Ladies and Gentlemen, Start Your Engines! Deutschlands bekanntester Durchlauferhitzer für D-Promis ist zurück. Im Laufe von acht Staffeln "Promi Big Brother" wurden im zerebralen Nirvana der Resozialisierungsmaßnahmen für abgehalfterte D-Promis bereits etliche Karrieren endgültig begraben.

Eine Kolumne
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Einige wenige dagegen nahmen respektabel an Fahrt auf. Die von Evelyn Burdecki beispielsweise, die bis kurz vor ihrem Auftritt in der 2017er-Staffel noch unbehelligt in einem Düsseldorfer Supermarkt an der Kasse saß.

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Die Kasernierung einer inhomogenen Gruppe von Selbstdarstellern ist immer ein Nervenspiel. Massenpromihaltung auf kleinstem Raum trägt zuverlässig Zündstoff, Fremdscham- und Lästermaterial in unsere Wohnzimmer. So wird der Voyeurismus der Masse bedient, aber gleichzeitig eine angespannte Grundatmosphäre unter den Teilnehmern geschaffen. Zum Glück ist Julia Klöckner Bundesministerin für Landwirtschaft und nicht Programmdirektorin bei Sat.1, sonst würden die männlichen Kandidaten zusätzlich wahrscheinlich im ersten Spiel direkt ohne Betäubung durchkastriert.

Nach wenigen Minuten wird klar: Dieses Jahr hat Sat.1 noch mal ordentlich investiert und statt Kellerbruchbude ein original Nasa-Space-Center auf Wish bestellt. Sicher, es wäre günstiger gewesen, die Staffel einfach direkt auf einem Insolvenzgericht zu produzieren, aber man möchte der illustren Runde aus Entertainment-Wracks (und Zuschauern) ja auch was bieten.

Anders als Privatsender-Konkurrent RTL plant Sat.1 offenbar keine Verjüngungs- und Qualitätsoffensive. Und das, obwohl man quotenseitig in der Werberelevanten Zielgruppe zuletzt deutlich hinter ZDF, ARD, RTL und ProSieben rangierte. Inzwischen ist man sogar nur noch gleichauf mit VOX und wird demnächst womöglich sogar von RTLZWEI kassiert. Sat.1 ist damit quasi die SPD der TV-Sender.

Vor diesem Hintergrund hatten Branchen-Kenner auf ein neues Moderations-Duo aus Ikke Hüftgold und Bastian Pastewka spekuliert, der sich kürzlich drüben beim Schwestersender ProSieben als Moderationstalent präsentierte. Aber egal, bei #PromiBB stehen nicht Moderationskarten-Ableser im Vordergrund, sondern Kandidaten. Und bei denen erscheint es in der Class of 2021 beinahe verblüffend, dass sie trotz ihrer hauptberuflichen Tätigkeit als Trash-TV-Material bislang noch nie bei "Promi Big Brother" zugegen waren.

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D-Körbchen oder D-Promi?

Bei vergleichbaren Reality-TV-Formaten wird ja zumeist einfach Bastian Yotta auf einer Insel ausgesetzt und so lange die Kamera draufgehalten, bis er sexistischen Müll redet. Dann gehen dank der urdeutschen Neigung zum Empörungstourismus via Fernbedienung die Quoten umgehend durch die Decke.

Nach dem einen oder anderen Shitstorm-Fiasko ist man bei Sat.1 aber etwas vorsichtiger geworden. Bei #PromiBB ist daher eigentlich nur das Verschwörungstheoretiker-Nachwuchstalent Sonja Zietlow dabei. Als es dann endlich losgeht, wird bei genauem Hinsehen dann auch noch klar: Das ist gar nicht Sonja Zietlow, sondern Melanie Müller. Mit bloßem Auge ist da heute kein Unterschied mehr erkennbar.

Und als wäre dieses Ensemble der hochgeistigen TV-Elite nicht Grund genug, sich schon nach 10 Minuten trefflich in Kommentarspalten darüber zu echauffieren, dass das wohl aber jetzt wirklich die schlechteste #PromiBB-Staffel aller Zeiten wird, tritt Sat.1 auch noch nach und schickt David Hasselhoff auf die Bühne. Ein Erkenntnisgewinn ist dadurch nicht zu verzeichnen. Außer vielleicht, dass vermutlich selbst Andi Scheuer besser Playback singen kann als Hasselhoff. Das will was heißen, denn als Scheuer das letzte Mal etwas besser konnte als irgendwer anders, ist er noch mit der Trommel um den Weihnachtsbaum gelaufen.

Hasselhoff dagegen ist natürlich eine Ikone. Damals, noch weitestgehend ungeliftet, ersang er uns 1989 die Wiedervereinigung, heute erscheinen zumindest Marlene Lufen und Jochen Schropp, der in seiner an Highlights nicht armen #PromiBB-Hemden-Historie zum Auftakt dieser Staffel direkt mit einer epischen Variante voller Kaulquappen punktet.

Auf Kandidatenseite hagelt es ebenfalls Bonmots des guten Stils. Melanie Müller etwa stellt fest: "Man ist hier irgendwie eingesperrt." Das kommt natürlich überraschend bei einem Format, das die Boulevardmedien gerne "Promiknast" nennen. Das ist ein bisschen, wie kurz nach Mitternacht ins Oberbayern am Ballermann zu stolpern und verblüfft festzustellen: "Hier wird irgendwie Bier getrunken."

