Bei der wohl künftigen Regierung geht alles ganz schnell: Knapp zwei Wochen nach der Bundestagswahl steht das Sondierungspapier. In nur zehn Tagen soll daraufhin der Koalitionsvertrag entstehen. Wer verhandelt für Union und SPD?
Gerade erst haben Union und SPD gemeinsam im Bundestag um die Zustimmung für ihr geplantes Finanzpaket geworben. Drei Stunden debattieren sie mit Grünen, FDP, AfD, Linken und dem BSW über die Milliarden für Verteidigung und Infrastruktur. Doch nach der teils hitzigen Aussprache ist der Arbeitstag für viele Abgeordnete der wohl künftigen Koalition (CDU/CSU und SPD) nicht vorbei.
Denn: Direkt im Anschluss geht es für sie in die CDU-Parteizentrale, das Konrad-Adenauer-Haus, nur wenige Kilometer vom Bundestag entfernt. Empfangen werden sie dort von Medienvertretern und einer großen Demonstration für mehr Klimaschutz. Es ist viel los dieser Tage in Berlin. Doch wer handelt den Koalitionsvertrag für CDU/CSU und SPD aus? Welche Personalien lassen aufhorchen?
Zunächst: In insgesamt 16 Arbeitsgruppen sollen 256 Abgeordnete und Politiker aus Bund und Ländern über die Schwerpunkte der neuen Regierung – und im Sinne ihrer Parteien verhandeln. Die CDU entsendet dabei jeweils sechs Verhandler, die CSU je drei und die SPD je sieben.
Arbeitsgruppen und Chef-Verhandler
- Inneres und Migration: Günter Krings (CDU); Andrea Lindholz (CSU); Dirk Wiese (SPD)
- Wirtschaft:
Jens Spahn (CDU); Hansjörg Durz (CSU);Alexander Schweitzer (SPD) - Digitales: Manuel Hagel (CDU); Reinhard Brandl (CSU); Armand Zorn (SPD)
- Verkehr und Infrastruktur: Ina Scharrenbach (CDU); Ulrich Lange (CSU);
Klara Geywitz und Sören Bartol (SPD) - Arbeit und Soziales:
Carsten Linnemann (CDU); Stephan Stracke (CSU); Katja Mast (SPD) - Gesundheit:
Karl-Josef Laumann (CDU); Stephan Pilsinger (CSU); Katja Pähle (SPD) - Familie: Silvia Breher (CDU); Susanne Hierl (CSU); Serpil Midyatli (SPD)
- Bildung: Karin Prien (CDU); Katrin Staffler (CSU); Oliver Kaczmarek (SPD)
- Staatsmodernisierung: Philipp Amthor (CDU); Daniela Ludwig (CSU); Sonja Eichwede (SPD)
- Kommunen: Christina Stumpp (CDU); Stephan Mayer (CSU); Thorsten Kornblum (SPD)
- Landwirtschaft und Umwelt: Steffen Bilger (CDU); Artur Auernhammer (CSU); Franziska Kersten (SPD)
- Außenpolitik und Verteidigung: Johann Wadephul (CDU); Florian Hahn (CSU);
Svenja Schulze (SPD) - Europa: Patricia Lips (CDU); Alexander Radwan (CSU); Katarina Barley (SPD)
- Kultur und Medien: Christiane Schenderlein (CDU); Volker Ullrich (CSU); Carsten Brosda (SPD)
- Haushalt: Mathias Middelberg (CDU); Florian Oßner (CSU); Dennis Rohde (SPD)
- Klima und Energie: Andreas Jung (CDU); Anja Weisgerber (CSU); Olaf Lies (SPD)
Namen sorgen für Spekulationen
Einige Namen machen dabei stutzig: So verhandelt etwa der frühere Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) als leitender Vertreter seiner Partei in der Gruppe "Wirtschaft, Industrie, Tourismus". Spahn hat bereits verlauten lassen, dass er schon bereit wäre, erneut ein Ministeramt auszuüben – es müsse aber "nicht gerade das Gesundheitsministerium sein". Ob er sich also eher in Richtung Wirtschaftsministerium reckt?
