- Hans Jörg Butt war von 2008 bis 2012 Torwart des FC Bayern München, wurde Meister sowie Pokalsieger und stand 2010 im Champions-League-Finale.
- Im Exklusiv-Interview mit unserer Redaktion nimmt er seinen früheren Trainer Jürgen Klinsmann in Schutz, spricht über die Langzeitwirkung von dessen Nachfolger Louis van Gaal sowie seinen damaligen Sitz-Nachbarn Thomas Müller, den Moment der Verpflichtung von Manuel Neuer und das Mitfiebern mit seinem Lieblingsverein.
- Außerdem verrät der 48-Jährige, ob er sich eine Rückkehr in den Fußball vorstellen kann.
Herr Butt, als Sie im Sommer 2008 von Benfica Lissabon zum FC Bayern München gewechselt sind, sollte eigentlich Michael Rensing als Nachfolger von Oliver Kahn aufgebaut werden. Sie waren als Nummer zwei angedacht. Mit welchen Erwartungen sind Sie nach München gewechselt?
Hans Jörg Butt: Mir wurde klar kommuniziert, dass Michael Rensing als Nummer eins aufgebaut werden sollte. Der Verein wollte aber einen erfahrenen Torwart in der Hinterhand haben, der auch schon in der Champions League gespielt hat. Die Rollenverteilung war also klar. Trotzdem habe ich mir Chancen ausgerechnet.
Aus gutem Grund: Schlussendlich haben Sie innerhalb von vier Jahren 91 Pflichtspiele für den FC Bayern München absolviert, wurden Deutscher Meister, Pokalsieger und standen 2010 sogar im Champions-League-Finale. Doch die erste Saison war schwierig: Ihr erster Trainer beim FC Bayern München war
Sicherlich hat Jürgen Klinsmann nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Aber so etwas lässt sich nicht an einer einzelnen Person aufhängen – auch wenn das in der Öffentlichkeit gerne gemacht wird. Der Verein befand sich damals in einem riesigen Umbruch. Die Generation, die 2001 noch die Champions League gewann, hatte komplett aufgehört. Das waren große Führungsspieler wie
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Er hat eine klare Spielphilosophie eingeführt. Davon hat der Verein auch noch Jahre nach seiner Entlassung profitiert. Er hatte einerseits eine klare Idee, hat aber in einem gewissen Rahmen auch Freiheiten gegeben. Das war anfangs für einzelne Spieler schwer verständlich, weil er auch sehr dominant war. Dadurch konnten sich Spieler wie Franck Ribery oder
Thomas Müller ist seit vielen Jahren die große Identifikationsfigur des FC Bayern. Wie haben Sie damals seinen Aufstieg erlebt?
Thomas war mein Sitznachbar in der Kabine. Er kam als junger Kerl irgendwann dazu, ging sehr unbekümmert an die Sache heran, hatte immer gute Laune und eine positive Ausstrahlung. Er war einerseits sehr mutig und selbstbewusst, hat sich aber auch von älteren Spielern etwas sagen lassen. Ich habe in meiner Karriere viele junge Spieler erlebt, die schnell abgehoben waren und sich nichts mehr sagen ließen. Das war bei Thomas Müller oder auch
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Im Sommer 2011 wurde
Eigentlich wollte ich 2011 ja bereits aufhören. Allerdings war lange nicht klar, ob Manuel bereits 2011 oder erst 2012 kommt. In Absprache mit dem Verein habe ich den Vertrag noch einmal um ein Jahr verlängert. Als seine Verpflichtung fix war, ist natürlich klar gewesen, dass ich die Nummer 2 bin. Ich konnte mich dann parallel dazu in meine Funktion im Vereinsmanagement und Nachwuchsleistungszentrum einarbeiten.
Wie haben Sie Manuel Neuer damals als Torwart erlebt?
Man hat gesehen, dass er ein riesiges Potenzial hat. Ich habe ihm eine so große Karriere zugetraut, wie er sie schlussendlich auch gemacht hat. Er war immer sehr mutig – selbst wenn er als junger Torwart mal einen Fehler gemacht hat. Er hat immer an seiner offensiven Spielweise festgehalten, hat gut mitgespielt und antizipiert. Zudem war er auf der Linie und im Eins-gegen-Eins extrem stark.
Nach Ihrem Karriereende waren Sie kurzzeitig Nachwuchsleiter beim FC Bayern München, haben diese Funktion aber bereits nach wenigen Wochen beendet. Was war der Grund dafür?
Genau genommen habe ich deutlich länger im Nachwuchsleistungszentrum gearbeitet, weil ich bereits in meiner letzten aktiven Saison dort tätig gewesen bin. Das hat mir auch viel Spaß gemacht. Aber wenn die aktive Karriere endet, muss man sich erst einmal neu orientieren. Ich habe für mich festgestellt, dass ich noch einmal etwas Anderes machen möchte. Ich habe immer noch eine gewisse Verbindung zum FC Bayern und spiele gelegentlich für die Bayern-Legenden-Mannschaft. Aber beruflich bin ich in unser Familienunternehmen eingestiegen.
Was genau ist dort Ihre Funktion?
Wir sind ein Hersteller für Verladesysteme. Zu unseren Kunden zählen viele große und mittelständische Unternehmen. Ich bin für den Vertrieb in Süddeutschland, Österreich und der Schweiz tätig und leite unsere Niederlassung bei München.
Ist eine Rückkehr in den Fußball für Sie eine Option?
Im Moment ist das für mich ziemlich weit weg. Ich habe einen Fulltime-Job, der mir sehr viel Spaß macht. Ich bin in unserem Familienunternehmen praktisch groß geworden, habe früher zum Beispiel in den Ferien dort mitgearbeitet. Ich übe diese Arbeit mit genauso viel Leidenschaft aus wie früher den Fußball.
Fühlen Sie sich mit Ihren Ex-Vereinen weiterhin verbunden?
Ich schaue mir nicht jedes Spiel an, aber natürlich hänge ich an den Vereinen, für die ich früher gespielt habe. Im Moment fiebere ich vor allem mit dem HSV mit. Das ist für mich ein besonderer Verein, mein erster Bundesliga-Verein. Ich hoffe als HSV-Fan und auch als Fußball-Fan, dass sie nächste Saison wieder in der Bundesliga spielen. Ich bin auch davon überzeugt, dass sie den Aufstieg schaffen. Leider haben sie es in den letzten Jahren in der Rückserie nicht hinbekommen. So etwas steckt im Hinterkopf und kann die Mannschaft beeinflussen. Ich habe aber das Gefühl, dass Trainer Tim Walter gut dagegen arbeitet.
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Und wie schätzen Sie die Chancen des FC Bayern München im Champions-League-Rückspiel gegen Paris Saint-Germain ein?
Ich werde bei dem Spiel im Stadion sein und hoffe, dass sie in die nächste Runde gelangen. Das 1:0 aus dem Hinspiel ist ein gutes Ergebnis. Aber man ist noch längst nicht durch. Ich weiß aus Erfahrung: Wenn zwei Mannschaften auf diesem hohen Niveau aufeinandertreffen, geht das bis zur 95. Minute und darüber hinaus. Kleinigkeiten können entscheiden. Das ist ein Fifty-fifty-Spiel.
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