Bodyshaming für Anfänger

Zu Hause in Mannheim weint derweil Xavier Naidoo in seine Webcam, weil auf der #PromiBB-Raumstation so viel Alufolie verbaut wurde, dass man damit drei Jahre lang jede Querdenkerdemo ausstatten könnte. Lustiger ist dagegen Kandidat Eric Sinderman, der konsequent eine Krone trägt. Vermutlich kommt er direkt von seinem Kindergeburtstag bei Burger King. Neben ihm sitzt Matthias Mangiapane, der im Lockdown ein bisschen zu oft am Süßigkeitenregal vorbeigeschlichen ist.

Eine kurze Recherche zeigt allerdings: Das ist gar nicht Mangiapane, sondern Daniel Kreibich. Daniel wer? Ja, Sie fragen zurecht. Ein Mann, den niemand jemals als "Medium und Star-Hellseher" bezeichnen würde – außer halt Sat.1. Die Promidichte bei der VIP-Version des großen Bruders hat dieses Jahr stärker abgenommen als die Umfragewerte von Annalena Baerbock.

Damit der eine oder andere Kandidat noch schnell einige eigene Sätze loswerden kann, schickt Sat.1 Danni Büchner übrigens erst nach 52 Werbepausen ins All. Sie hat zwar kein so großes Talent für die Führung von gastronomischen Betrieben auf Mallorca, dafür weiß sie aber, wie man möglichst viel Sendezeit generiert: "75 Prozent der Deutschen kennen mich. Oder 90 Prozent."

Ja, Sie haben richtig gehört. Einmal so ein Selbstverständnis wie Danni Büchner haben. Andererseits: Die Chance, dass tatsächlich 9 von 10 Deutschen wissen, wer Danni Büchner ist, ist formalstatistisch noch geringer als die Chance, dass diese Kolumne von Til Schweiger unter dem Namen "KeinHirnHaben" verfilmt wird. Mit H.P. Baxxter als Melanie Müller, Heino Ferch als Jochen Schropp und Veronica Ferres als Marlene Lufen.

D-Promis im Weltall

Da sitzt sie nun also, die Besatzung der D-Star Trek "Unbekannt". Mit so einer Crew würde man es normalerweise nicht mal unfallfrei vom Big-Brother-Gelände bis zum 150 Meter entfernten Set von "Unter Uns" schaffen. Legendär wird es dann mit dem Einzug von Danny Liedtke. Lufen kündigt ihn als "Schauspieler aus Köln 50667" an. Da ist er also, der erste Lacher des Abends. Liedtke gibt sich dennoch selbstsicher und verrät: "Ich bin nicht nervös, ich bin nur aufgeregt." Morgen erläutert er dann den Unterschied zwischen "schlüssig" und "logisch".

Heute geht es aber erstmal um viel wichtigere Themen. Vollkommen durcheuphorisiert eröffnet er dem völlig perplexen Jochen Schropp, er habe einen Anal-Plug dabei und wäre "offen für alles". Haha. Offen für alles, Sie verstehen? Egal, weiter: Als nächste Kandidatin kommt Marie Lang. So viel vorab: Sie moderiert gar nicht "Punkt 12", sondern ist Kickbox-Weltmeisterin.

Ihr folgt "Geh aufs Ganze"-Kultmoderator Jörg Draeger. Der sieht auch 30 Jahre nach seiner Glanzzeit noch aus wie der Vater von Chris Töpperwien. Draeger komplettiert das Kandidaten-Ensemble und kämpft mit Melanie Müller, Heike Maurer, Mimi Gwozdz, Uwe Abel, Rafi Rachek, Daniel Kreibich, Eric Sindermann, Danni Büchner, Marie Lange, Ina Aogo und Danny Lietdke um die 100.000 Euro Siegprämie.

Als Sat.1 dann endlich in den Challenge-Modus wechselt, geht es im ersten Spiel direkt um den Umzug auf den üppig mit Annehmlichkeiten ausgestatteten Big Planet. Nach einer blamablen Duell-Leistung von Melanie und Eric gewinnen Rafi und Ina. Anschließend dürfen beide je einen weiteren Kandidaten benennen, der sie auf den Luxusplaneten begleiten darf. Rafi wählt Heike, weil sie etwas krank ist.

Ina wählt Mimi, weil sie im Klimaanlagen-Paradies der Raumkapsel sehr trockene Haut bekommen hat. Inas eigene Haut ist weiterhin in Top-Zustand. Danke an dieser Stelle an unsere gemeinsame Lieblingsärztin Dr. Emi Arpa. Mimis Freude währt allerdings nur für einen hektisch runtergespülten Rotwein und einen kurzen Blick in den Ossendorfer Nachthimmel. Traditionell wählen nämlich am ersten Abend die Zuschauer direkt wieder jemanden zurück in den Tristesse-Bereich. Ganz ohne Gesichtsbehandlung kehrt Mimi also postwendend wieder um.

Einen Favoriten kann ich nach diesen ersten knapp vier Stunden "Promi Big Brother" noch nicht benennen. Ginge es nach intellektuellem Fassungsvermögen, würde ich aktuell auf Jörg Dräger, Ina Aogo, Heike Maurer oder Marie Lang als Finalisten setzen. Alle anderen Astronauten haben sich in dieser Disziplin bislang eher als Fallobst inszeniert. Das ist aber nur eine Momentaufnahme. In den kommenden drei Wochen kann sich diese erste Spontan-Einschätzung selbstverständlich jederzeit noch als vollkommen falsch entpuppen. Darüber hinaus ist empirisch betrachtet der höhere IQ ohnehin nicht zwangsläufig ausschlaggebend, um am Ende bei "Promi Big Brother" als Sieger hervorzugehen. Ich bleibe für Sie dran. Täglich. Ich freue mich!

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