Was für eine Woche. Bayern München vergeigt das vermutlich wichtigste Bundesligaspiel des Kalenderjahres relativ unbeteiligt mit 0:3 in Leverkusen, die dank eines spanischen Star-Trainers, der ihnen im Sommer womöglich nach Liverpool abhandenkommen wird, eine sogenannte Klasse besser spielen als die meisten Bundesliga-Konkurrenten, den Rekordmeister weitestgehend eingeschlossen.

Marie von den Benken
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Marie von den Benken dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Den berühmten Dosenöffner, zumeist das lange auf sich warten lassende Tor in einem engen Spiel, findet dazu noch ausgerechnet ein Außenverteidiger, den der FC Bayern in einer kaderphilosophischen Jahrhundertidee an Bayer 04 Leverkusen ausgeliehen hatte, nur um seinen dort oftmals überdurchschnittlich abliefernden französischen Weltmeister zwei Tage später an Inter Mailand abzugeben. Dieses Transfer-Bonmot führte dann dazu, dass zum Ende der Winterpause hektisch ein Notkauf auf derselben Position notwendig wurde. 30 Millionen für einen Spieler, der normalerweise beim FC Bayern nicht mal die Tore auf den Trainingsplatz schleppen dürfte und der sich international bislang vornehmlich in der türkischen Rentnerliga Süper Lig einen, naja, Namen gemacht hat.

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Süper sind in der Lig übrigens maximal die Gehälter für überaltete Ex-Stars oder überhypte Pseudo-Talente. Allerdings auch nur, solange die Leistung stimmt. Andernfalls kann es auch schon mal vorkommen, dass der exzentrische Multimillionär, dem gerade zufällig der Verein gehört, ein paar Monate lang unglücklicherweise vergisst, das Gehalt anzuweisen.

Matthäus bleibt trotzdem Rekordnationalspieler

Der FC Bayern jedenfalls steht jetzt fünf Punkte hinter der Werkself. Und das Mitte Februar. Ein Zeitpunkt, zu dem man der überforderten Konkurrenz üblicherweise mindestens zehn Punkte enteilt ist und Uli Hoeneß seinen Lieblingssatz mit Ferngläsern aufsagt. Traditionell wird es in der Liga dann langweilig und der FC Bayern verliert etwas die herausfordernden Konzentrations-Pusher in Form von Spitzenspielen, weswegen man dann international unausgereift auf den Platz trabt und in der Champions League gegen spielerisch-taktische Schwergewichte wie die mit Starspielern gespickte Elf von Villareal ausscheidet. Das widerspricht natürlich dem Selbstverständnis der bajuwarischen Superfans, die gerne mal 15 Minuten vor Spielende fluchend das Stadion verlassen, wenn ihr Verein den Gegner bis dahin nicht mit 5:0 an die Bude vollgeballert hat.

Entsprechend schief hängt an der berühmten Säbener Straße aktuell der atmosphärisch durchaus nicht unwichtige Haussegen. Selbst Lothar Matthäus, der sich seit 25 Jahren nichts sehnlicher als einen Job beim FC Bayern wünscht (außer vielleicht eine neue Ehefrau, die zum Zeitpunkt der Verlobung das 21. Lebensjahr nicht um mehr als sechs Monate überschritten hat), findet kaum mehr lobende Worte für seinen Herzensverein und sieht den moralethischen Vorzeigeverein (Qatar und Ruanda-Sponsoring, Rolex-Kalle, Steuer-Uli usw.) in schwierigem Gewässer.

Für Matthäus liegt das Problem beim Trainer. Thomas Tuchel warf er im Bundesligagipfel gleich mehrere Versäumnisse vor. Dabei wäre Matthäus gerne selbst Trainer, bleibt aber wohl für den Rest seiner Tage der Rekordnationalspieler, der einst nach New York wechselte, um dort "with a little bit lucky" Erfolge zu feiern und "to win the american championchips". Das gelang damals leider nicht in voller Breite, dafür hatte er im Big Apple stets seine damalige Freundin, Maren Müller-Wohlfahrt dabei.

Müller-Wohlfahrt ist die Tochter des langjährigen Mannschaftsarztes des FC Bayern und Matthäus "kannte sie schon, als sie noch ein kleines Mädchen war". Viel länger als seine Liaisons mit Lolita, Marijana, Liliana, Ariadne, Joanna oder Anastasia hielt die Beziehung trotzdem nicht. Glück für Matthäus, denn so klingt die Liste seiner Ex-Freundinnen wie das Line-up der neuen GNTM-Staffel. Und außerdem: Maren Müller-Wohlfahrt ist optisch von Sandy Meyer-Wölden mit bloßem Auge kaum zu unterscheiden. Matthäus hat sich mit der frühen Trennung also vermutlich viel Stress mit Oliver Pocher erspart.

Ob ich zu viel für Fashion wieg?

Vom Strafraum der Profiligen ist es nur ein kurzer Weg auf die Laufstege der Modewelt. Diese Woche standen die meisten davon in der Hauptstadt, denn die Fashion Week gastierte mal wieder in Berlin. Früher, als Hertha BSC noch in der ersten Liga spielte, lief man Backstage auf den After-Show-Partys auch mal Kevin Prince Boateng oder Davie Selke in die Arme. Heute kann man froh sein, wenn man nicht von einer Armada zweitklassiger Schauspieler umlagert wird, die mal bei GZSZ im Hintergrund einen Latte Macchiato bestellt haben und sich seither für die Reinkarnation von Marlon Brando halten.

