Jedes Jahr im Frühjahr hat der HSV seit dem Abstieg in die 2. Liga wichtige Punkte liegen lassen und damit den Aufstieg verpasst. Nach der 0:2-Niederlage am vergangenen Wochenende beim SC Paderborn scheint sich das HSV-Frühjahrsphänomen zu wiederholen.

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Seit nunmehr sieben Jahren spielt der Hamburger SV in der zweiten Bundesliga. Vor jeder Saison gibt die sportliche Leitung wieder das Saisonziel Aufstieg aus. Bis Ende Februar sah es meist auch ganz gut aus, bis auf die Saison 2021/22 war man zu diesem Zeitpunkt immer unter den Top 3 der Liga. Doch immer wenn der März begann und die Temperaturen wärmer wurden, verlor der HSV die entscheidenden Punkte. Auch in dieser Saison begann der März für die Hamburger mit einer 0:2-Niederlage beim SC Paderborn.

2018/19: Nur ein Sieg aus den letzten neun Spielen

In ihrer ersten Zweitliga-Saison gehen die Hanseaten unter Trainer Hannes Wolf als Tabellenzweiter in den März. Mit einem Sieg gegen Greuther Fürth und einem 4:0 im Stadtderby bei St. Pauli – dank Doppeltorschütze Pierre-Michel Lasogga – startet der Monat furios. Damit hat der HSV nach dem 25. Spieltag seinen Vorsprung auf den direkten Konkurrenten St. Pauli auf Platz vier auf sieben Punkte ausgebaut, Union Berlin auf Platz drei hat drei Punkte weniger. Nur Köln liegt noch einen Punkt vor dem HSV. Die Hoffnungen sind also groß, nach dem erstmaligen Abstieg gleich wieder aufzusteigen.

Doch von den letzten neun Spielen sollten die Hamburger nur eines gewinnen – 3:0 gegen den Tabellenletzten MSV Duisburg am 34. Spieltag. Zuvor setzt es Niederlagen gegen Darmstadt, Magdeburg, den späteren Absteiger Ingolstadt sowie die direkten Aufstiegskonkurrenten Union Berlin und Paderborn. Gegen Bochum, Zweitliga-Meister Köln und Aue spielt die Mannschaft nur Unentschieden. Nach dem 21. Spieltag haben die Hamburger bereits jeglichen Vorsprung auf die Nichtaufstiegsplätze verspielt und liegen nur noch auf Platz vier, der es auch am Ende sein wird. Mitentscheidend dafür ist eine 1:4-Niederlage in Paderborn am vorletzten Spieltag. Aufgrund der um mehr als 20 Tore schlechteren Tordifferenz hat Hamburg nach der Niederlage keine realistische Chance mehr, Paderborn - das seit dem 25. Spieltag zwölf Punkte Rückstand auf den HSV aufgeholt hat- und Union noch abzufangen. Letztlich fehlen zwei Punkte zum Aufstieg.

2019/20: Zwei Niederlagen an den letzten beiden Spieltagen

Mit dem neuen Trainer Dieter Hecking wird im folgenden Jahr der Aufstieg angepeilt. Aus Platz zwei zum Ende der Hinrunde, vier Punkte hinter Bielefeld und punktgleich mit Stuttgart, wird Ende Februar nach dem 23. Spieltag und einem 0:2 gegen St. Pauli Platz drei, drei Punkte hinter Stuttgart und sechs Punkte hinter Bielefeld. Trotz der für Hamburger Verhältnisse durchwachsenen Bilanz vertrauen die Verantwortlichen Hecking bis zum Saisonende. Drei Punkte beträgt zu diesem Zeitpunkt der Vorsprung auf Heidenheim auf Platz vier. Vor der fast dreimonatigen Zwangspause durch die Corona-Pandemie verliert der HSV im März mit 0:3 in Aue, gewinnt mit 2:1 gegen Regensburg und kann so seine Platzierung halten.

