Länderspielpause. Sie gab der Bundesliga Zeit, durchzuschnaufen. Aber nicht alle Vereine konnten in Abwesenheit ihrer Nationalspieler die Füße hochlegen. Vor allem der FC Bayern München steht vor einem Berg von Problemen. Der Meister rangiert nach elf Spieltagen nur auf Rang fünf.

Eine Analyse

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Seit dem 2:3 im Topspiel der Bundesliga bei Borussia Dortmund findet sich Titelverteidiger Bayern München lediglich auf Rang fünf der Tabelle wieder.

Der Rückstand auf Spitzenreiter BVB beträgt sieben Punkte. Um diese wettzumachen und selbst wieder zum Gejagten zu werden, müssen sich die Bayern dem annehmen, was derzeit nicht funktioniert. Die Probleme und deren mögliche Lösungen im einzelnen:

Die schlechte WM

Sechs Bayern-Spieler schleppen seit der enttäuschenden WM einen bleischweren Rucksack mit sich herum.

Die freie Zeit nach dem Turnier war zu kurz, um den deprimierenden Verlauf abzuschütteln. Dies spiegelt sich im Leistungsabfall der WM-Fahrer. Weder Manuel Neuer, noch Mats Hummels, Jerome Boateng, Joshua Kimmich, Leon Goretzka oder Thomas Müller spielen in Bestform.

Lösung

Bei der Bewältigung des WM-Traumas helfen nur Erfolgserlebnisse. Diese stellen sich aber nur punktuell ein, weil die WM-Fahrer nach ihrer Form suchen. Sie stecken in einem Teufelskreis. Die Lösung ist theoretisch also ganz einfach, in der Praxis aber das genaue Gegenteil.

Der neue Trainer

Mit Jupp Heynckes hat eine Trainer-Ikone den FC Bayern München verlassen. Dessen Autorität stand für die Spieler aufgrund von Heynckes' Erfahrung und Erfolgen außer Zweifel.

Von beidem hat Nachfolger Niko Kovac deutlich weniger zu bieten. Zudem war er nur die zweite Wahl, weil Thomas Tuchel lieber nach Paris wechselte. Der 47-Jährige muss trotzdem Spieler dazu bringen, auf ihn zu hören, die gerade sechs Meisterschafen in Folge eingefahren haben.

Einem Bericht des "kicker" zufolge gelingt dies Kovac nicht. Die Front, die sich angeblich gegen den Pokalsieger aufgebaut hat, soll mit Franck Ribéry, Arjen Robben, Mats Hummels, Thomas Müller und James Rodriguez prominent besetzt sein.

Im Vorjahr war der damalige Trainer Carlo Ancelotti gescheitert, weil er seine Stars nicht hinter sich hatte.

Lösung

In diesem Punkt ist die Vereinsführung gefragt. Sie muss zu 100 Prozent hinter Kovac stehen und somit hinter der Entscheidung, ihn verpflichtet zu haben.

Die Spieler dürfen nicht den Eindruck gewinnen, den Trainer demontieren zu können, weil dessen Position schwach ist.

Die sicherste Job-Garantie für Kovac aber bleiben Siege. Eine Mannschaft, die mit ihrem Trainer nicht einverstanden ist, gewinnt jedoch nicht.

Der Erfolgsdruck

Kein Verein in der Bundesliga ist permanent zum Siegen verdammt, nur der FC Bayern München.

Jedes nicht gewonnene Spiel gilt bereits als Niederlage und fühlt sich im Umfeld höchsten Anspruches auch so an. Dieser Anspruch kommt sowohl von außen (über Medien und Fans) als auch von innen (über Präsident Uli Hoeneß und Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge).

Der Erwartungshaltung zu entsprechen und diese auszuhalten, ist Grundvoraussetzung, um für den FC Bayern München arbeiten und auf dem Platz stehen zu können.

Der Druck des permanenten Gewinnenmüssens behindert und verzögert nach sechs Meisterschaften in Folge den notwendigen Umbau des Kaders.

Lösung

Uli Hoeneß formulierte, der FC Bayern halte ein Jahr ohne Meisterschaft aus. Er sprach in diesem Zusammenhang von einem Umbruch, der im Sommer 2019 das Gesicht der Mannschaft "ziemlich verändern" würde.

Das entbindet sie zwar nicht von der Pflicht, weiterhin möglichst immer als Sieger den Platz zu verlassen. Das Gefühl indes, auch mal Zweiter werden zu dürfen, dürfte die Spieler mental entlasten.

