Entfacht Donald Trump den nächsten Handelskrieg? Nach massiven Strafzöllen gegen China könnte der US-Präsident als nächstes die EU ins Visier nehmen. Die Folgen für Deutschland wären verheerend.
Die EU will mögliche US-Strafzölle auf europäische Autoimporte nicht widerstandslos hinnehmen. Die EU-Kommission kündigte für diesen Fall schnelle Vergeltungsschritte an. Die Reaktion werde "rasch und angemessen" sein, sagte ein Sprecher der Brüsseler Behörde am Montag. Die Bundesregierung setzt weiter auf eine Verhandlungslösung.
Das US-Handelsministerium hatte Präsident
Kanzlerin
Hält Trump Wort?
EU-Kommissionspräsident
Strafzölle würden Deutschland besonders treffen. Daher bemühe sich die Bundesregierung weiter um eine Lösung am Verhandlungstisch, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. "Das ist aus unserer Sicht der richtige Weg." Der Inhalt des Berichts aus dem US-Handelsministerium liege der Regierung noch nicht vor.
Wann genau die Einschätzung des Ministeriums offiziell verkündet wird, war zunächst offen. Vertritt das Ressort tatsächlich die Sicht, dass europäische Autos und Autoteile die nationale Sicherheit gefährden, könnte Trump binnen 90 Tagen entscheiden, ob er Sonderzölle erheben will. Der Präsident ist nicht an die Empfehlung des Ministeriums gebunden. Die Einschätzung in dem Bericht ebnet aber den Weg für mögliche Strafzölle. Und Trump hat sich in Handelskonflikten mit anderen Staaten, etwa mit China, als "Mann der Zölle" inszeniert.
Trump hat 90 Tage Zeit
Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn sagte am Montag in Brüssel, Trump habe nun 90 Tage Zeit, "um zu zeigen, dass er doch nicht so in Zölle verknallt ist und überlegt, was die Konsequenzen sein werden".
Zuletzt waren Sonderzölle in Höhe von 25 Prozent im Gespräch. Trump will dadurch das US-Handelsdefizit abbauen und Jobs in den USA schaffen. Doch auch in den USA ist der Plan umstritten und nicht ohne Risiko. Experten warnen, höhere Zölle könnten die Verkaufszahlen in den USA bremsen und damit letztlich auch Jobs gefährden. Die US-Autoteile-Industrie mahnt, Sonderzölle seien eine zusätzliche Belastung für amerikanische Firmen und Verbraucher. Auch aus dem US-Kongress kommt Kritik in diese Richtung.
Unverständnis bei Merkel
Vor allem aber in der EU und in Deutschland stoßen die Überlegungen auf Unverständnis. Merkel hatte am Wochenende bei der Münchner Sicherheitskonferenz gesagt, die Einschätzung, zu der das US-Handelsministerium offensichtlich gekommen sei, sei für Deutschland erschreckend. Sie verstehe nicht, wie die USA deutsche Autos als Gefahr für die nationale Sicherheit einstufen könnten.
Bayerns Ministerpräsident
Trump und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hatten im vergangenen Jahr in Washington vereinbart, am Abbau von Industriezöllen zu arbeiten. Zudem solle auf Maßnahmen verzichtet werden, die dieser Absicht zuwiderliefen.
Strafzölle für Tesla?
Um vorbereitet zu sein, hat die EU-Kommission bereits eine Liste mit US-Produkten erstellt, auf die Vergeltungszölle verhängt werden könnten. Auf ihr sollen zum Beispiel Elektroautos stehen, so dass unter anderem der bekannte US-Hersteller Tesla betroffen wäre.
Den Wert europäischer Auto- und Autoteilexporte in die USA bezifferte die EU-Kommission zuletzt auf mehr als 50 Milliarden Euro pro Jahr. Der Umfang der Ausgleichsmaßnahmen würde sich nach den entstehenden Schäden richten und im Einklang mit den WTO-Regeln berechnet werden. Denkbar ist demnach, dass im ersten Schritt Ausgleichszölle auf US-Waren im Wert von rund 20 Milliarden Euro verhängt würden.
ifo Institut befürchtet Horrorszenario
Besonders gefährlich wären US-Strafzölle für deutsche Autohersteller. Die USA sind insgesamt weiterhin wichtigster Einzelmarkt für Deutschlands Exporteure. Gefragt sind im Ausland vor allem Maschinen und Kraftfahrzeuge aus deutscher Produktion. Im vergangenen Jahr lag der Wert allein der Pkw-Exporte aus Deutschland in die USA bei gut 18,6 Milliarden Euro, wie es vom Statistischen Bundesamt hieß. Doch die Zolldrohung trübt die Aussichten: Sollten die USA die Importzölle dauerhaft um 25 Prozent erhöhen, könnten sich deutsche Autoexporte in die USA langfristig fast halbieren, berechnete das ifo Institut.
Der Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer hält dagegen die Wirkung möglicher US-Zölle für überbewertet. "USA war gestern", sagte Dudenhöffer dem "Mannheimer Morgen" (Montag). Mittlerweile sei ohnehin China das wichtigste Land für deutsche Autobauer.
Begründung der USA nicht nachvollziehbar
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) äußerte sich unterdessen besorgt und verwies auch auf die Bedeutung deutscher Hersteller für den amerikanischen Arbeitsmarkt. In den Werken der deutschen Autobauer und deren Zulieferer seien aktuellen Angaben zufolge 118.000 Menschen beschäftigt. Eine Einstufung europäischer Autos als Bedrohung der nationalen Sicherheit in den USA sei nicht nachvollziehbar, klagte der Verband.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) mahnte ebenfalls, Auto-Importe gefährdeten keineswegs die nationale Sicherheit der USA. BDI-Präsident Dieter Kempf rief Trump dazu auf, von Strafzöllen abzusehen. Er forderte auch, die US-Regierung solle ihren Bericht dazu nun zügig veröffentlichen, "um die Unsicherheit der Unternehmen nicht noch weiter zu vergrößern". (mss/dpa)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.