Die Sehnsucht der Deutschen nach dem amerikanischen Traum war immer schon groß. Weniger nach dem politischen Amerika, mit seinem komplett veralteten Wahlsystem und Donald Trump. Auch nicht nach der morbiden Häufung von Kapitalverbrechen, die Amerika zum Land der unbegrenzten Möglichkeiten machen – vor allem für Serienkiller! Nein, es ist die Sehnsucht nach popkultureller Bedeutung. Generationsübergreifend.
Zwar schwärmten meine Eltern für Simon & Garfunkel und
Das verband uns, auch wenn meine Oma Songs von
Genau diese Sehnsucht erwachte hier aber nicht erst mit meiner Familie, sondern bereits Ende der 40er Jahre wieder. Deutschland hatte die Welt gerade kurz vor den Weltkriegs-Abgrund geführt, konnte aber dank der Alliierten spät, aber gerade noch rechtzeitig gestoppt werden und durfte sich anschließend im Schatten des neu gewonnenen großen Bruders Amerika direkt zum Wirtschaftswunder aufschwingen.
Allerdings: Als die Jungs im Nachkriegs-Deutschland noch Marika Rökk oder Hildegart Knef anschmachteten und die Mädchen womöglich Heinz Rühmann, hatten die Amerikaner bereits
And the Oscar goes to …
Auch die Award-Industrie unterscheidet sich im Glamour-Faktor bereits damals in entscheidenden Nuancen. Als in Deutschland 1949 erstmals eine damals noch aus Keramik bestehende Reh-Figur namens Bambi verliehen wird, hat Amerika bereits den Tony Award, die Golden Globes und natürlich die Academy Awards – im Volksmund vor allem als Oscars bekannt. Hollywood bringt die große, weite Welt in die Lichtspielhäuser rund um den Globus und die US-Handelskette Sears verkauft erstmals TV-Geräte sogar über ihren Bestell-Katalog.
Zu der Zeit hat Deutschland nicht mal einen eigenen TV-Sender. Während man hier
Die Erfolgsgeschichte des Bambi beginnt trotzdem in genau diesen Jahren. Der Zeit, in der sich das Wirtschaftswunder ankündigt, der Ku'damm zu altem Glanz emporsteigt und Deutschland sachte wieder eine Unterhaltungs-Identität entwickelt. Die Nähe zum Heimat- und Folklorefilm bleibt dem Bambi in den Folgejahren erhalten. Um das Innovations-Level und die internationale Bedeutung zu steigern, etabliert sich nach der Übernahme durch den Burda Verlag in jüngerer Vergangenheit das Konzept, teure Hollywood-Stars einzukaufen, um Preisverleihung und Roten Teppich mit Blockbuster-Glanz und Oscar-Flair zu schmücken.
Statt volkstümlicher Helden und Heldinnen aus Oberbayern stehen plötzlich Tom Hanks, Penelope Cruz, Hugh Jackman, Tom Cruise, Meg Ryan, Keanu Reeves, Gwyneth Paltrow, Uma Thurman oder Sarah Jessica Parker auf der Bambi-Bühne. In der Panik, sich auch der jüngeren Generation als die deutschen MTV Awards anbiedern zu müssen, werden regelmäßig verblüffende Entscheidungen hinsichtlich der Preisträger gefällt. Als der damals vor allem mit frauenfeindlichen Texten zu überregionaler Bekanntheit sprechsingende
Der Plan, die Bambi-Verleihung zukunftssicher in der jungen Generation zu transferieren, ist trotz erheblicher Bemühungen bisher gescheitert. Noch heute beispielsweise sind die Rekord-Preisträger Heinz Rühmann, Peter Alexander, O. W. Fischer, Johannes Heesters, Sophia Loren und Maria Schell. Nicht unbedingt Ikonen der Generation Z. Wobei, wenn man tagesaktuell genauer hinschaut, scheint sich die Generation der Zukunft momentan via TikTok auf Osama Bin Laden als neues Role Model zu einigen – und da möchte man doch wirklich sagen: Lieber für den Rest meines Lebens jeden Tag einen Film mit Heinz Rühmann als nur zwei Minuten den "Letter to the American People".
