Lucas Hernández muss sich beim FC Bayern weiter hinten anstellen. Beginnt bald seine Zeit?

Steffen Meyer
Eine Kolumne

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Lucas Hernández wirkte gelöst nach dem Abpfiff der Bundesliga-Partie seines FC Bayern gegen Werder Bremen am Samstagnachmittag. Und das sicher nicht nur wegen des 3:1-Erfolgs. Hernandez durfte endlich einmal wieder von Anfang an ran. Und dann auch noch - erst zum zweiten Mal im Jahr 2021 - auf seiner Lieblingsposition in der Innenverteidigung. Und Hernández machte gegen Bremen das was er eigentlich immer macht, wenn Flick ihm die Chance gibt. Kompromisslose Zweikämpfe, gutes Stellungsspiel, solides Passspiel, ordentliche Arbeit. Das ist in einer Münchner Defensive, die in dieser Saison so viele Tore kassiert wie seit einem Jahrzehnt nicht mehr, viel Wert.

In wichtigen Spielen außen vor

Doch Hernández muss sich trotzdem seit Monaten vor allem in Geduld üben. Als Jerome Boateng in der Vorwoche gegen Dortmund angeschlagen vom Platz musste, brachte Flick nicht etwa den französischen Weltmeister, sondern den im Winter schon so gut wie verabschiedeten Javi Martinez. Flick vermeidet es wenn möglich mit zwei Linksfüßern in der Innenverteidigung zu agieren. Trotzdem war das schon ein bitteres Signal für den Ex-Madrilenen.

Dass Hernández verhältnismäßig bescheidene Einsatzzeiten auch im zweiten Jahr beim FC Bayern nicht längst zu einem größeren Thema in München geworden sind, verwundert. Hernandez ist schließlich nicht irgendein Spieler, sondern nach wie vor der teuerste Bundesliga-Einkauf der Geschichte. Und das mit einigem Abstand. 80 Millionen Euro überwiesen die Münchner im Sommer 2019 nach Madrid. Es ist sicher unfair, Spieler immer wieder an ihrer Ablösesumme zu messen, doch ausblenden kann man es bei dieser gewaltigen Summe auch nicht. Ein 80-Millionen-Mann als Rotationsspieler von der Bank? Das ist zu wenig.

Am Anfang waren es kleinere und größere Verletzungen, die es Hernández erschwerten, richtig Rhythmus aufzunehmen. Doch inzwischen ist der Franzose seit dem Sommer 2020 fast durchgehend fit. Verbessert hat sich seine Situation nur bedingt. Zudem musste er in seinen wettbewerbsübergreifend 17 Startelf-Einsätzen meist auf der Linksverteidiger-Position beginnen. Dort spielte er zwar auch für Frankreich bei der WM 2018, doch seine Stärken kommen bei einem offensiv ausgerichteten Klub wie Bayern eher in der Innenverteidigung zur Geltung.

Lob von Müller und Flick

Der 25-Jährige trägt selbst viel dazu bei, dass aus seiner Situation bisher kein Dauerthema in Medien und Mannschaft wurde. Kritische Töne gab es von ihm zumindest öffentlich so gut wie nicht. Er trainiert gut und intensiv und er genießt hohes Ansehen innerhalb der Mannschaft, wie nicht nur ein Instagram-Post von Thomas Müller nach dem 4:2-Sieg gegen Dortmund verriet. "Ein besonderer Dank geht an Lucas Hernández – was du jedes Mal für uns tust, wenn du ins Spiel kommst, ist besonders", schrieb Müller dort. Das erfahrene Bayern-Urgestein hat ein gutes Gespür dafür, was in der Mannschaft vorgeht und wann ein Spieler auch mal besondere Streicheleinheiten nötig hat.

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Hernández war gegen Dortmund erst in der Nachspielzeit ins Spiel gekommen, lief aber noch einen gefährlichen Angriff der Gäste an der Außenlinie ab. Auch Flick äußerte sich in den vergangenen Wochen trotz der geringen Einsatzzeit auffällig positiv über seinen Edelreservisten.

Gehören Hernández und Upamecano die Zukunft?

Neben seiner mannschaftsdienlichen Einstellung könnte es aber auch noch einen weiteren Grund geben, warum Hernández die Situation so ruhig und professionell annimmt. Er weiß, dass die Zeit für ihn spielt. David Alaba wird den Club im Sommer verlassen. Der linke Platz in der Innenverteidigung wird somit frei. Jerome Boatengs Zukunft ist noch etwas ungewiss. Selbst über Niklas Süle wird inzwischen deutlich wahrnehmbar diskutiert.

Mit Dayot Upamecano von RB Leipzig kommt im Sommer ein Hochkaräter dazu. Upamecano (22) und Hernández (25) - das könnte durchaus das Innenverteidiger-Duo der Zukunft in München werden. In Europa muss man sich damit nicht verstecken. Im Gegenteil. Viel bessere Duos sind auf dem Papier nicht zu finden. Egal ob in Madrid, Liverpool oder Mailand.

Und so macht Hernández in einer für ihn persönlich schwierigen Saison trotzdem alles richtig. Er stellt sich in den Dienst der Mannschaft. Er arbeitet und wartet geduldig auf seine Chance. Es spricht viel dafür, dass sich das spätestens nach dem Sommer auszahlen wird.

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