Beatrice Egli veröffentlicht am 14. August ihr neues Best-of-Album "Bunt". Auf der großen Bühne stehen, um die neuen Songs und die alten Hits ihren Fans zu präsentieren, kann die Schweizer Schlagersängerin derzeit aber nicht. Im Interview spricht die 32-Jährige über die Auswirkungen der Coronapandemie auf ihr Künstlerleben und die ganze Musikbranche sowie ihre Vorliebe für 80er Sound.
Beatrice Eglis neue Single "Bunt" hört sich nach den 80ern nach, nach Songs von
"Normalerweise würde ich jetzt auf der Bühne stehen und den Song performen", sagt
Ihr neues Album heißt "Bunt". Soll das ein Kontrast zu dem bisher recht düsteren Jahr 2020 sein?
Beatrice Egli: Ja, definitiv (lacht). So ist das auch entstanden. Nach gefühlt drei Wochen Ohnmacht und Schockstarre des Lockdowns und den Fragen, ob und wie es überhaupt weitergeht, habe ich mich in die Musikwelt verabschiedet.
Ich bin eingetaucht in die Musik. Und das kam dabei heraus, aus meiner eigenen Welt, die ich mir erschaffen habe. Auch wenn derzeit nicht alles so kunterbunt ist, gibt es noch Musik, die einen entführt und einem die Möglichkeit gibt, dahin zu flüchten. Das war mein Ziel.
Das Album und auch die Single "Bunt" sind inspiriert von den 80er Jahren. Mögen Sie den Style der 80er?
Ich finde es großartig (lacht)! Die Mode war schrill und laut, das mag ich. Das war auch eine Zeit, in der sich viel verändert hat. Das Frauenbild hat sich in den 80er Jahren stark gewandelt. Ich mag wie mutig die Frauen damals waren und welche Ausstrahlung sie hatten.
Auch die Männer mit ihren großen Oversize-Schultern, ich finde das toll (lacht). Ich habe das leider nicht miterlebt, aber so wirken die 80er auf mich. Und so haben sie mich inspiriert.
Der Song "Bunt" klingt nach 80er-Pop. Wer sind Ihre Lieblingskünstler von damals?
Weil ich deutsche Musik gerne mag, ist da Nena weit vorne. "99 Luftballons" habe ich ja auch selber schon gecovert. Sie steht für die 80er in Deutschland, für eine starke Frau. Generell, gar nicht bezogen auf die Künstler, hat es mir der Sound der 80er einfach angetan. Wenn man die Songs wieder hört, denkt man: Das ist schon geil gewesen (lacht)!
In dem Song gibt es die Zeile: "Meine Welt ist bunt." Ist das auch eine politische Aussage?
Klar, das ist nicht nur bezogen auf die Klamotten- oder Haarfarben, das ist auch eine kulturelle Aussage. Die Welt, in der wir alle leben, ist bunt. Es gibt so viele Facetten, wie es Menschen gibt. So soll es sein, das soll es auch aussagen.
Zurück ins Jahr 2020. Wie haben Sie die Corona-Zeit bisher erlebt?
Ich habe sie durchwachsen erlebt. Natürlich war es erstmal eine Schockstarre, ich musste mich neu orientieren. Ich habe dann die Zeit gefunden, mich der Musik hinzugeben. Ich habe auch viel Zeit für Familie und Freunde gehabt, da konnte ich neue Erlebnisse schaffen, die Herz und Seele guttun. Das habe ich definitiv vermisst. Ich wusste aber gar nicht, dass ich das vermisst habe. Weil ich schon gar nicht mehr wusste, wie es war.
Also war es ganz schön, auch mal mehr zu Hause in der Schweiz zu sein? Sie haben Songs auf 3 eingesungen…
Ich habe es genossen. Mini Schwiiz, mini Heimat. In all ihren Facetten. Ich habe zum ersten Mal auch auf Italienisch und Französisch gesungen, auch diese beiden Sprachen gehören zu meiner Heimat dazu. Es ist wundervoll für mich, unsere kleine Schweiz zu präsentieren mit allen ihren Sprachen.
Auf Instagram waren Sie kürzlich beim Bogenschießen zu sehen. Haben Sie in der Corona-Zeit ein neues Hobby gefunden?
Wir waren auf einer Hütte und ich habe dort versucht, mit dem Bogen zu schießen. Ich bin jemand, der gerne etwas ausprobiert. Aber ich kann sagen, dass ich nicht ins Schwarze getroffen habe (lacht). Danach hatte ich Muskelkater, das ist ganz schön anstrengend, den Bogen immer wieder zu spannen.
Ich bin auch immer wieder überrascht, was man alles noch nicht gemacht hat im Leben. Klettern habe ich auch ausprobiert, da war ich nicht so gut, wie ich dachte. Dafür war Corona sicher gut, um Dinge machen, die man lange nicht oder überhaupt noch nie gemacht hat.