Der Maulwurf

Das berüchtigte Haustier des FC Bayern hielt sich zuletzt viele Jahre im Untergrund verborgen. Nun macht es wieder auf sich aufmerksam. Der sogenannte Maulwurf sieht seine Aufgabe darin, intern Besprochenes nach außen weiterzugeben, an die Presse. Das sorgt für Unruhe und gegenseitiges Misstrauen.

Seitdem Kovac da ist, sollen sich gleich zwei Maulwürfe durch den Kabinenboden nach draußen gegraben haben. Diesen Verdacht legt Kovacs Versprecher nach dem 2:0 über Athen nah.

Kovac sagte: "Wenn sie die beiden ... ach die beiden sage ich schon. Das war ein Versprecher. Wenn sie denjenigen erwischen, dann geben sie mir vielleicht Bescheid und ich spreche mal mit ihm."

Lösung

Niko Kovac soll vor dem 1:1 gegen Freiburg intern auf den Tisch gehauen haben. Die Tatsache allerdings, dass diese Kabinen-Predigt wiederum bekannt und zu einer Schlagzeile wurde, legt das beschriebene Dilemma offen. Kovacs Appell an seine Spieler, Diskretion und Zusammenhalt zu wahren, wird insofern in dieser Saison kein einmaliger bleiben.

Es sei denn, Kovac macht den oder die "inoffiziellen Pressesprecher" ausfindig und folgt dann dem Rat seines früheren Mitspielers Stefan Effenberg: Rausschmiss aus der Mannschaft.

Die Grüppchenbildung

James Rodriguez frustriert Niko Kovacs Rotation. Der Kolumbianer sieht sich als Stammspieler. Die aber gibt es angesichts der traditionellen Star-Dichte beim FC Bayern fast nicht.

Deshalb ist es Kovacs wichtigste Aufgabe, alle Spieler bei Laune zu halten. Dafür aber muss er regelmäßig durchwechseln. Und provoziert Frust bei denen - siehe Rodriguez - die wieder raus müssen.

Die Frustrierten gruppieren sich. Wahlweise arbeiten sie aktiv gegen den Trainer oder verweigern sich schlicht dessen Anweisungen.

Dies soll bei Franck Ribéry, Arjen Robben, Mats Hummels und Thomas Müller der Fall sein. Ihnen liegen jedoch nicht nur ihre Einsatzzeiten im Magen. Angeblich fehlt ihnen generell der Respekt vor Kovacs Trainer-Autorität.

Lösung

Niko Kovac muss es schaffen, dass alle an einem Strang ziehen.

"Wir haben einen großen, qualitativ guten Kader. Jeder beim FC Bayern München hat den berechtigten Anspruch, zu spielen. Wir können uns drehen und wenden, wie wir wollen. Jeder bekommt seine Chance. Wir müssen performen. Wenn wir nicht performen, kommt ein anderer", fasste der Coach am Tag vor dem 2:0-Sieg in der Champions League gegen Athen zusammen.

Kovac weiß, dass die individuelle Unterstützung für den Trainer entscheidend davon abhängt, zu spielen. Bildet sich aus dem Personal, das weniger oder gar nicht spielt, eine wachsende Gruppe der Frustrierten, wird es für den Trainer gefährlich.

"Wir müssen zusammenhalten, das ist der springende Punkt. Jeder Einzelne ist verpflichtet, dass der Verein erfolgreich ist."

Die Veteranen

Franck Ribéry und Arjen Robben haben sich beim FC Bayern München im vergangenen Jahrzehnt den Status von Legenden erspielt.

Sie genügen auch mit Mitte 30 noch internationalem Anspruch. Trotzdem ist auch die Haltbarkeit von "Robbéry" begrenzt und der Verein auf der Suche nach dem passenden Weg, die Flügelzange außer Dienst zu stellen.

Niko Kovac gestehen Ribéry und Robben erwähntem "kicker"-Bericht nach nicht das Recht zu, sie auszusortieren. Uli Hoeneß aber kündigt den großen Umbruch für den kommenden Sommer an.

Der könnte - altersbedingt - auch Rafinhas Ära in München beenden und - leistungsbedingt - Jerome Boateng zwingen, sich nach einem neuen Verein umzuschauen.