Forever Young
Diese Woche stand er dann wieder an, der Bambi. 75 Jahre immerhin alt, dafür noch gut in Schuss, wenn auch nicht zwangsläufig als taufrisch zu bezeichnen. Bushido, inzwischen nach Episoden um häusliche Gewalt, Clan-Kriminalität, zahlreiche Gerichtsverfahren und Flucht nach Dubai nicht mehr das allererste Pferd, auf das die Jungendbeauftragten bei Burda Media primär setzen, spielt keine übergeordnete Rolle mehr. Während die Oscar-Verleihung in den vergangenen Jahren von Stars wie Jimmy Kimmel, Chris Rock, Alec Baldwin, Billy Crystal, Steve Martin, Whoopi Goldberg, David Letterman oder Ellen DeGeneres moderiert wird, geben sich bei Bambi vornehmlich Kai Pflaume,
Im Prinzip folgerichtig in dieser Ahnengalerie erledigen 2023 die beiden mit Abstand größten Stars der Bundesrepublik den Job: Nazan Eckes und
Unter anderem, weil das Line-up auf der Bambi-Bühne 2023 von Otto Waalkes, Peter Maffay,
Zumindest auf dem Roten Teppich, dieses Jahr mit der stattlichen Länge von 300 Metern eher eine Art Iron Man für C-Promis, ist die Promi-Dichte aus Geburtenjahrgängen nach 1970 deutlich enger als auf der Bühne. Die meisten Fotografen scharen sich letztendlich aber doch wieder um Uschi Glas anstatt um Katja Krasavice. Der Grund, warum der Bambi aktuell noch nicht zukunftssicher in die Welt der 18-Jährigen überführt werden konnte, ist recht einfach. Neben den eher betagten, klassischen Prominenten mit "Bunte"-Hintergrund, dem Königsprodukt des Veranstalters Burda, das nach wie vor in erster Linie in Wartezimmern für Stützstrumpf-Privatkliniken ausliegt, fehlen kreative Content Creators.
Zwar sind inzwischen einige jüngere sogenannte Influencer ins Portfolio der Bambi-Gästeliste durchgesickert, bei der Auswahl wird jedoch offenbar ausschließlich auf Reichweite und weniger auf Content-Qualität gesetzt. Um die Relevanz eines Medienpreises ins Jahr 2040 zu retten, reicht es nicht, als schmückendes Jungspund-Beiwerk Nina Chuba einzuladen. Auch wenn Nina Chuba grandios ist, sollten auch Influencer beigemischt werden, deren Content nicht nur 14-Jährige begeistert, sondern vor allem von seriösen Multiplikatoren wahrgenommen wird: Journalisten, Chefredakteure, andere Promis, Politiker. Nur diese Symbiose kann dafür sorgen, dass Bambi in 20 Jahren noch eine Rolle spielt. Also, sofern das überhaupt der Plan von Burda ist.
Skandal: Warum fehlte Marie von den Benken auf dem Bambi?
Ich persönlich konnte diesem Dilemma dieses Jahr keine Abhilfe schaffen, da meine Einladung zum Bambi offenbar in der Post verloren gegangen ist. Beschwerden dazu können Sie jederzeit in unflätigen Worten an diese Mailadresse übermitteln: presse@bambi.de. Aber mal Spaß beiseite: Der Bambi ist eine sehr bekannte Marke. Das allein reicht zwar nicht aus, um Relevanz für die kommenden 20 Jahre zu garantieren, ist aber ein starkes Fundament für das Vorhaben, auch dann noch in aller Munde zu sein, wenn Heidi Klum erstmals Großmutter wird. Grüße an Leni an dieser Stelle.
Dafür müsste man aber bei Gelegenheit damit aufhören, weiterhin primär an eine Generation zu kommunizieren, die die einschlägigen #MeToo-Teilzeiteskapaden von Thomas Gottschalk für Perlen der TV-Geschichte hält. Der Jahrhundertmoderator hat während seiner "Wetten, dass..?"-Hochphase zur Primetime im ZDF mehr nackte Promidamenbeine in der Hand als die FDP-Wähler. Ich freue mich daher sehr auf den Bambi 2024. Mal sehen, wer dann den Roten Teppich beherrscht. Christian Lindner vielleicht. Das wird legendär.
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