Das tut dem oft belächelten, aber keinesfalls bedeutungslosen Fashion-Klassentreffen in Berlin in Sachen Stimmung aber keinen Abbruch. Die ganz großen Namen haben sich zwar schon lange nicht mehr um den Bebelplatz eingefunden, aber im Schatten der Pariser oder Londoner Modewoche haben sich die vermeintlich kleinen deutschen Designer zu einer ernst zu nehmenden Größe im Konzert der Innovationskollektionen entwickelt. Allen voran die Hauptstadt-Ikonen Kilian Kerner, Marcel Ostertag und Danny Reinke.

Bei Reinke startet das Défilé mit einem riesigen Bett auf dem Runway. Zum Einschlafen ist seine neue Kollektion allerdings nicht, vor allem, weil Deutschlands neueste Model-Hoffnung Anastasia Jovanovic die Show aus diesem Bett heraus eröffnet – bekleidet mit einer Art Haute-Couture-Bettdecke. Der erste Hingucker also schon nach wenigen Sekunden.

In eine ganz andere Richtung startet die Show von Kilian Kerner. Der oft als Sohn von Johannes B. und Nena Kerner fehlinterpretierte Schnittpapst ist inzwischen nicht nur traditioneller Gastjuror bei "Germany's Next Topmodel" (so auch wieder diese Saison, die am Donnerstag startet), sondern auch eine Koryphäe der Fashion Week Berlin. Und das zumeist mit einer über die Modeszene hinausgehenden Message. Diesen Februar lautet sie: "Eine Welt voller Glitzer". Okay, möchte man da eventuell denken: Eine Welt voller Glitzer, das wünschen sich auch Paris Hilton und Chiara Ohoven.

Kilian Kerner möchte jedoch nicht einfach nur alles in Glamour tauchen, sondern Hass durch Glitzer ersetzen. Wer würde dieses Konzept nicht unterschreiben? Außer eventuell die sich von Hass ernährenden rechtspopulistischen Medien und ihr Lieblingskind AfD. Entsprechend ernst beginnt Kilian Kerners Show mit einer Video-Collage der größten Katastrophen unserer Zeit. Von Klimawandel über Kriege bis zu Donald Trump. Als das Gegenteil einer Katastrophe präsentiert sich anschließend seine neue Kollektion. Ich entdecke einige Looks mit absolutem Lieblingsteile-Potenzial.

Weippert, Weippert, immer Weippert!

Seinem Ruf als spektakulärer Part der Modewoche gerecht wird auch Marc Cain. In der Arena Berlin laufen die Models weiträumig quer durcheinander. Teilweise wirkt es sogar so, als wisse das eine Model nicht, wohin das andere als Nächstes laufen wird. Ein bisschen so, wie die Defensiv-Taktik von Borussia Dortmund. Tatsächlich jedoch liefert das Model-Ensemble, angeführt von Victoria's Secret Liebling Romee Strijd, eine minutiös choreografierte Show ab, bei der jeder Schritt wie Zahnräder in einem Schweizer Uhrwerk sitzt.

Marie von den Benken bei der Marc Cain Fashion Show.
Marie von den Benken bei der Marc Cain Fashion Show. © IMAGO/Future Image/Frederic Kern

Auch zwei weitere Mädchen, auf die Deutschlands Model-Industrie perspektivisch auch international setzt, laufen für Marc Cain: GNTM-Siegerin Céline Bethmann (gewann die Heidi Hunger Games im Jahr 2017) und Clara Buchner, die in der Branche bereits als die neue Nina Agdal gehandelt wird. Beide liefern einen fehlerfreien Lehrbuch-Walk, der jedoch über den melancholischen Aspekt des Abends nicht hinwegtäuschen kann: An jeder Ecke wird mir von mit dem Haus Marc Cain eng verbundenen Prominenten hinter vorgehaltener Hand zugesteckt, diese Show wäre wohl die letzte Marc Cain Show in Berlin gewesen. Statt der gerechtfertigten Euphorie über den erneut spektakulären Marc Cain Abend lasse ich mich mit einem beinahe schwermütigen Gefühl im Magen nach Hause shutteln.

Trösten kann mich da nur noch die am nächsten Tag anstehende Show des größten Fashion Week Berlin Comebacks der jüngeren Geschichte: Marina Hoermanseder. Was soll ich sagen: Der Zirkus ist in der Stadt. Marina Hoermanseder verwandelt das im Alltagsleben eher etwas angestaubte Gasthaus Zenner in Alt-Treptow in einen Fashion-Zirkus, wie aus dem Filmepos "Wasser für die Elefanten" entstiegen. Gaukler, Artisten, Clowns und Trapezkünstler flanieren durch die schmalen Gänge des dreigleisigen Runways.

Darauf – neben fantastischen Hoermanseder-Entwürfen – Model-Wunderkind Anastasia Jovanovic (siehe Danny Reinke), die amtierende GNTM-Siegerin Vivien Blotzki, Old Blue Eye Rosalie Schmoller und TV-Moderatorin Lola Weippert, die bei ihrem ersten genrefremden Auftritt als Catwalk-Model eine grandiose Figur macht. Alles in allem helfen mir die neuen Pieces von Fashion-Zirkusdirektorin Marina Hoermanseder und die Zuckerwatte über den mir noch immer in den Kleidern hängenden Marc Cain Exit Schock.

Bis nächste Woche habe ich den hoffentlich abgeschüttelt. Bis dann!

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