In der Münchner Innenstadt läuft eine Demo, als plötzlich ein Auto in eine Menschenmenge fährt. 28 Menschen werden teils schwer verletzt. Die Politik fordert nun harte Konsequenzen.
Mehr Geld im öffentlichen Dienst, dafür sind die Mitglieder der Gewerkschaft Verdi an diesem Donnerstag in München auf die Straße gegangen. Es sollte ein Demonstrationstag werden, mit Trillerpfeifen und Transparenten – so wie es Gewerkschaftler im Arbeitskampf gewohnt sind. Bis der cremeweiße Mini in die Menschenmenge gerast ist. Bis der Schock, das Entsetzen die Demonstrierenden überrollt hat.
28 Menschen werden bei der Tat verletzt, einige von ihnen so schwer, dass Bayerns Ministerpräsident
Der Fahrer des Minis: Ein 24 Jahre alter Asylsuchender aus Afghanistan. Laut Angaben der Polizei soll er zunächst hinter der Demo hergefahren sein, ehe er einen Polizeiwagen, der den Zug absichern wollte, überholt hat. Daraufhin habe der Fahrer beschleunigt und sei in das Ende des Demonstrationszuges hineingerast. Die Polizei schießt in Richtung des Verdächtigen und nimmt ihn fest.
Wenige Wochen nach der Bluttat im bayrischen Aschaffenburg ist es nun also zu einem weiteren mutmaßlichen Anschlag gekommen. Das Motiv ist bislang unklar. Die bayrische Zentralstelle für Extremismus und Terrorismus der Generalstaatsanwaltschaft hat nach Angaben von Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) die Ermittlungen aufgenommen.
Söder fordert: "Müssen tatsächlich etwas ändern"
Doch Reaktionen auf das Geschehen gibt es bereits zahlreich. Bereits nach dem Angriff in Aschaffenburg war eine breite Debatte über innere Sicherheit und einen härteren Migrationskurs ausgebrochen – es sieht danach aus, dass der mutmaßliche Anschlag in München diese Diskussionen eine Woche vor der Bundestagswahl weiter verschärfen könnte.
So kündigte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) Konsequenzen an. "Wir reagieren bei jedem solchen Anschlag besonnen, aber ich sage Ihnen auch, dass unsere Entschlossenheit wächst. Es ist nicht der erste Fall, und wer weiß, was noch passiert", sagte Söder am Ort des Geschehens in der Innenstadt.
Neben der Aufarbeitung des Einzelfalls und der Anteilnahme müsse der Vorfall Konsequenzen nach sich ziehen, betonte Söder. "Wir können nicht von Anschlag zu Anschlag gehen und Betroffenheit zeigen (...), sondern müssen auch tatsächlich etwas ändern." Das betonte der Landesvater auch noch einmal auf X.
Auch Unions-Kanzlerkandidat
FDP-Chef
Ende Januar wurde im Bundestag über zwei Anträge der Union zur Verschärfung der Migration abgestimmt. SPD, Grüne und Linke stimmten den Plänen nicht zu und warfen Merz stattdessen vor, gegen EU- und Völkerrecht zu verstoßen. Dass die Union am Ende auf die Stimmen der AfD angewiesen war – und die Anträge trotzdem einbrachte, hat viele Politiker bei SPD, Linke und Grünen getroffen. Auch in Teilen der Bevölkerung kam dieses Vorgehen nicht gut an.
Scholz kündigt hartes Durchgreifen an
Bundeskanzler

"Deshalb muss ganz klar sein, dass die Justiz mit all ihren Möglichkeiten hart vorgeht gegen diesen Täter", sagte Scholz. "Wer Straftaten in Deutschland begeht, wird nicht nur hart bestraft und muss ins Gefängnis, sondern er muss auch damit rechnen, dass er seinen Aufenthalt in Deutschland nicht fortsetzen kann." Das gelte auch für Länder, in die Rückführungen schwierig seien.
Auch seine Parteifreundin, Innenministerin Nancy Faeser, forderte maximale Härte des Rechtsstaats. Die Bundesregierung habe die Gesetze zur Ausweisung von Gewalttätern und für mehr Abschiebungen "massiv verschärft", betonte Faeser. Jetzt müssten sie mit aller Konsequenz durchgesetzt werden. "Als einziger Staat in Europa schieben wir trotz der Taliban-Herrschaft wieder nach Afghanistan ab und werden das weiter tun."
Mutmaßlicher Täter konnte wohl nicht abgeschoben werden
Der junge Afghane sei laut dem bayrischen Innenminister Hermann als Schutzsuchender ins Land gekommen, sein Asylantrag sei aber "wohl" abgelehnt worden. Gleichzeitig sei festgestellt worden, "dass er eben im Moment nicht abgeschoben werden kann und er deshalb sich weiter in unserem Land aufhalten durfte". Mit Gewalttaten sei der junge Mann bislang nicht aufgefallen, wohl aber "mit Betäubungsmitteln und Ladendiebstählen".

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) warnt derweil vor einer Spaltung der demokratischen Gesellschaft. Am Rande eines Besuches in Paris sagte sie: Angesichts der Herausforderungen im Äußeren wie im Innern sei es umso wichtiger, "dass wir auch in unserem Land als Demokraten zusammenstehen. Dass wir uns nicht spalten lassen, weder von Rechtsextremisten noch von Islamisten, die unseren Rechtsstaat von innen herausfordern." Der Grüne Kanzlerkandidat Robert Habeck schreibt auf X außerdem: "Wichtig ist, dass die Hintergründe jetzt schnell aufgeklärt werden."
Auch die Vorsitzenden der Linken verweisen darauf, dass nicht die Herkunft des mutmaßlichen Täters entscheidend sei, "sondern seine Motivation und seine Tat". "Diese Gewalt greift unser Miteinander an. Jetzt ist die Zeit für Mitgefühl, Besonnenheit, klare Analyse der Hintergründe und die Unterstützung der Behörden bei der Aufklärung", stellen Ines Schwerdtner und Jan van Aken in einer Mitteilung klar.
Schreckenstat inmitten der heißen Wahlkampf-Endphase
Der mutmaßliche Anschlag von München, die 28 Verletzten, der Schrecken – all das trifft auf eine Zeit, die ohnehin sehr aufgeladen ist. Im heißen Endspurt eines Wahlkampfs, in dem sich die Beteiligten in den vergangenen Wochen gegenseitig schwere Vorwürfe gemacht haben. Der aufgeladen war und polarisierte. Und, in dem das Thema Migration seit einigen Wochen ganz oben steht.
Am Freitag startet in München die Sicherheitskonferenz, bei der neben zahlreichen Staatschefs und Regierungsmitgliedern auch die Trump-Administration erwartet wird. Inwiefern der Vorfall Auswirkungen auf das Treffen haben könnte, ist bislang unklar. (ras)
Verwendete Quellen
- Material der dpa
- X-Post von Markus Söder
- X-Post von Friedrich Merz
- X-Post von Christian Lindner
- X-Post von Robert Habeck
- Pressemitteilung der Linken