"Bunt" ist ein "Best of Album". Warum ist gerade jetzt die Entscheidung gefallen, ein solches Album herauszubringen?
Das war schon sehr lange geplant. Seit die Tour geplant wurde, die im Februar beginnt. Was neu dazukam, war die Reise in die 80er. Mir war wichtig, dass sich die neuen Songs stark von den alten Songs abgrenzen. Dass man wirklich merkt, dass das neue Songs sind.
Deshalb dieser extreme Kontrast. Das ist, glaube ich, sehr gut gelungen. Auch wenn es Mut dafür gebraucht hat. Zur Single "Bunt" gab es große und lange Diskussionen, wie wir das machen und ob wir das machen. Aber ich bin froh, dass das ganze Team so mutig mitgezogen hat.
Dann sind Sie vermutlich schon sehr gespannt, wie die Fans auf den Song reagieren werden?
Ja, das ist immer ein sehr aufregender Moment. Normalerweise würde ich jetzt auf der Bühne stehen und den Song performen. Und dann kriegt man das Feedback gleich, wie sie mitsingen, lachen und tanzen (lacht). Das kriege ich jetzt leider nicht. Das fehlt mir sehr, die Konzerte, das Singen, das Live-Sein.
Ist Social Media derzeit noch wichtiger als sonst, um Kontakt zu den Fans zu halten?
Absolut. Das ist wahnsinnig wichtig. Ich merke, dass es viel Zeit dafür braucht, aber die nehme ich mir gerne. Es ist schön zu sehen, dass die Community wächst und wächst und wächst. Der Wunsch ist da, mein Leben zu teilen, gesehen und gehört zu werden. Das geht sehr gut auf den Social-Media-Kanälen.
Also ist der neue Song I.N.S.T.A., in dem es um eine leichte Instagram-Sucht geht, aus dem Leben gegriffen?
Ja, absolut (lacht). Ich habe noch nie so viele Herzchen verteilt, so viele Nachrichten gelesen und so viel Zeit auf Instagram verbracht. Der Song ist tatsächlich während dieser Zeit des Lockdowns entstanden.
Sie haben zuletzt immerhin einige kleinere Konzerte gegeben, vor einem sitzenden Publikum, das Abstand zueinander halten musste. Wie war diese Erfahrung?
Es ist tatsächlich schon ein bisschen komisch. Der größte Applaus für einen Künstler sind Standing Ovations. Das gibt es dann nicht. Das ist schon eine spezielle Atmosphäre, auch wenn die Leute im Auto sitzen müssen. Aber es ist immerhin besser als nichts. Und von daher ist es schön, dass es das gibt. Aber es ersetzt natürlich nicht das Konzertgefühl wie es vor Corona war und wie es sein kann. Die Dynamik, die dabei entsteht.
Also fehlt es Ihnen sehr schwer, auf die großen Auftritte zu verzichten?
Ja, das fällt mir sehr, sehr schwer. Und ich glaube, da spreche ich für alle Künstlerseelen auf dieser Erde. Sei es Ballett, die Rocker, die Hip-Hopper, die Breakdancer – da geht es uns allen gleich. Jeder Schauspieler vermisst die Bühne und das Leben davor.
Gerade kleinere Künstler sind oft auf die Konzerteinnahmen angewiesen. Sehen Sie die aktuelle Situation als eine Bedrohung für die ganze Musikbranche an?
Ja, klar. Das ist eine sehr große Bedrohung. Es ist ja nicht nur der Künstler, der vorne auf der Bühne steht. Es sind tausende Menschen, die dazu beitragen, dass man auf der Bühne stehen kann. Die Trucks, die mit den Bühnen vorfahren, mit Licht und Ton. Es sind ganz, ganz viele, tausende Menschen, die davon leben. Deshalb ist da großer Druck drauf. Die Lichter stehen auf dunkelrot derzeit in der Branche.
Ihre große "Best of Tour" durch Deutschland und Österreich soll im Februar 2021 beginnen. Sie sind zwar keine Virologin, aber sind Sie optimistisch, dass das klappen kann?
Ich bleibe eine Optimistin! Das ist das Einzige, was man sein kann. Wie es kommen wird, wird sich zeigen. Ich bleibe guter Hoffnung, denn wenn die Hoffnung nicht bleibt, wäre das nicht gesund für uns alle. Wir brauchen die Hoffnung, sie ist ein Gesundheitsmittel in der Krise, das wir uns bewahren sollten. Und das ich mir auch ganz stark persönlich bewahren möchte.
Was wünschen Sie sich für die nächsten Monate und das nächste Jahr?
Eigentlich wünsche ich mir nur zwei Dinge: Gesundheit und wieder auf die Bühne gehen zu können, um gemeinsam zu feiern und unvergessliche Momente erleben zu können.
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