Lösung

Der FC Bayern darf, um seinen personellen Neuanfang glaubhaft durchzuführen, Ribéry und Robben keinen Sonderstatus zubilligen, Kovas Kompetenzen, die sportliche Entscheidung über die "Alten" und deren weitere Verwendbarkeit zu treffen, dürfen seitens der Vereinsspitze nicht beschnitten werden.

Der Umbruch

Der neue Trainer ist nur der erste Schritt eines Umbruchs, der beim FC Bayern ansonsten noch nicht zu erkennen ist. Niko Kovac schickt mit über 29 Jahren Durchschnittsalter die ältesten Startaufstellungen der Liga auf den Platz.

Mit Spannung darf der Sommer 2019 erwartet werden, für den Hoeneß eine Transfer-Offensive angekündigt hat und ein entsprechend verändertes Gesicht der Mannschaft.

Lösung

Nicht nur vom Umbruch zu reden, sondern ihn auch durchzuführen, würde beweisen, dass der FC Bayern zukunftsorientiert arbeitet. Und daran, die sportliche Hoheit über die Bundesliga zurückzuerobern.

Die Presse

Teile der Medien weiden sich in den Augen des FC Bayern München an dessen Erfolglosigkeit und schlachten mit Vorliebe hämisch dessen Schwächeperioden aus.

Vor dem 3:1 in Wolfsburg hängten die Klub-Oberen dieses Thema so hoch, dass sie am 19. Oktober 2018 zu einer außerordentlichen Pressekonferenz einluden.

Der Versuch, sich schützend vor die Mannschaft zu stellen und den negativ berichtenden Journalisten einen Maulkorb zu verpassen, scheiterte.
Karl-Heinz Rummenigge griff gar ins oberste Regal und reklamierte die Menschenwürde für die Bayern-Spieler, da Teile der Medien diese nicht mehr respektieren würden.

Öffentlich hängen blieb der Eindruck fehlender Souveränität und von Aktionismus.

Lösung

Die Bayern sollten sich ganz einfach auf ihre Kernaufgabe konzentrieren, Fußball zu spielen. Siege sind und bleiben das beste Mittel gegen unliebsame Artikel.

Die Sättigung

Wie viel Erfolg hält der Mensch aus? Nach einem Rekord von sechs aufeinanderfolgenden Meisterschaften ein Gefühl der Zufriedenheit zu verspüren, könnte eine der Ursachen für den sportlichen Rückschritt der Bayern sein.

In der Vergangenheit bedurfte es immer wieder eines Rückschlags (zum Beispiel der verlorenen Champions-League-Finals von 1999 und 2012 oder des 2:5 im Pokalfinale gegen Borussia Dortmund 2012), um den Hunger der Bayern auf frische Erfolge zu wecken. Wiedererstarkt schlug das "Imperium" aus dem Süden umso beeindruckender zurück.

Lösung

Satte Spieler müssen aus dem Kader entfernt werden. Selbstzufriedenheit führt zu Stillstand und leitet auf Dauer Rückschritt ein. Verwiesen sei auch in diesem Zusammenhang auf Hoeneß' Ankündigung des Umbruchs. Ohne zu wissen, wie die laufende Saison enden wird.

Die Außendarstellung

Nicht nur die erwähnte Pressekonferenz vom 19. Oktober 2018 war keine Eigenwerbung für den Rekordmeister. Seit Jahren fragen sich Beobachter, wessen Wort im Verein mehr gilt: jenes des Präsidenten Uli Hoeneß oder jenes des Vorstandsbosses Karl-Heinz Rummenigge?

Sportdirektor Hasan Salihamidzic spielt augenscheinlich eine Nebenrolle. Auch das ist eine Lehre aus der PK vom 19. Oktober 2018, als Salihamidzic neben Hoeneß und Rummenigge auf dem Podium verloren wirkte.

Nach dem 2:3 in Dortmund widersprach Salihamidzic Hoeneß zudem, als es um Bayerns kurzfristige Aktivitäten auf dem Transfermarkt ging.

Während Hoeneß Wintertransfers ausschloss und auf den Sommer 2019 verwies, rückte Salihamidzic baldige Verstärkungen in den Bereich des Möglichen. Der Verein halte die Augen immer offen.

Lösung

Den Bestand im Gehege der Alphatiere auf ein Exemplar zu reduzieren, würde den Bayern helfen. Nach außen spräche nur noch eine Stimme. Die Medien müssten sich nicht die ihrer Einschätzung nach maßgebende Meinung erst aussuchen.

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