Mit neuer Energie, aber ohne Fans geht es Mitte Mai weiter. Hier verliert die Mannschaft zwar nur eines von vier Spielen, allerdings gegen den direkten Konkurrenten Stuttgart, der den HSV wieder vom erkämpften zweiten Platz verdrängt. Nach einer Niederlage gegen den späteren Absteiger Wiesbaden, einem Sieg gegen den Tabellenletzten Dresden und zwei Unentschieden gegen Kiel und Osnabrück trifft der HSV am 33. Spieltag als Tabellendritter im direkten Duell auf den Tabellenvierten Heidenheim.

Zwei Punkte trennen die beiden Mannschaften, mit einem Sieg könnte der HSV den dritten Platz sichern und Druck auf die zweitplatzierten Stuttgarter machen, die nur einen Punkt mehr haben. Doch der HSV verliert in Heidenheim mit 1:2 und rutscht auf Platz vier ab. Am letzten Spieltag besteht noch die Hoffnung auf den Relegationsplatz. Heidenheim muss beim bereits feststehenden Meister Bielefeld antreten, während Hamburg im Volkspark gegen Sandhausen spielt. Tatsächlich hat der HSV die Chance, mit einem Sieg an Heidenheim vorbeizuziehen, da diese zeitgleich in Bielefeld mit 0:3 verlieren. Doch der HSV wirkt nach der letzten Niederlage wie geschockt. Mit 1:5 geht das Team gegen Sandhausen unter, sogar Ex-Kapitän Dennis Diekmeier trifft gegen die Rothosen. Wieder bleibt nur Platz vier, diesmal fehlt ein Punkt auf den Relegationsplatz.

2020/21: Trainerwechsel ohne Erfolg

Wieder mit neuem Trainer (Daniel Thioune) und neuen Hoffnungen starten die Hamburger in der Saison 2020/21 ihren dritten Anlauf in Richtung Aufstieg. Als Tabellenerster Ende Februar nach dem 22. Spieltag scheint das Ziel in diesem Jahr tatsächlich greifbar, auch wenn die Verfolger Fürth, Bochum und Kiel punktgleich auf den Plätzen zwei, drei und vier liegen. Nach einem durchaus erfolgreichen März mit zwei Siegen und einem Unentschieden bei nur einer Niederlage gegen St. Pauli folgt jedoch ein siegloser April, der die Hamburger auf den dritten Platz zurückwirft, nun zehn Punkte hinter dem Ersten Bochum und vier Punkte hinter Fürth.

Aufgrund der schlechten Bilanz wird Trainer Daniel Thioune entlassen und Horst Hrubesch soll die Mannschaft an den letzten fünf Spieltagen wieder auf die Aufstiegsplätze führen. Doch durch den Lauf von Holstein Kiel, das noch einige Nachholspiele zu absolvieren hatte, rutscht der HSV bereits im ersten Spiel unter Hrubesch durch ein 1:1 in Regensburg auf den vierten Platz ab und kann diesen durch eine 2:3-Niederlage beim späteren Absteiger VfL Osnabrück am vorletzten Spieltag auch nicht mehr verlassen. Am Ende fehlen vier Punkte auf Holstein Kiel und den Relegationsplatz.

2021/22: Große Aufholjagd bleibt ungekrönt

Im Sommer 2021 übernimmt mit Tim Walter wieder ein neuer Trainer das Ruder an der Elbe. Mit den Bundesliga-Absteigern Schalke und Bremen sollte der Konkurrenzkampf um den Aufstieg allerdings so hart werden wie seit dem Abstieg nicht mehr. Ende Februar liegen die Hamburger nur auf Platz vier, jeweils drei Punkte hinter Schalke und St. Pauli und vier hinter Bremen. Gegen eben jene Bremer hatten die Hanseaten am 24. Spieltag zu Hause mit 2:3 verloren und waren dadurch vom zweiten auf den vierten Platz abgerutscht.

