• Jonas Hummels spricht im Exklusiv-Interview über die Chancen des FC Bayern München und die anderen deutschen Vereine in der Champions League.
  • Der ehemalige Fußball-Profi und Bruder von Dortmund-Star Mats Hummels begleitet die Champions-League als Experte von dem Streaming-Anbieter DAZN, die die Champions League live übertragen.
Ein Interview

Herr Hummels, der FC Bayern München hat mit Inter Mailand und dem FC Barcelona sowie dem Außenseiter Viktoria Pilsen eine schwere Gruppe abbekommen. Muss der Rekordmeister ein Vorrundenaus befürchten?

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Jonas Hummels: Nein. Ich denke, der FC Bayern wird auch in dieser starken Gruppe als Gruppenerster weiterkommen. Inter und Barcelona bewegen sich nicht auf dem gleichen Level wie Bayern. Inter ist eine gute Mannschaft und unberechenbar, weil sie in ihren Leistungen schwankend sind. Barcelona ist sicherlich der stärkere Gegner. Sie haben bereits vergangene Saison einige starke Spiele abgeliefert.

In der Rückrunde haben sie den späteren Champions-League-Sieger Real Madrid mit 4:0 regelrecht auseinandergenommen. Sie haben in Xavi einen guten Trainer, verfügen über starke junge Spieler wie Ansu Fati und bekamen im Sommer noch einige gute Spieler wie Robert Lewandowski hinzu.

FC Bayern konnte Weggang von Lewandowski in Bundesliga kompensieren

Wird der FC Bayern München in der Champions League darunter leiden, keinen Lewandowski mehr im Sturm zu haben?

Ja, ich denke schon. In der Bundesliga hat der FC Bayern den Weggang gut kompensiert, weil die übrigen Spieler ihre Freiheiten auf dem Platz genießen. Das wird nicht immer so sein. Die Gegner werden sich besser darauf einstellen.

Der FC Bayern hat sehr viele dribbelstarke Spieler, die über die Außenbahnen kommen – aber keinen echten Mittelstürmer. Vielleicht wird man das bereits in den Champions-League-Spielen zu spüren bekommen.

Könnte Jamal Musiala auf der großen Bühne der Champions League vielleicht zum nächsten europäischen Superstar aufsteigen?

Musiala ist ein riesiges Talent. Ich habe selten einen Spieler gesehen, der sich so leichtfüßig auf dem Fußballfeld bewegt. Er hatte den Vorteil, dass es keine großen Erwartungen an ihn gab.

Die Entwicklung ging für ihn nur bergauf bis hin zur Nationalmannschaft. Aber der Druck wird zunehmen – genauso die körperliche Belastung, wenn er jedes Wochenende spielt. Damit muss er erst einmal zurechtkommen.

Der FC Bayern München hat in der jüngeren Vergangenheit sehr viel Geld in die Abwehr gesteckt. Verkörpern Spieler wie Lucas Hernandez, Dayot Upamecano, Matthijs de Ligt, Benjamin Pavard und Alphonso Davies wirklich Weltklasse-Niveau?

Interessant ist, dass der FC Bayern die einzige Top-Mannschaft ist, die so viel Geld in die Verteidigung steckt. Sieben der zehn teuersten Transfers des FC Bayern sind Defensivspieler. Das zeigt natürlich auch, dass es in diesem Bereich gewisse Defizite gab. Grundsätzlich hängt die Abwehrleistung einer Mannschaft nicht nur von den Verteidigern ab.

Die Frage ist, wie gut die gesamte Mannschaft verteidigt. Grundsätzlich ist der FC Bayern unter Julian Nagelsmann sehr offensiv aufgestellt. Daher wird der FC Bayern nicht die beste Defensive stellen und vermutlich auch mehr Gegentore kassieren als man denken mag.

Ist Matthijs de Ligt die hohe Investition von rund 67 Millionen Euro wert?

Ich mag Matthijs de Ligt als Typ. Als Verteidiger allerdings bin ich noch nicht zu 1000 Prozent überzeugt. Er ist von Ajax Amsterdam nach Italien zu Juventus Turin gewechselt und somit zu einer Mannschaft, die das Verteidigen quasi erfunden hat. Trotzdem hat er bei dieser Mannschaft in den entscheidenden Spielen oft nicht gespielt. Das wird seinen Grund haben. Aber er ist noch jung und kann sich entwickeln.

Wie weit müsste der FC Bayern München kommen, damit im Verein Zufriedenheit herrscht?

Die Erwartungen sind hoch. Wenn der FC Bayern in das Halbfinale kommt, würde niemand meckern. Aber um nach den Investitionen für Sadio Mane und de Ligt zufrieden zu sein, müsste der Verein wohl in das Finale kommen.

Hummels: "Manchester City ist momentan die vielleicht beste Mannschaft der Welt"

Themawechsel: Ihr Bruder Mats Hummels sagte vor der Auslosung, er würde sich eine schwere Gruppe wünschen, weil man dafür in der Champions League spielt. Hat er die gewünschte schwere Gruppe mit den Gegnern Manchester City, dem FC Sevilla und dem FC Kopenhagen bekommen?

Ja. Manchester City ist momentan die vielleicht beste Mannschaft der Welt. Sevilla hat einen guten Trainer und spielt ebenfalls sehr gut, ohne allzu große Stars im Kader zu haben. Es sollte aber das Ziel von Borussia Dortmund sein, als Gruppenzweiter hinter Manchester in die nächste Runde einzuziehen. Sevilla ist bei aller Qualität ein besiegbarer Gegner, Kopenhagen ebenfalls.

Neben dem FC Bayern und Borussia Dortmund gibt es mit Eintracht Frankfurt, RB Leipzig und Bayer Leverkusen noch drei weitere deutsche Vertreter in der Champions League. Was trauen Sie diesen Mannschaften zu?

Ich glaube, dass auch diese drei Mannschaften in die nächste Runde gelangen könnten. Die Auslosung ist aus deutscher Sicht ideal gelaufen, weil diese drei Mannschaften, die ich nicht so stark einschätze wie Bayern und Dortmund, einfachere Gruppen abbekommen haben.

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Die Gegner von Leverkusen, also Atletico Madrid, FC Porto und der FC Brügge, sind schlagbar. RB Leipzig hat mit Real Madrid zwar den Titelverteidiger in der Gruppe, sollte sich aber gegen Celtic Glasgow und Schachtar Donezk durchsetzen können.

Frankfurt hat mit Tottenham Hotspur, Sporting Lissabon und Olympique Marseille sicherlich die schwierigere Gruppe abbekommen. Daher wäre es auch ein Erfolg, sich in dieser Gruppe als Dritter für die Europa League zu qualifizieren.

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Über den Experten: Jonas Hummels (Jahrgang 1990) spielte in der Jugend für den FC Bayern München und später in der 3. Liga für die SpVgg Unterhaching. Seit dem Jahre 2016 ist er als Kommentator und Experte bei dem Streaming-Anbieter DAZN tätig. Er ist der Bruder von Mats Hummels, der bei Borussia Dortmund unter Vertrag steht.
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