Erst das Pokal-Aus, nun das Champions-League-Aus? Der FC Bayern München droht nach dem 0:3 bei Manchester City eine weitere Titelchance zu verspielen. Trainer Thomas Tuchel bewertet die Leistung seiner Mannschaft dennoch positiv und glaubt an ein Fußball-Wunder im Rückspiel.

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Oliver Kahn verschränkte die Arme und blickte mit düsterem Blick nach unten. Hasan Salihamidzic sah auf der Tribüne ähnlich finster drein. Nach der bitteren 0:3-Niederlage im Champions-League-Viertelfinal-Hinspiel gegen Manchester City droht dem FC Bayern München der Super-GAU.

Die erhoffte Wirkung des überraschenden Trainer-Wechsels ist verpufft. Als Julian Nagelsmann freigestellt wurde, war das Triple noch erreichbar. Zweieinhalb Wochen später steht der FC Bayern mit Thomas Tuchel vor dem zweiten Titel-K.o.

Im DFB-Pokal ist der FC Bayern bereits am SC Freiburg gescheitert. In der Champions League wäre ein Fußball-Wunder notwendig, um im Rückspiel am 19. April den Drei-Tore-Rückstand aufzuholen. Joshua Kimmich sah zwischen dem Pokalspiel und dem Champions-League-Duell eine Parallele: "Die ersten 60 Minuten waren gut. Wir kriegen einen Sonntagsschuss wie auch gegen Freiburg. Das hätte nicht sein müssen."

Thomas Tuchel hat sich "schockverliebt"

Auch Trainer Tuchel fand, dass seine Mannschaft eigentlich ein gutes Spiel abgeliefert hat: "Ich weigere mich, die Leistung schlechtzureden. Ich habe sehr, sehr gute Leistungen gesehen bis zur 70. Minute. Ich bin hochzufrieden. Da war absolut mehr drin, wir hätten viel mehr verdient."

Gute Leistungen, schlechte Ergebnisse! Stellt sich die logische Frage: Warum steckt der FC Bayern in den Pokal-Wettbewerben in einer Krise?

"Es fehlt einfach ein Tick Form, ein Tick Vertrauen", antwortete Tuchel und huldigte dennoch seine Truppe: "Ich habe mich heute ein bisschen schockverliebt in meine Mannschaft. Es hat richtig Spaß gemacht, diese Mannschaft zu coachen."

Innenverteidiger Matthijs de Ligt beurteilte die Leistung etwas kritischer: "Wir verlieren 3:0, es gab sogar noch Chancen für ein 4:0 oder 5:0. Ich glaube, wir haben das Spiel unnötig weggegeben. Wir hatten unsere Chancen, allerdings nicht so viele wie Manchester City. Sie haben besser gespielt als wir."

Tuchel ließ Thomas Müller auf der Bank – ein Fehler?

Tuchel ließ Müller auf der Ersatzbank und nannte vor dem Spiel den Grund dafür. "Wir wollten Läufer, schnelle Dribbler und wendige Spieler haben", sagte der Trainer. "Ich liebe Thomas, aber wir erwarten kein typisches Thomas-Müller-Spiel. Sprich die letzten 30 Meter, wo er absolute Weltklasse ist."

Möglicherweise war genau dies die falsche Entscheidung. Der FC Bayern hatte mit Jamal Musiala, Serge Gnabry, Kingsley Coman und dem sehr aktiven Leroy Sané zwar viel Geschwindigkeit im Offensivspiel. Abschlüsse fanden aber eher aus der Distanz statt, weil in Abwesenheit von Müller und dem verletzten Eric Maxim Choupo-Moting jegliche Strafraum-Präsenz fehlte.

Gnabry, der den Part des Mittelstürmers übernahm, war überhaupt kein Faktor. Ihm gelang weder ein Torschuss noch eine Torschussvorlage, zudem verlor er 70 Prozent seiner selten geführten Zweikämpfe.

Flanken in den Strafraum wurden kaum gespielt. Während Manchester City 14 Flanken spielte, bekam der FC Bayern lediglich sieben zustande - und das größtenteils auch erst in der Schlussphase. Als Müller in der 80. Minute eingewechselt wurde, war die Mannschaft allerdings nicht mehr dazu in der Lage, sich trotz des 0:3 noch einmal aufzubäumen.

Upamecano unterlief vor dem 0:2 ein schwerer Patzer

Die mangelnde Durchschlagskraft war nicht das einzige Problem. Der FC Bayern agierte fehlerhaft und leistete sich im Spielaufbau immer wieder Ballverluste. Beim 0:2 passierte dem Innenverteidiger Dayot Upamecano genau das, was knallhart bestraft wurde.

"Solche Fehler darfst du gegen City nicht machen. Dafür sind sie einfach zu stark und zu effizient, um solche Chancen zu nutzen", kritisierte Prime-Experte Benedikt Höwedes. "Bayern hat über große Phasen der 90 Minuten gut gespielt, wurde aber aufgrund der Fehler dafür nicht belohnt. Damit kannst du auf diesem Niveau nicht bestehen."

Der frühere Bayern-Spieler Mario Gómez sieht das ähnlich. "Der FC Bayern hat kein schlechtes Spiel gemacht. Sie haben einfach zwei entscheidende Zweikämpfe verloren, die eine Mannschaft wie City brutal bestraft", sagte er und wagte eine These: "Wenn der FC Bayern im Rückspiel das Wunder nicht schafft, haben wir heute (mit Manchester City) den kommenden Champions-League-Sieger gesehen."

Bayern hofft auf ein Wunder: "Im Fußball kann alles passieren"

Kimmich hofft noch auf dieses Wunder: "Wir haben heute gesehen, dass es möglich ist, mitzuhalten. Das klingt nach einem 3:0 komisch. Aber es ist möglich, zu gewinnen. Ich glaube schon, dass wir das Selbstvertrauen haben, um im Rückspiel etwas holen zu können." De Ligt sieht das ähnlich: "Im Fußball kann alles passieren."

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Die Chancen sind allerdings gering. "Wenn wir isoliert das Ergebnis anschauen, scheint das unmöglich", weiß Tuchel. "Aber alles kann passieren. Wir werden nicht das Spiel wegschenken. Dafür ist es zu wichtig, dafür freuen wir uns zu sehr darauf, dafür sind wir auch viel zu sauer."

Verwendete Quellen:

  • Amazon Prime Übertragung: Manchester City – Bayern München
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