Vor gut einem Jahr übernahm Thomas Tuchel das Traineramt beim FC Bayern München. Es zeigt sich in vielerlei Hinsicht, dass seine Herangehensweise beim deutschen Rekordmeister nie richtig funktioniert hat. Sogar der Marktwert vieler Spieler ging in den Keller.

Mehr News zum Thema Fußball

Es ist lange her, dass ein Trainer des FC Bayern München einer anderen Mannschaft zur Meisterschaft gratulierte. Rein rechnerisch wäre die zwölfte Meisterschaft in Serie zwar noch möglich - bei einem Rückstand von 13 Punkten auf Bayer Leverkusen allerdings kaum realisierbar. Also sagte Thomas Tuchel nach dem 0:2 gegen Borussia Dortmund: "Glückwunsch an Leverkusen."

Die Bilanz von Tuchel ist ernüchternd. Der FC Bayern bestritt unter ihm bislang 50 Pflichtspiele. Dabei gab es 32 Siege, sechs Unentschieden und zwölf Niederlagen. Wendet man in allen Wettbewerben die Drei-Punkte-Regel an, ergibt das einen Punkteschnitt von 2,04 Punkten. Zum Vergleich: Vorgänger Julian Nagelsmann kam auf 2,31 Punkte, Hansi Flick auf 2,53 Punkte, sogar Niko Kovac war mit 2,26 Zählern wesentlich besser.

Tuchel war zu oft ratlos

Die Sky-Expertin Julia Simic fasste das Problem zusammen: "Thomas Tuchel kann eine Mannschaft sicherlich gut einstellen und hat Ideen und Lösungsansätze, die auch immer wieder punktuell funktioniert haben, aber nicht über die Saison hinweg. Es waren zu viele Spiele dabei, wo er auch ratlos war."

Der frühere Bayern-Spieler und heutige Sky-Experte Lothar Matthäus erklärte im Exklusiv-Interview mit unserer Redaktion, warum es zwischen Trainer und Mannschaft nicht gepasst hat: "Er hat eine Mannschaft übernommen, die in den letzten zwölf Jahren sehr erfolgreich war und alles gewonnen hat. Aber Tuchel hat vieles infrage gestellt. Das kam in der Kabine nicht gut an. Es gab viele Diskussionen, die über die Medien ausgetragen wurden. Dadurch entstand eine Unruhe, die man nicht gebrauchen konnte."

Matthäus kritisiert fehlende Menschlichkeit von Tuchel

Nach der 0:2-Niederlage des FC Bayern gegen Dortmund fügte er hinzu: "Das Miteinander ist in dieser Saison nicht so rübergekommen. Man braucht beim FC Bayern wieder einen Trainer, der mit der Mannschaft vereint ist, der den Spieler mal in Arm nimmt, nette Worte sagt – das sehe ich bei Tuchel einfach nicht. Das hat man bei Hansi Flick gesehen, das hat mal bei Ottmar Hitzfeld gesehen, auch Julian Nagelsmann hat so etwas zu vielen Spielern gehabt."

Die negative Entwicklung wirkte sich auf die einzelnen Spieler aus. Der TV-Experte Didi Hamann sagte bereits im Januar bei "Sky90": "Er hat viele Spieler vergrault, den Marktwert von vielen Spielern halbiert oder gedrittelt."

Hohe Wertverluste bei Kimmich und Davies

Dies lässt sich in Zahlen ausdrücken. Laut dem Portal "transfermarkt.de" verlor Joshua Kimmich unter Tuchel 20 Millionen Euro an Marktwert (jetzt 60 Millionen Euro), Linksverteidiger Alphonso Davies zehn Millionen Euro (60 Millionen Euro). Auch Serge Gnabry ist 20 Millionen Euro weniger wert (45 Millionen Euro), Leon Goretzka sogar 35 Millionen Euro weniger (30 Millionen Euro).

Dass der Marktwert von dem 34-jährigen Thomas Müller um acht Millionen Euro sank (zehn Millionen Euro) und der von dem 38-jährigen Manuel Neuer um sieben Millionen Euro (fünf Millionen Euro), liegt zwar in deren Alter begründet. Dies macht allerdings nur einen kleinen Teil des Wertverlustes aus.

Insgesamt verlor der gesamte Bayern-Kader unter Tuchel 81,7 Millionen Euro an Wert (jetzt 929,45 Millionen Euro).

Nachfolger von Tuchel steht noch nicht fest

Nach dieser Saison endet die Amtszeit von Tuchel beim FC Bayern. Verein und Trainer hatten sich darauf geeinigt, die Zusammenarbeit ein Jahr vor Vertragsende zu beenden. Der Nachfolger steht noch nicht fest. Kimmich stellte nach der 0:2-Niederlage gegen Dortmund allerdings noch einmal klar, dass der Trainer nicht das Problem ist: "Es ist relativ egal, wer an der Seitenlinie steht. Wenn wir so eine Einstellung an den Tag legen, wird es gegen jeden Gegner schwer. Dann wird es auch gegen Heidenheim schwer und speziell in der Champions League."

Verwendete Quellen

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.