Es folgen im März eine Niederlage gegen Nürnberg und ein 1:1 in Düsseldorf. Mit zwei Niederlagen gegen Paderborn und Kiel und immerhin einem Sieg im Nachholspiel gegen Aue steht der HSV vor dem 30. Spieltag aber nur noch auf Platz sechs. Sieben Punkte fehlen zu diesem Zeitpunkt auf den Relegationsplatz, acht auf die direkten Aufstiegsplätze. Mit fünf zum Teil torreichen Siegen in Folge gegen Karlsruhe (3:0), in Regensburg (4:2), in Ingolstadt (4:0), gegen Hannover (2:1) und am letzten Spieltag trotz Rückstand in Rostock (2:3) können die Hamburger die punktgleichen Darmstädter aufgrund der besseren Tordifferenz noch abfangen und erreichen erstmals die Relegation. Diese geht trotz eines 1:0-Auswärtssieges im Hinspiel bei Hertha BSC nach einem 0:2 im Rückspiel knapp verloren. Drei Punkte fehlten zum direkten Aufstieg. Es ist bisher die einzige Saison, in der sich der HSV ab März in der Tabelle von der Platzierung her verbessert.

2022/23: Drama in den letzten Sekunden

Nach dem knapp verpassten Aufstieg darf Tim Walter als Trainer weitermachen. Als Tabellenzweiter Ende Februar scheint sich diese Entscheidung auszuzahlen. Nur Darmstadt hat vier Punkte mehr, Paderborn als Tabellenvierter bereits sechs Punkte Rückstand. Nach einigen erfolgreichen Spielen rutscht die Mannschaft am 27. Spieltag nach einer 0:2-Niederlage in Kaiserslautern auf Platz 3 ab, einen Punkt hinter Heidenheim. Der Vorsprung auf Platz vier bleibt mit sechs Punkten jedoch unverändert.

Aufgrund von Punktverlusten gegen Magdeburg (2:3) und Paderborn (1:1) kommt die Mannschaft nicht mehr an den zweitplatzierten Heidenheimern vorbei. Dennoch ist die Relegation bereits vor dem letzten Spieltag gesichert und der direkte Aufstieg bei einem Punkt Rückstand auf Heidenheim so greifbar wie noch nie seit dem Abstieg. Hamburg gewinnt sein Spiel in Sandhausen – und die Fans feiern bereits den Aufstieg, weil sie glauben, dass das Spiel der Heidenheimer in Regensburg bereits beim Stand von 2:2 abgepfiffen wurde. Tausende Fans stürmen den Platz in Sandhausen und merken nicht, dass das Spiel in Regensburg noch läuft. Tim Kleindienst trifft in der neunten Minute der Nachspielzeit zum 3:2 für Heidenheim. Die Männer von der Ostalb feiern ausgelassen, in Sandhausen schlägt die Euphorie in Trauer um. Hamburg muss zum zweiten Mal in Folge in die Relegation und scheitert deutlich (0:3, 1:3) an Stuttgart.

Voller Trauer sitzen die Fans des HSV am letzten Spieltag der Saison 2022/23 auf dem Rasen in Sandhausen. Sie hatten schon den Aufstieg des HSV gefeiert, als in Heidenheim doch noch das entscheidende Tor spät in der Nachspielzeit fiel. Heidenheim stieg auf, Hamburg musste in die Relegation und verlor dort deutlich gegen Stuttgart. © picture alliance/dpa/Uwe Anspach

2023/23: Deutlich wie nie gescheitert

Erneut darf Tim Walter die Hamburger an der Seitenlinie in die Saison führen. Als Tabellendritter geht das Team in den März. Tabellenführer St. Pauli scheint mit sieben Punkten Vorsprung schon fast enteilt, der Zweite Kiel hat jedoch nur einen Zähler Vorsprung. Der HSV liegt drei bzw. vier Punkte vor den Verfolgern. Trainer ist zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht mehr Tim Walter, den der Verein nach der 3:4-Heimniederlage gegen Hannover 96 Anfang Februar entlassen hatte. Nachdem Interimstrainer Merlin Polzin den HSV zu einem 2:2 in Rostock coachte, soll Steffen Baumgart den einstigen Bundesliga-Dino zurück in die erste Liga führen. Genau das ist dem Trainer mit dem SC Paderborn bereits 2019 gelungen.

