetzlichen Mindestlohn gibt es aber weiter Ausnahmen für bestimmte Gruppen, zum Beispiel Auszubildende, Selbstständige und Langzeitarbeitslose "innerhalb der ersten sechs Monate nach Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt", wie es bei der Bundesregierung heißt. Seit dem 1. Januar 2022 beträgt der Mindestlohn 9,82 Euro und steigt am 1. Juli auf 10,45 Euro. Die ab Herbst vorgesehene Höhe entspricht den von der Europäischen Union seit 2020 vorangetriebenen Plänen für eine europaweite Mindestlohnrichtlinie, die ebenfalls dieses Jahr verabschiedet werden soll.
Darüber hinaus soll die Minijob-Grenze ebenfalls im Oktober auf 520 Euro angehoben werden. Das heißt, bis zu diesem Betrag wären dann sogenannte geringfügige Beschäftigungen möglich, für die man weder Steuern noch Beiträge zur Sozialversicherung zahlen muss. Unter anderem wegen dieser fehlenden Absicherung sind diese Art von Arbeitsstellen umstritten, die Rede ist häufig von einer "Minijob-Falle". Denn wegen des deutschen Steuer- und Versicherungssystems hat man netto nicht unbedingt bedeutend mehr, wenn man mehr arbeitet. Das trifft häufig besonders Frauen.
Bildung
Die nur langsam vorankommende Digitalisierung des Bildungswesens ist seit Jahren Thema. Anfang März gab das Bundesbildungsministerium bekannt, dass drei Jahre nach Start des Programms "Digitalpakt Schule" noch nicht mal ein Fünftel von sechseinhalb Milliarden Euro an verfügbaren Mitteln an die Länder ausbezahlt worden seien. Als ein Grund gelten komplizierte Antragsverfahren, welche die Koalition "entbürokratisieren" will. "Bund, Länder und Kommunen identifizieren noch im ersten Halbjahr 2022 gemeinsam Vorschläge für kurzfristige Lösungen und vereinbaren Umsetzungsschritte", lautet die Formulierung im Koalitionsvertrag. Zur Unterstützung der Verwaltungen vor Ort soll es "Service-, Beratungs- und Vernetzungsangebote" geben.
Bis zum Start des Wintersemesters 2022/2023 an den Universitäten will Bildungsministerin
Die Bundesregierung will den Klimaschutz vorantreiben
Ernährung
Beim Kauf von Fleisch soll erkennbar werden, unter welchen Bedingungen das jeweilige Tier transportiert und geschlachtet wurde. Der neue Landwirtschaftsminister
Gesundheit
Anfang März hat die Bundesregierung sich darauf verständigt, Paragraf 219a des Strafgesetzbuchs aufzuheben. Dieser untersagt es Ärztinnen und Ärzten, "Werbung" für Abtreibung zu machen, wobei bisher auch sachliche Informationen dazu betroffen sind. Das soll sich ändern, wobei noch unklar ist, wann Bundestag und Bundesrat endgültig über den Gesetzentwurf entscheiden. In ihrem neuen Jahresbericht über die Lage der Menschenrechte 2021 erwähnt die NGO Amnesty International die "Besorgnis" zivilgesellschaftlicher Organisationen darüber, dass Schwangerschaftsabbruch in Deutschland überhaupt strafrechtlich geregelt ist.
Laut Koalitionsvertrag soll 2022 noch einiges passieren
Klimaschutz
Bundeswirtschaftsminister
Zum 1. Juni 2022 will die Regierung außerdem ein "Stufenmodell nach Gebäudeenergieklassen" einführen, das regelt, wer die Kosten für den seit Januar für Brennstoffe wie Benzin und Heizöl geltenden CO2-Preis übernehmen muss. Wenn sie die zeitliche Vorgabe nicht einhält, wird die Summe ab dem genannten Stichtag hälftig zwischen Vermieter und Mieter geteilt, so der Plan. Ab dem 1. Juli wiederum soll zur Entlastung von Verbrauchern beim Strompreis die sogenannte EEG-Umlage nicht mehr erhoben werden. Fachleute haben aber Zweifel daran, dass die Kosten durch die Maßnahme tatsächlich spürbar gesenkt werden.
Wohnungen
In ihrem Koalitionsvertrag haben SPD, Grüne und FDP das Ziel ausgegeben, 400.000 Wohnungen pro Jahr zu bauen, von denen 100.000 staatlich geförderte Sozialwohnungen sein sollen. Fachleute halten das für nur schwer umsetzbar. Am Dienstag stellten Bundesbauministerin
"Mein Ziel ist es, mit den Ländern konkrete Vereinbarungen darüber zu treffen, welche Investitionen sie im Bereich des sozialen Wohnungsbaus vornehmen, auch und gerade für spezielle Zielgruppen wie Studierende und Azubis oder für Projekte zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit (...)", sagte Geywitz vergangene Woche im Bundestag. Auf Bundesebene soll es deshalb wie schon in der Vergangenheit ein "Bündnis für bezahlbares Wohnen" geben. Ein erstes Treffen mit Beteiligung von Ländern, Wohnwirtschaft sowie Mieter- und Umweltorganisationen ist für Ende April geplant.
Verwendete Quellen:
- Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP
- Bundesregierung.de: Mehr Lohn für Millionen Menschen
- Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Das ändert sich im neuen Jahr
- Bundesministerium für Bildung und Forschung: Stark-Watzinger: Dem BAföG einen Schub geben und es wieder attraktiver machen
- Bundesministerium der Finanzen: Stabilität sichern, Gestaltungsspielraum bewahren
- Bundesministerium der Justiz: Aufhebung des § 219a Strafgesetzbuch vom Bundeskabinett beschlossen
- Bundesministerium der Justiz: Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann hat im Bundestag die rechtspolitische Agenda dieser Legislaturperiode skizziert.
- Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz: Zitat Habeck zu 1 Jahr Urteil Bundesverfassungsgerichtsurteil Klimaschutzgesetz
- Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz: Kabinett bringt Abschaffung der EEG-Umlage auf den Weg
- Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen: Bundesweite Baulandumfrage: Fast 100.000 Hektar Bauland für zwei Millionen Wohnungen - Wohnraum schaffen, Flächen schonen
- Bundesagentur für Arbeit: Lexikon: Minijob
- Deutsche Presse-Agentur: Milliarden für Schuldigitalisierung kommen kaum an
- SWR.de: Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne): Verbindliche Kennzeichnung für Tierhaltung noch 2022
- Bertelsmann-Stiftung.de: Frauen in der Minijob-Falle
- Hans-Böckler-Stiftung: Mindestlöhne wachsen in EU wieder kräftiger – Trend zu Orientierung an 60 % des Medianlohns – Deutschland wird vom Nachzügler zum Vorreiter
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