Dass CDU-Frau Karin Prien, die seit 2017 die schleswig-holsteinische Bildungsministerin ist, die leitende Rolle in den Verhandlungen zu "Bildung, Forschung und Innovation" für ihre Partei einnimmt, überrascht hingegen weniger. Doch stellt sich die Frage, ob ein Wechsel von der Landes- in die Bundespolitik bevorstehen könnte. Spekuliert wird darüber seit einigen Wochen immer wieder.
Auch bei der Besetzung der SPD-Verhandlungsführer gibt es Auffälligkeiten. So wird etwa Arbeits- und Sozialminister
Der bayrische Ministerpräsident Markus Söder, der Vorsitzende der CSU im Bundestag, Alexander Dobrindt, CSU-Generalsekretär Martin Huber und die stellvertretende CSU-Parteivorsitzende Dorothee Bär sind ebenfalls Teil dieser Verhandlungsgruppe.
SPD-Minister nicht immer in der ersten Reihe
Es wird allerdings darüber spekuliert, dass Heil seinen Posten räumen könnte. Das könnte womöglich mit dem Länder-Proporz der SPD zu tun haben: Mit Parteichef Lars Klingbeil und dem bisherigen Verteidigungsminister Boris Pistorius gibt es potenziell bereits zwei SPD-Männer aus Niedersachsen im Kabinett Merz. Bislang ist natürlich nicht klar, ob Klingbeil und Pistorius jeweils ein Ministerium besetzen werden.
Statt Heil wird die bisherige Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD, Katja Mast, die Verhandlungen für den Bereich "Arbeit und Soziales" leiten.
Von der CDU ist dafür Generalsekretär Carsten Linnemann benannt, der als möglicher Nachfolger Heils gehandelt wird. Keine unwahrscheinliche Personalie, hat die Merz-Regierung doch vor, das Bürgergeld abzuschaffen und Verschärfungen im Sozialhilfesystem vorzunehmen.
Mit Svenja Schulze (Entwicklungsministerin) und Klara Geywitz (Bauministerin) leiten nur zwei der bisherigen Minister und Ministerinnen des Kabinetts Scholz eine Arbeitsgruppe. Ob das Bauministerium als eigenständiges Ressort erhalten wird, bleibt abzuwarten. Es ist aber auch möglich, dass es erneut in ein anderes Ministerium integriert wird.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach wird derweil nicht in erster Reihe den Bereich Gesundheit verhandeln, stattdessen übernimmt er die stellvertretende Leitung hinter Katja Pähle. Innenministerin Nancy Faeser wiederum wird sich nicht in der Arbeitsgruppe Migration einbringen, sondern im Bereich des Bürokratieabbaus und der Staatsmodernisierung. Aus den Reihen der SPD wird das laut "Handelsblatt" mit einem "Generationenwechsel" begründet.
In nur zehn Tagen wollen die künftigen Koalitionäre ihre Verhandlungen zum Abschluss bringen. Geplant ist der 23. März, also gerade einmal einen Monat nach der Bundestagswahl. Die SPD wird den fertigen Koalitionsvertrag dann ihren Mitgliedern zur Abstimmung vorlegen. Friedrich Merz wiederum will sich wohl Ende April zum Kanzler wählen lassen. Dann wird sich auch zeigen, wer im Kabinett Merz tatsächlich etwas zu sagen haben wird.
Verwendete Quellen
- Listen von CDU, CSU und SPD zu den Mitgliedern der Arbeitsgruppen
- Handelsblatt: "Diese Politiker stehen als mögliche Minister hoch im Kurs"
- Handelsblatt: "Das sind die Verhandler von Schwarz-Rot"
- FAZ: "Wird Carsten Linnemann der neue Arbeitsminister?"
- Eigene Beobachtungen