• Der FC Brentford und Vitaly Janelt sorgen in der englischen Premier League für Furore.
  • Der HSV, der VfL Bochum und RB Leipzig befinden den Mittelfeldspieler einst für nicht gut genug.
  • Jetzt hat er sich in den Fokus von Bundestrainer Hansi Flick gespielt.

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Der "Griffin Park" beschwor einst den Kult-Faktor des FC Brentford, und das weit über England hinaus. Das kleine Fußball-Stadion für 12.700 Zuschauer stand inmitten typischer englischer Reihenhäuser, den Back-to-Back-Houses.

Das Besondere: In jeder Ecke der Tribünen befand sich ein typischer britischer Pub, vier insgesamt. "Ein Spaziergang um den Griffin Park kostet 20 Pfund, dauert zwei Stunden - und am Ende hat man leicht einen sitzen", schrieb einmal das Fußball-Magazin "11 Freunde".

Premier League: FC Brentford düpiert den FC Chelsea

Brentford, im Westen Londons gelegen, ist anders als die schier übermächtigen Nachbarn FC Arsenal, FC Chelsea und Tottenham. "In Brentford ist alles gefühlt ein bisschen geerdeter", erklärt Marius Soyke unserer Redaktion. Der Sportjournalist des Fachportals "transfermarkt.de" begleitet den Aufstieg der "Bees", der Bienen, vom kleinen Vorortklub zum englischen Shootingstar seit Jahren.

Seit August 2020 spielen die West-Londoner im neuen "Brentford Community Stadium" - und zwar in der Premier League, nicht mehr in der 2. Liga. Das Trikot des forschen Aufsteigers trägt auch Vitaly Janelt, der 2021 mit den deutschen Junioren U21-Europameister wurde.

"Das passt wie Faust auf Auge", sagt Soyke, der Janelt mehrmals interviewt hat und sich ausführlich mit seiner Entwicklung beschäftigt. "Seine Verpflichtung steht beispielhaft für den Weg, den dieser Verein geht. Sie holen in der Regel nicht die erfahrenen Spieler, die schon mehrere Jahre Premier League gespielt haben", erklärt er und erzählt: "Vitaly haben sie in der U21-Nationalmannschaft entdeckt. Dort hatte er eine gute Rolle gespielt, während er beim VfL Bochum fast gar nicht gespielt hat."

Vitaly Janelt passt sehr gut zum Fußball des FC Brentford

Janelt passe sehr gut zum Fußball des Londoner Klubs, meint Soyke und erklärt: "Brentford spielt nicht wie ein klassischer Aufsteiger. Sie spielen ein hohes Gegenpressing gegen den Ball, wollen nach vorne kombinieren. Vitaly erklärte mir einmal: "Wenn man von Manchester City oder Liverpool hinten reingedrängt wird, muss man halt auch mal lange Bälle spielen." Aber: Brentford kann einen offensiven und attraktiven Fußball spielen." Ein Beleg: In der Zweitliga-Saison 2020/21 haben die "Bees" 79 Tore erzielt - mehr als jedes andere Team.

Gerade mal 600.000 Euro Ablöse kostete Janelt laut "transfermarkt.de", als er im Oktober 2020 aus dem Ruhrgebiet (Bochum) in die Millionenmetropole an die Themse wechselte. Der heute 23-Jährige sei als Achter verpflichtet worden, sagt Soyke, nachdem sich aber der dänische Nationalspieler Christian Nörgaard verletzt hatte, "ist Vitaly auf die Sechs zurückgerückt", erzählt der Sportjournalist.

"Er ist körperlich und im Gegenpressing sehr stark. In einem Fußball-Manager-Spiel bekäme er die Zusatzqualifikation Laufwunder. Er dirigiert mit 23 Jahren schon seine Vorderleute, hat Anteile am Spielaufbau, kann gute Pässe spielen und auch mal aus der zweiten Reihe schießen. Oder in die Box vorpreschen und den Fuß hinhalten." Er ist damit ein kompletter Box-to-Box-Spieler.

Zusammen mit Christian Eriksen für den FC Brentford

Verpflichtet wurde Janelt nach dem Statistikansatz von Klub-Besitzer Matthew Benham. Die Anwendung der Statistik in der Zusammenstellung der Mannschaft hat den kleinen Klub ebenso berühmt gemacht wie die Verpflichtung des Dänen Christian Eriksen nach dessen Atem- und Kreislaufstillstand bei der EM 2021. Benham hat Physik in Oxford studiert und eine Firma gegründet, mit der er Fußball-Wetten analysiert hat.

"Über seine Berechnungen hat er herausgefunden, wie er wetten muss, damit er sehr schnell sehr reich wird", schildert Soyke und erklärt: "Im Verein nutzen sie die Berechnungen im Scouting. Sie berechnen, dass sie für ihr System, das sie spielen, diesen oder jenen Spielertypen brauchen. Wie viel Prozent Packing-Rate hat ein Spieler, wie viele Tore schießt er auf seiner Position im Schnitt pro Saison. Mit dieser Methode schauen sie sich auch die Schwachstellen der Gegner an."

Dass Janelt, den Soyke als "geerdet und zurückhaltend" beschreibt, torgefährlich ist, stellte er beim 4:1 Brentfords gegen den FC Chelsea mit zwei Treffern unter Beweis. Er sorgt in England für Furore, nachdem ihm der Durchbruch in Deutschland nicht gelungen war. Janelt hatte sich als großes Talent 2014 zu einem Wechsel aus seiner Heimatstadt Hamburg vom HSV zu RB Leipzig entschieden. Er war damals 16.

Hansi Flick hat ihn schon beobachtet

"Es gab Gerüchte, dass Ralf Rangnick Janelt in Leipzig einst aussortiert hat. Vitaly hat mir erzählt, dass Leipzig ihm gesagt habe, dass sie keine U23 hätten und es für die Profis nicht reiche. Und dass er deshalb abgegeben werde", erzählt Soyke unserer Redaktion: "Da lagen sie offensichtlich daneben, was bei RB Leipzig nicht oft vorkommt. Warum es in Bochum nicht geklappt hat, kann er sich selbst nicht erklären."

Beim VfL stand Janelt seit Januar 2017 unter Vertrag und kam auf immerhin 54 Einsätze in der 2. Bundesliga und im DFB-Pokal (zwei Tore und vier Vorlagen). Brentfords Trainer Thomas Frank setze "unglaublich auf ihn", sagt Soyke: "Ihm fehlt sicher noch die Erfahrung. Vielleicht ist er deshalb noch kein Nationalspieler. Hansi Flick hat ihn aber schon einmal im Stadion beobachtet."

Verwendete Quellen:

  • Telefon-Interview mit Marius Soyke, Brentford-Experte von transfermarkt.de
  • transfermarkt.de: Wissen ist Macht: FC Brentford mit Moneyball beim 3. Versuch in der Premier League
  • 11 Freunde: Dürfen die das?
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