• Russlands Präsident Wladimir Putin sendet nach seinem Treffen mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz versöhnliche Signale im Konflikt um die Ukraine.
  • Auch Olaf Scholz zeigt sich optimistisch.
  • "Es ist unsere verdammte Pflicht und Aufgabe, als Staats- und Regierungschefs zu verhindern, dass es in Europa zu einer kriegerischen Eskalation kommt", sagt der Kanzler in Moskau.

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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sieht im Ukraine-Konflikt noch deutlichen Spielraum für Verhandlungen. "Die diplomatischen Möglichkeiten sind bei weitem nicht ausgeschöpft. Jetzt muss es darum gehen, entschlossen und mutig an einer friedlichen Auflösung dieser Krise zu arbeiten", sagte er am Dienstag in Moskau bei einer Pressekonferenz mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.

"Dass wir jetzt hören, dass einzelne Truppen abgezogen werden, ist jedenfalls ein gutes Zeichen." Er hoffe, dass ein weiterer Truppenabzug folge. "Wir sind bereit, gemeinsam mit allen Partnern und Verbündeten in der EU und der Nato und mit Russland über ganz konkrete Schritte zur Verbesserung der gegenseitigen oder noch besser der gemeinsamen Sicherheit zu reden."

Sanktionen liegen als Drohung weiter auf dem Tisch

Olaf Scholz zeigte sich insgesamt zuversichtlich, dass der Konflikt friedlich beizulegen sei. "So schwierig und ernst die derzeitige Lage auch scheint - ich weigere mich, sie als aussichtslos zu beschreiben", sagte er. "Es ist unsere verdammte Pflicht und Aufgabe, als Staats- und Regierungschefs zu verhindern, dass es in Europa zu einer kriegerischen Eskalation kommt."

Gleichzeitig drohte er erneut mit weitreichenden Konsequenzen bei einem militärischen Vorgehen Russlands gegen die Ukraine. "Wir jedenfalls wissen, was dann zu tun ist", betonte er. "Und mein Eindruck ist, dass das auch alle anderen ganz genau wissen." Zur Rolle von Nord Stream 2 in dem Konflikt sagte Scholz: "Was die Pipeline selber betrifft, wissen alle, was los ist."

Man habe sich verpflichtet, sicherzustellen, dass der Gastransit in Europa funktioniere: "über die Ukraine, über Belarus und Polen, mit Nord Stream 1, insgesamt entsprechend der Vereinbarungen, die wir haben", sagte Scholz. "Und dafür werden wir auch Sorge tragen."

Putin zeigt sich offen für Verhandlungen

Russlands Präsident bestritt erneut, dass der Kreml in der Ukraine-Krise einen Krieg anstrebt. "Wollen wir das oder nicht? Nein, natürlich nicht", sagte er nach seinem Treffen mit Scholz. "Genau deshalb haben wir Vorschläge für einen Verhandlungsprozess unterbreitet."

Er bekundete seine Bereitschaft, mit dem Westen weiter in Fragen der europäischen Sicherheit zusammenzuarbeiten. "Wir sind bereit zu dieser gemeinsamen Arbeit auch in der Zukunft", sagte der Kreml-Chef. "Wir sind auch bereit, den Weg der Verhandlungen zu gehen." Die beiden Politiker berieten in Moskau mehrere Stunden über den Ukraine-Konflikt.

Dialogbereitschaft zeigte Putin auch beim Thema Deutsche Welle: Bei seinem Gespräch mit Scholz sei vereinbart worden, "dass wir uns Gedanken machen, wie das Problem gelöst werden kann". Er wolle keine Details nennen, um die Situation nicht zu verkomplizieren.

Das Büro des deutschen Fernsehsenders in Moskau war vor zwei Wochen geschlossen worden, nachdem Russland am Tag zuvor ein Sendeverbot erteilt hatte. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mussten ihre Akkreditierungen abgeben.

Truppenabzug - und neue Verstimmungen

Vor dem Beginn des Gesprächs hatte Moskau erklärt, mit dem Abzug erster Truppen im Süden und Westen des Landes beginnen zu wollen. Zugleich gab es neue Verstimmungen wegen einer Resolution des russischen Parlaments über eine mögliche Anerkennung der von prorussischen Separatisten kontrollierten ostukrainischen Gebiete Donezk und Luhansk als "Volksrepubliken".

Nach beendeten Manövern sollten erste Soldaten noch am Dienstag in ihre ständigen Stützpunkte zurückkehren, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow. Andere Manöver liefen aber weiter - auch im Nachbarland Belarus. Konaschenkow betonte, dass Russland einen "Komplex von großangelegten Maßnahmen zur operativen Ausbildung von Truppen und Streitkräften" fortsetze.

Olaf Scholz

Nach Landung in Moskau: Scholz lehnt russischen PCR-Test ab

Bundeskanzler Olaf Scholz hat es abgelehnt, sich vor seinem Treffen mit Präsident Wladimir Putin von russischer Seite auf Corona testen zu lassen.

Zeichen möglicher Entspannung

Dennoch wurde das Vorgehen als möglicher Schritt der Entspannung gewertet. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, schrieb im sozialen Netzwerk Telegram: "Der 15. Februar 2022 wird als Tag des Sсheiterns der westlichen Kriegspropaganda in die Geschichte eingehen." Der Westen habe sich blamiert. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba hingegen meinte: "Erst wenn wir einen Abzug sehen, dann glauben wir an eine Deeskalation." Zugleich betonte er, Russland sei von einer Eskalation der Lage abgehalten worden.

Die USA und Europa hatten auf die russischen Manöver äußerst besorgt reagiert. Die USA befürchten, dass die Truppenbewegungen sowie ein Aufmarsch Zehntausender Soldaten entlang der ukrainischen Grenze der Vorbereitung eines Krieges dienen. Russland weist das zurück.

Scholz macht seinen PCR-Test im Flugzeug

Vor seinem Besuch lehnte Scholz es ab, sich von russischer Seite auf Corona testen zu lassen. Stattdessen entschied sich der SPD-Politiker dafür, den für den Zutritt zum Kreml erforderlichen PCR-Test nach seiner Landung in Moskau von einer Ärztin der deutschen Botschaft vornehmen zu lassen. Die russischen Gesundheitsbehörden seien eingeladen worden, bei dem Test dabei zu sein, hieß es aus dem Umfeld des Kanzlers. Ein Testgerät sei aus Deutschland mitgeführt worden.

Kremlsprecher Dmitri Peskow meinte, dass die Ablehnung des Tests keine Auswirkung habe auf die Gespräche im Kreml. Es gehe um reine Vorsichtsmaßnahmen, der Abstand zwischen Putin und Scholz sei deshalb größer als sonst üblich. "Aber das beeinflusst weder den Charakter des Treffens noch die Inhalte oder die Dauer", sagte Peskow.

Scholz nahm gegenüber Putin deshalb am anderen Ende eines sechs Meter langen, weißen Tisches Platz, ebenso wie vor wenigen Tagen bereits der französische Präsident Emmanuel Macron. Auch Macron hatte bei seinem Besuch in Moskau einen russischen PCR-Test abgelehnt. (dpa/afp/fab)

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