Die CSU gibt im Kampf gegen die Umsetzung der regierungsseitig beschlossenen Wahlrechtsreform nicht auf. Auf die Niederlage im Bundesrat reagiert das Land Bayern mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht und weiß sich dabei mit einer anderen Oppositionspartei ausnahmsweise im Einklang.

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Bayern klagt wie angekündigt gegen die umstrittene Wahlrechtsreform zur Verkleinerung des Bundestags. Das hat das Kabinett am Dienstag in München beschlossen.

Die neu geschaffenen Regeln verstießen gegen den Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit sowie gegen das Demokratie- und das Bundesstaatsprinzip, argumentierte Innenminister Joachim Herrmann von der CSU nach der Kabinettssitzung.

Bayerns Antrag scheitert im Bundesrat

Am 12. Mai hatte der Bundesrat die von SPD, Grünen und FDP forcierte Reform passieren lassen. Ein Antrag Bayerns, den Vermittlungsausschuss anzurufen, fand dort keine Mehrheit.

Mit der Reform soll die Zahl der Abgeordneten im momentan auf 736 Abgeordnete angewachsenen Bundestag auf 630 begrenzt werden. Erreicht werden soll das durch die Abschaffung der sogenannten Überhang- und Ausgleichsmandate sowie der sogenannten Grundmandatsklausel.

Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei über Erststimmen mehr Direktmandate gewinnt, als ihr Sitze nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen. Um das Kräfteverhältnis der Parteien nach Zweitstimmen wiederherzustellen, wurden diese Überhänge mit Ausgleichsmandaten aufgefüllt. Das hat den Bundestag immer weiter anwachsen lassen.

Gewonnene Direktmandate sollen künftig wegfallen

Kommt es künftig dazu, dass eine Partei mehr Direktmandate gewinnt, als ihr Sitze nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen, soll laut Wahlrechtsreform bei den Direktkandidaten von hinten weggekürzt werden: Diejenigen mit dem schwächsten Ergebnis bekommen keinen Sitz im Bundestag mehr, damit entfiele anschließend das Auffüllen mit Ausgleichsmandaten, um das Kräfteverhältnis wieder herzustellen.

Abgeschafft werden soll außerdem die sogenannte Grundmandatsklausel. Die ermöglicht es bisher Parteien, auch dann in der Stärke ihres Zweitstimmenergebnisses in den Bundestag einzuziehen, wenn sie unter der Fünf-Prozent-Hürde landen, aber mindestens drei Direktmandate gewinnen. Davon profitierte 2021 die Linkspartei. Die CSU kam 2021 auf 5,2 Prozent, gewann aber fast alle Direktmandate in Bayern.

Die CSU befürchtet ihr Bundestags-Aus

Würde die CSU unter die Fünf-Prozent-Marke rutschen, würde sie nach dem neuen Wahlrecht also aus dem Bundestag fliegen, egal wie viele Wahlkreise sie direkt gewinnt. Staatskanzleichef Florian Herrmann von der CSU kritisierte deshalb die Ampel-Parteien scharf: "Die Regierung schafft sich eine eigene Mehrheit durch Wahlrecht", sagte er. Herrmann präzisierte in einem Tweet: "Die Ampel will sich über das Wahlrecht Mehrheiten zur eigenen Machtsicherung basteln und benachteiligt dafür ganze Regionen. Das ist ein in der Verfassungsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland einmaliger Vorgang."

Am 15. Mai hatte bereits die CSU eine Verfassungsbeschwerde gegen die Reform beschlossen. Auch CDU und CSU im Bundestag wollen klagen.

Einigkeit zwischen der CSU und der Linkspartei

Auch ist die CSU-geführte Staatsregierung in dem Punkt mit der Linkspartei einig. "Das neu geschaffene Wahlrecht ignoriert den Wählerwillen und nimmt in Kauf, zwei anerkannte Oppositionsparteien aus dem Parlament zu drängen", hieß es in der Mitteilung der Staatskanzlei. "Das ist Machtmissbrauch und Wahlrechtsmanipulation." (dpa/hau)

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