Armin Laschet lässt sich nicht blicken bei "Anne Will" - und muss sich trotzdem einige Kritik anhören. Sein Vertreter kündigt ein Machtwort an. Olaf Scholz fühlt sich schon wie der kommende Kanzler, und Robert Habeck registriert einen beunruhigenden Trend.
Das geht ja gut los: Für
Und für die Union, die gleich zu Beginn des Superwahljahrs 2021 krachende Wahlniederlagen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz einstecken muss. In Abwesenheit muss sich CDU-Chef Armin Laschet einige Kritik gefallen lassen – und Nicht-SPD-Chef Olaf Scholz erinnert an Alfred Jodocus Kwak.
Das sind die Gäste bei "Anne Will"
Für hanseatische Verhältnisse aus dem Häuschen präsentiert sich Kanzlerkandidat Olaf Scholz. "Es gibt Mehrheiten ohne die Union in Deutschland", frohlockt er, und beobachtet einen Stimmungsumschwung in den eigenen Reihen: "Die SPD ist eine fröhliche Partei".
Die erste Garde der Union kneift, also muss Ex-Innenminister Thomas de Maizière die "bittere Enttäuschung" analysieren – und kündigt gleichzeitig ein Machtwort an: "
Wird auch Zeit, meint die Politikwissenschaftlerin Ursula Münch: "Bis jetzt hört man so wenig von ihm." Gleichzeitig sei Laschet in einer "schwierigen Lage", weil ohne Mandat im Bund.
Am CDU-Chef führe in der Kanzlerkandidatenfrage trotzdem "kein Weg vorbei", meint "Spiegel"-Journalistin Christiane Hoffmann. Die Maskenaffäre habe auch
Das ist der Moment des Abends
Warum ist der so fröhlich, so fröhlich, so fröhlich, ganz ausgesprochen fröhlich, so fröhlich wie noch nie?
Ganz nüchtern besehen hat die Sozialdemokratie an diesem Sonntag einen Pflichtsieg in Rheinland-Pfalz eingefahren und in Baden-Württemberg das schlechteste Ergebnis der Geschichte kassiert. Olaf Scholz tut trotzdem unbeirrt so, als könne man die Ergebnisse nur als Fanal seiner großen Aufholjagd ins Kanzleramt verstehen – sehr zum Unbehagen von Unions-Vertreter Thomas de Maizière: "Wir wissen ja, dass Olaf Scholz selbstbewusst ist. Manchmal ist die Grenze zwischen Selbstbewusstsein und Übermut schmal. Eine Partei mit 16 Prozent im Bund und Anspruch auf das Kanzleramt finde ich … mutig."
Das ist das Rede-Duell des Abends
Das Desaster der Union hätte noch schmerzhafter ausfallen können – wenn nicht so viele Wähler schon vor der Maskenaffäre per Briefwahl abgestimmt hätten.
Die Union gibt sich alle Mühe, mit Ehrenerklärungen und neuen Regeln Vertrauen wiederherzustellen, aber Robert Habeck unterstellt der Partei ein "strukturelles Problem": "Offensichtlich herrscht da das Gefühl: Der Nachbar macht es auch, also ist das okay." Wo er das denn her habe, gibt Thomas de Maizère empört zurück. Aus dem Register für Nebeneinkünfte, erklärt Habeck. "Da führt die Union mit weitem Abstand."
Offensichtlich zurecht, wenn man De Maizières Logik folgt: Man brauche eben auch Steuerberater und gut verdienende Landwirte im Parlament: "Mit Philosophen allein kann man das Land nicht regieren." Überhaupt seien nicht die Parlamentarier das Problem, die "prall im Leben stehen", sondern jene, die zu abhängig seien von der Parlamentstätigkeit. Konsequent weitergedacht heißt das wohl: Mehr Reiche in den Bundestag!
So hat sich Anne Will geschlagen
Der Vertrauensverlust in die Politik wird das große Meta-Thema im Superwahljahr 2021, Transparenz zum potentiellen Wahlkampfschlager. Umso wichtiger, dass Journalisten auf solche Trends vorbereitet sind.
Einen Vorgeschmack gibt Olaf Scholz, den nach fast einem Vierteljahrhundert auf der großen Politikbühne plötzlich "sehr bedrückt", dass es im Bundestag "harte Interessen gibt". Beispiel Provisionsdeckelung, da gebe es doch tatsächlich Abgeordnete, "die schätzen jene, die Provisionen kassieren".
Potzblitz: Politiker, die der Versicherungsbranche nahestehen? Hoffentlich schaut Olaf Scholz nicht in die Rechnungsberichte seiner Partei, sonst fällt ihm noch auf, wie viel Geld die Genossen seit Jahrzehnten etwa von Allianz und Ergo kassieren … Aber keine Sorge, es sind Peanuts, gemessen an den 47 Millionen Euro, die der Stadt Hamburg an Steuernachzahlungen der Bank Warburg zustünden, auf die sie aber verzichtete. Der Erste Bürgermeister Olaf Scholz traf sich übrigens gern mit dem Besitzer der Bank.
Die Union schweigt auffallend laut zu diesen und den Wirecard-Vorwürfen gegen Scholz, im Gegenzug lässt die SPD Andreas Scheuer in Frieden, den personifizierten Vertrauensverlust der CSU. Mit all diesen Dingen hätte Anne Will Olaf Scholz konfrontieren können und müssen, statt eine Plattform für Sonntagsreden über mehr Transparenz und Anstand in der Politik zu bieten. Aber es ist ja noch ein langes Superwahljahr.
Das ist das Ergebnis
Apropos Anstand: Thomas de Maizière, in seiner Zeit als Innenminister eher Mr. Law and Order, will es in Sachen Korruption mit Regeln nicht übertreiben, lieber solle es "Ethik- und Compliance"-Strukturen geben, so wie im Deutschen Olympischen Sportbund, da sitzt er der Ethik-Kommission vor, "wir geben Empfehlungen, so ein Modell bewährt sich gut".
Olympia und Ethik, das funktioniert ja bekanntlich prächtig.
"Spiegel"-Journalistin Christiane Hoffmann ist angesichts der Maskenaffäre gar nicht zu Späßen aufgelegt: ""Der Schaden für die Partei und die gesamte Demokratie in Deutschland ist immens." Auch die Nebentätigkeiten sind ihr ein Dorn im Auge: "Abgeordneter ist ein Vollzeitjob (…). Wie man daneben noch sechsstellig verdienen kann, ist schon eine berechtigte Frage."
Die Union müsse nun schnellstmöglich ihre Führungsfigur wählen, meint Hoffmann. In dieser Situation, wendet Politologin Münch ein, werde aber selbst ein Markus Söder "nicht laut 'Hier!' schreien".
Robert Habeck kündigt eine Entscheidung der Grünen "zwischen Ostern und Pfingsten" an – und wiederholt auf Nachfrage von Will den Modus: Besteht Annalena Baerbock auf eine Art Frauenquote, werde er zurückziehen. Nur würden sie die Entscheidung auf einer anderen Grundlage treffen.
Wann es in der Union soweit ist, will de Maizière nicht verraten. Nur soviel: "Dass es nicht so weitergehen kann, ist klar. Die Inhalte müssen klarer werden. Und die Kandidaten-Frage wird als Erstes zwischen Herrn Laschet und Herrn Söder besprochen." Vielleicht lassen sie sich dann auch wieder an einem Wahlsonntag in einem TV-Studio blicken.
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