Die Bundesanwaltschaft zieht den Fall an sich, der Justizminister spricht von einem islamistischen Motiv. In der Politik deutet sich als mögliche Konsequenz eine härtere Gangart bei Abschiebungen an.
Nach der tödlichen Messerattacke von Mannheim mehren sich Forderungen nach strikteren Abschiebungen ausländischer Straftäter. Mehrere unionsregierte Bundesländer unterstützten den Vorschlag des Hamburger Innensenators Andy Grote (SPD), schwerkriminelle Ausländer künftig auch nach Afghanistan und Syrien abzuschieben.
Auch FDP-Fraktionschef
Buschmann: Klare Hinweise für islamistisches Motiv
Ein 25-jähriger Afghane hatte am Freitag bei einer islamkritischen Kundgebung auf dem Mannheimer Marktplatz ein Messer gezogen und sechs Männer verletzt, darunter ein Polizist. Der 29 Jahre alte Beamte erlag später seinen Verletzungen. Bundesjustizminister
Kurz zuvor hatte die Bundesanwaltschaft verkündet, sie gehe von einer religiösen Motivation des Täters aus, und die Ermittlungen an sich gezogen. Man gehe davon aus, dass der Mann islamkritischen Menschen ihr Recht auf freie Meinungsäußerung absprechen wollte, sagte eine Sprecherin.
Der Fall hat die Debatte über den Umgang mit Islamismus und ausländischen Straftätern befeuert. Bundeskanzler
Abschiebungen ins Taliban-regierte Afghanistan?
Bayerns Innenminister
Am Montag war ein Hamburger Vorstoß für die nächste Innenministerkonferenz (IMK) bekanntgeworden. Die Ministerrunde solle das Bundesinnenministerium bitten, die Sicherheitslage in Afghanistan und in der Region der syrischen Hauptstadt Damaskus neu zu bewerten. "Wir müssen einen Weg finden, für Straftäter, aber auch für Gefährder und islamistische Verfassungsfeinde, Abschiebungen nach Afghanistan wieder aufzunehmen", sagte Senator Grote.
"Zu spät, aber immerhin", sagte Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) dem RND dazu. "Wären Hamburg und die Bundes-SPD den Vorschlägen der unionsgeführten Länder wie Sachsen schon im letzten Jahr gefolgt, dann gäbe es Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien längst."
Innenministerium sieht schwierige Fragen
Aus dem Bundesinnenministerium hieß es, Ministerin
In Afghanistan hatten im Sommer 2021 die islamistischen Taliban die Macht zurückerobert. In Syrien hatte Machthaber Baschar Al-Assad 2011 Proteste brutal niedergeschlagen, der folgende Bürgerkrieg dauert bis heute an.
Der IMK-Vorsitzende, Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU), sagte dem RND: "Die Debatte, schwere Straftäter auch in Länder wie Afghanistan und Syrien abzuschieben, gibt es schon lange. Wenn wir jetzt zu einer Einigung in dieser Frage kommen, wäre das sehr zu begrüßen." Es müsse aber auch klar sein, "dass wir alleine mit Abschiebungen nicht alle Probleme lösen".
CDU-Generalsekretär fordert Aktionsplan
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann forderte in einem Gastbeitrag in der "Welt" einen Aktionsplan "Politischer Islam". Islamistische Organisationen seien zu verbieten, Kalifat-Forderungen strafrechtlich zu verfolgen. Und: "Wer in unser Land als Gast und Schutzsuchender kommt, sich aber nicht an unsere Rechtsordnung hält und unsere Werte mit Füßen tritt, hat sein Gastrecht verspielt."
Als Reaktion auf die Bluttat von Mannheim gibt es auch Forderungen nach Messerverboten an bestimmten Orten. "Besonders problematisch ist es dort, wo viele Menschen zusammenkommen – etwa in Zügen oder an Bahnhöfen", sagte die stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Andrea Lindholz (CSU) der "Rheinischen Post". Dort solle ein "zugriffsbereites Mitführen von Messern" verboten werden.
Die Anteilnahme am Tod des jungen Polizisten ist groß. In Mannheim versammelten sich am Montagabend laut Polizei 8.000 Menschen für eine Gedenkkundgebung. Auch Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) und Bundesministerin Faeser legten Blumen nieder.
Was ist bekannt über den Täter?
Der Angreifer hatte am Freitag fünf Teilnehmer einer Kundgebung der islamkritischen Bewegung Pax Europa sowie den Polizisten mit dem Messer verletzt. Ein anderer Beamter schoss ihn nieder, nach Angaben vom Montag war der Afghane bislang nicht vernehmungsfähig.
Der Mann kam nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur 2013 als Teenager nach Deutschland und stellte einen Asylantrag. Der Antrag wurde 2014 abgelehnt. Es wurde allerdings ein Abschiebeverbot verhängt, vermutlich wegen des jugendlichen Alters. Im hessischen Heppenheim wohnte der Täter zuletzt mit seiner Ehefrau und zwei Kleinkindern. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen war er vor der Tat weder als Straftäter noch als Extremist aufgefallen. (dpa/tas)
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