Jerome Boateng muss den Rekordmeister nach dem Saisonende wohl verlassen. Warum lassen die Münchner einen so verdienten Spieler einfach gehen?
Sportlich könnte es für den FC Bayern eigentlich derzeit kaum besser laufen. Doch rund um das Champions-League-Viertelfinale gegen Paris Saint-Germain sorgen mal wieder Personalspekulationen für Unruhe. Am Dienstag berichtete der "Kicker", was in der Branche ohnehin seit Wochen wie ein Faktum behandelt wird: Die Zeit von Jerome Boateng (32) in München soll im Sommer 2021 nach zehn Jahren enden.
Beschlossen haben soll das laut "Kicker" der Aufsichtsrat des Rekordmeisters. Eine offizielle Bestätigung steht noch aus. Ein Dementi gab es jedoch auch nicht. Trainer Hansi Flick äußerte sich am Dienstag in der Pressekonferenz vor der Partie gegen Paris genervt über die erneuten Personalspekulationen.
"Ich möchte nichts dazu sagen, ich weiß auch nicht, wie das an die Medien kommt. Aber jeder weiß, wie ich zu
Jerome Boateng: Stammspieler in zwei Triple-Saisons
Jerome Boateng ist für den FC Bayern nicht irgendein Spieler. Boateng ist ein wichtiger Teil der wohl erfolgreichsten Bayern-Generation aller Zeiten. Er gewann als Stammspieler zwei Mal das Triple und war neben
Boatengs Zeit in München ist von Höhen und Tiefen geprägt. Kaum einer wurde so oft infrage gestellt wie er. Am Anfang war er manchen zu wild und ungestüm. Als er sich zwischendurch demonstrativ genervt von seiner Reservistenrolle zeigte, sprachen ihm einige den Teamgeist ab. In letzter Zeit bemängelten viele seine fehlende Schnelligkeit. Irgendwie kämpfte er sich immer wieder zurück.
Auch wenn das fortgeschrittene Alter in der Tat ein wenig Leistungsvermögen kostete, gilt er mit seiner Mischung aus Schnelligkeit, Kopfballstärke und starkem Aufbauspiel bis heute als Prototyp des modernen Innenverteidigers. Vor allem Flick vertraute seinem Spieler, mit dem er im Jahr 2014 auch den WM-Titel mit der Nationalmannschaft gewann.
Man kann die Personalie deshalb nicht ganz trennen von einer weiteren Debatte, die den FC Bayern ebenfalls aktuell beschäftigt: die Zukunft von Hansi Flick. Dass der langjährige Co-Trainer von Jogi Löw die perfekte Lösung für den Job als Nationaltrainer wäre, liegt auf der Hand.
Flick wird sich genau ansehen, wie sich der Bayern-Kader für die kommende Saison entwickelt. Mit
Boateng würde neu formierter Defensive guttun
Sportlich wäre der Routinier Boateng eigentlich eine perfekte Ergänzung für ein im kommenden Jahr mit Dayot Upamecano, Lucas Hernandez, Niklas Süle und Tanguy Nianzou deutlich verändertes und verhältnismäßig unerfahrenes Innenverteidiger-Quartett. Zum Beispiel für zunächst ein weiteres Jahr.
Finanziell müsste Boateng dafür sicher zu Einschnitten bereit sein. Auch am FC Bayern geht die Coronakrise nicht spurlos vorbei und Boatengs laufender Vertrag wurde in einer Zeit geschlossen, als er in der Blüte seiner Schaffenskraft stand. Unüberwindbar wirkt das alles jedoch nicht. Wenn man denn wollen würde.
So bleibt ein fader Beigeschmack bei dem nun wohl besiegelten Schlussstrich unter Boatengs Zeit in München. Ungewohnt kühl kommen die Münchner in dieser Angelegenheit daher. Vor allem, wenn man nicht nur Boatengs Form in der jüngeren Vergangenheit, sondern auch seine Verdienste für den Club bedenkt.
Ins Bild passt, dass Ehrenpräsident und Aufsichtsratsmitglied Uli Hoeneß sich in seinem neuen Job als Experte für RTL vor wenigen Tagen gegen eine Teilnahme von Jerome Boateng bei der anstehenden EM aussprach. Ausgerechnet Hoeneß, der sich öffentlich immer hinter verdiente Spieler des FC Bayern gestellt hat.
"Ich kenne das von Bayern München, dass man seine Spieler immer unterstützt", sagte auch Hansi Flick jüngst dazu. Damit ist alles gesagt. Bayern-like ist der öffentliche Umgang mit einem verdienten Spieler wie Jerome Boateng jedenfalls nicht.
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