Nach seinem Einstandssieg Ende Februar gegen Elversberg gelingen Baumgart in den folgenden sieben Spielen nur zwei Siege. Die Hamburger fallen auf den vierten Platz zurück, sechs Punkte hinter Düsseldorf, elf hinter St. Pauli und sogar zwölf hinter Tabellenführer Kiel. Vor allem die Niederlagen gegen die direkten Konkurrenten Düsseldorf (0:2) und im Volkspark gegen Kiel (0:1) wiegen schwer. Am 31. Spieltag meldet sich der HSV mit einem 4:0 in Braunschweig zurück. Der Rückstand auf den Tabellendritten Düsseldorf beträgt aber bereits vier Punkte, Kiel und St. Pauli sind – trotz des Sieges im Stadtderby am nächsten Spieltag – schon fast unerreichbar.

Am 33. Spieltag muss der HSV bei Baumgarts Ex-Klub Paderborn antreten. Düsseldorf spielt derweil beim Tabellenzweiten Kiel. Die Chance, bei einer Niederlage der Düsseldorfer wieder an den dritten Platz heranzurücken, wird nicht genutzt. Durch ein 0:1 in Paderborn und den gleichzeitigen Punktgewinn Düsseldorfs ist der Aufstieg für den HSV auch 2023/24 nicht mehr möglich. Mit fünf Punkten Rückstand und dem deutlich schlechteren Torverhältnis scheitern die Hamburger so deutlich wie noch nie.

2024/25: Gelingt im siebten Jahr endlich der Aufstieg?

Steffen Baumgart darf trotzdem bleiben, aber nicht lange. Bereits im November trennt sich der Verein nach einem 2:2 gegen Schalke vom Trainer. Die Mannschaft hatte gegen die abstiegsbedrohten Schalker eine 2:0-Führung verspielt und in der engen zweiten Liga den Sprung auf Platz drei verpasst. Wieder springt Merlin Polzin ein, diesmal dauerhaft. Er führt den HSV zum Ende der Hinrunde auf Platz drei und bis Ende Februar an die Tabellenspitze. Köln als Tabellenzweiter hat einen Punkt Rückstand, Kaiserslautern als Dritter drei und die punktgleichen Magdeburg, Düsseldorf und Paderborn vier.

Schafft der Hamburger SV im verflixten siebten Jahr endlich den Aufstieg? Schafft er es endlich, sein Frühjahrstrauma zu überwinden und nicht wieder in der Tabelle abzurutschen? Der Start macht wenig Hoffnung auf eine Wende. Am ersten Märzwochenende verlor die Mannschaft erneut gegen Paderborn (0:2). Zwar bleibt man Tabellenführer, aber die ersten sechs Mannschaften trennen nur drei Punkte. Noch nie in der Geschichte der zweiten Liga war es so spät in der Saison so eng. Umso größer ist in diesem Jahr die Gefahr, durch ein paar schlechte Spiele entscheidende Punkte liegen zu lassen.

In jedem seiner Zweitligajahre fehlten dem HSV nur wenige Punkte zum Aufstieg. Bisher verspielte die Mannschaft diese immer im Frühjahr. Nach der Niederlage gegen Paderborn spielt der HSV an den nächsten drei Spieltagen gegen die direkten Konkurrenten Düsseldorf, Magdeburg und Elversberg. Sollten hier erneut Punkte liegen gelassen werden, könnte der Aufstieg erneut nur ein Traum bleiben. Kann die Mannschaft diese Spiele jedoch erfolgreich gestalten, ist der Aufstieg für den seit dieser Saison Zweitliga-Dino vielleicht doch endlich möglich.