Immer häufiger wird im Ukraine-Krieg über Friedensverhandlungen gesprochen. Maybrit Illner diskutierte mit ihren Gästen, wie wahrscheinlich dieses Szenario ist. Und ob das Ende der Kilometerbeschränkungen für westliche Raketen ein Weg sein könnte, dahin zu kommen.
Das war das Thema
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Weltöffentlichkeit mit seinem "Siegesplan" überrascht. Nächste Woche soll US-Präsident Joe
Das waren die Gäste
Marie-Agnes Strack-Zimmermann : Die Vorsitzende des EU-Verteidigungsausschuss (FDP) sprach sich dafür aus, den Druck auf Putin zu erhöhen. Man könnte zu ihm sagen: "Wenn du nicht aufhörst, wirst du die Konsequenzen in deinem Land tragen." Sie lobte die deutsche Unterstützung für die Ukraine, etwa im Vergleich zu Frankreich. "Insgesamt reicht das aber nicht".- Mychajlo Podoljak: Der Selenskyj-Berater warnte: "Man soll keine Illusionen hegen, dass man mit Russland verhandeln kann." Daher sprach auch er sich dafür aus, durch ein Hereintragen des Krieges nach Russland mehr Druck auszuüben und Russland zu einem Frieden zu zwingen. "Der Preis muss zu hoch sein für Russland". Bei einem Einfrieren des Konflikts befürchtet er, dass Russland früher oder später die Expansion wieder aufnehmen würde, weil es seine Kriegsziele nicht erreicht habe.
Gregor Gysi : Das Mitglied des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag (Die Linke) berief sich auf den ehemaligen Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, und den früheren Generalstabschef der US-Streitkräfte, Mark Milley: "Beide sagen, weder die Ukraine noch Russland kann diesen Krieg militärisch gewinnen." Gysi weiter: "Warum können wir nicht mal ernsthaft über einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen reden? Wenn wir verschärfen, dann verschärft er (Putin) wieder zurück."- Wolfgang Ischinger: Der langjährige Diplomat und Chef der Münchener Sicherheitskonferenz sprach sich für das Ende der Kilometerbeschränkungen der vom Westen an die Ukraine gelieferten Raketen aus. "Putin hat diese Reichweitenbeschränkungen nicht." Man müsse der Ukraine sagen: "Alles, was wir liefern, muss im Einklang mit den anerkannten Prinzipen des Völkerrechts geschehen." Das heißt, dass nur auf militärische Objekte geschossen werden darf.
- Frank Sauer: Der Experte für Sicherheitspolitik ist der Meinung, dass eine Friedenskonferenz derzeit "sehr weit entfernt" ist. Russland und die Ukraine würden sich – noch – mehr vom militärischen Vorgehen auf dem Schlachtfeld versprechen. Er warb dafür, den russischen Präsidenten ganz konkret unter Zugzwang zu setzen. "Diese Beschränkungen, die hier existieren, lieber Herr Putin, die lassen wir fallen, wenn Sie nicht aufhören, die ukrainische Zivilbevölkerung tagein, tagaus mit ihren Raketen zu terrorisieren." Sauer wies ganz deutlich darauf hin, dass die Ukraine auf "militärische Hardware" schieße und Putin auf Zivilisten und kritische Infrastruktur.
- Sabine Adler: Die Russland-Expertin hält es für möglich, dass US-Präsident Joe Biden mit einem Paukenschlag die Bühne verlassen möchte. "Mit einer Ukraine-Friedenskonferenz in den USA. Zudem stellte sie aufgrund der Diskussion um das Ende der Reichweitenbeschränkungen die russischen Bedrohungsszenarien der vergangenen zwei Jahre infrage. Es habe nach dem Einmarsch der Ukraine in die russische Region Kursk ("Ein großes Ding") nicht die Reaktionen gegeben, die die ganze Zeit angedroht worden seien. Heißt: Atomwaffeneinsatz. "Da fragt man sich: Wovor hat der Westen eigentlich Angst? Warum zögert er eigentlich?" Auch die Angst, dass die Ukraine westliche Waffen für nicht vom Völkerrecht gedeckte Angriffe einsetzen könnte, kann sie überhaupt nicht nachvollziehen. "Die Ukraine hat mit nichts bewiesen, dass sie ihre Waffen auf zivile Ziele richtet."
Das war der Moment des Abends
Gregor Gysi ist seit weit mehr als 30 Jahren in der Politik, aber auch mit 76 Jahren hat er die Leidenschaft nicht verloren. Bei
Das war das Rededuell des Abends
Als Gysi sich für einen Interessenausgleich mit Russland aussprach, dafür, Putin die Angst vor der Nato zu nehmen und dafür, von Nato-Basen in Georgien abzusehen, hielt es Frank Sauer fast nicht mehr auf seinem Stuhl. "Das Bizarre an dem, was sie vorgeschlagen haben, ist, dass das genau das ist, was wir hatten. Wir hatten eine europäische Sicherheitsarchitektur, wir hatten das Budapester Memorandum für die Ukraine, wir hatten eine Nato-Russland-Grundakte, wir hatten Rüstungskontrollen", sagte Sauer. "Warum hat sich all das geändert? Weil Herr Putin die bestehende Architektur, die Sie uns als neu verkaufen wollen, zerschlagen hat."
Gysi erwiderte mit einer Linken-typischen Anklage an die USA: "Die Nato hat als Erstes das Völkerrecht nach dem Kalten Krieg verletzt. Und damals hat sogar Gerd Schröder gesagt: Das wird Schule machen." Gemeint war der Krieg der Nato unter US-Führung gegen Serbien im Jahr 1999. "Wir dürfen das Völkerrecht brechen, andere nicht. Das geht nicht", argumentierte Gysi.
So hat sich Maybrit Illner geschlagen
Obwohl Gregor Gysi in ihrer Sendung mit seiner Meinung allein auf weiter Flur war und bei den anderen Gästen ohnehin regelmäßig aneckte, sah sich die Gastgeberin noch genötigt, ihn in die Schranken zu weisen. "Haben wir wirklich eskaliert?", fragte sie den Linken-Abgeordneten, als er über den Ukraine-Krieg sprach. "Oder hat nicht Putin eskaliert?"
Es gilt, was für viele vergleichbare Sendungen galt: Es würde der Debatten- und Streitkultur sicherlich guttun, nicht immer nur den einen Meinungsabweichler einzuladen, der fast wie die Sau durchs Dorf getrieben wird.
Das ist das Fazit
An einen schnellen Frieden durch Wolodymyr Selenskyjs "Siegesplan" glaubte im Donnerstagstalk des ZDF niemand so recht. Gregor Gysi äußerte erhebliche Zweifel an einer möglichen Friedenskonferenz unter Führung von US-Präsident Biden. Die Initiativen von Bundeskanzler
Für Gregor Gysi wäre es immens wichtig gewesen, Russlands Verbündete China und Indien noch mehr bei Friedensgesprächen oder Sondierungen einzubinden. Aber stattdessen würde China mit immer neuen Sanktionen belegt, wie er kritisierte.
"Wie enden Kriege?", fragte schließlich Frank Sauer. Eine dritte Kraft interveniere mit Macht oder eine der beiden Kriegspartien gewinne deutlich. "Beides wird hier nicht passieren". Die Menschen in der Ukraine müssten sich ziemlich sicher auf ihren dritten Kriegswinter einstellen.
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