Wilders? Le Pen? Meloni? Nach dem Wahlsieg bieten sich für die konservative EVP reihenweise fragwürdige Koalitionsoptionen. Danach befragt, reagierte EVP-Chef Manfred Weber bei "Markus Lanz" dünnhäutig.

Eine Kritik
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Das Mitte-Rechts-Bündnis EVP hat bei der Europawahl deutlich gewonnen. Bei "Markus Lanz" äußerte sich EVP-Chef Manfred Weber nun zu den möglichen Koalitionsbündnissen. Dabei geriet er jedoch in Bedrängnis, als Lanz genau wissen wollte, wo für ihn die sogenannte Brandmauer gegen rechts verlaufen werde.

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Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Die Europawahl war vor allem für die Ampel-Parteien ein heftiger Dämpfer. Das konservative Bündnis EVP wird hingegen erneut die stärkste Kraft im Europäischen Parlament sein. Damit kann auch CDU-Politikerin Ursula von der Leyen auf eine zweite Amtszeit als EU-Kommissionspräsidentin hoffen. Markus Lanz blickte in dem Zusammenhang auf den allgemeinen Rechtsruck in Europa sowie eine mögliche Zusammenarbeit mit rechtspopulistischen Amtsträgern wie Geert Wilders und Giorgia Meloni.

Das sind die Gäste

  • Manfred Weber, CSU-Politiker und EVP-Chef: "Wir sind die Brandmauer gegen alle rechten Populisten."
  • Ulrike Herrmann, Journalistin: "Meloni ist schon sehr weit rechts."
  • Herfried Münkler, Politologe: "Der eigentliche Sieger dieser Wahl ist Putin."
  • Ulf Röller, ZDF-Korrespondent: "Scholz und Macron sind sich menschlich fremd."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Drei Tage nach der Europawahl zeigte sich EVP-Chef Manfred Weber selbstbewusst und erklärte bei "Markus Lanz", dass bei ihm "die Freude" nach dem deutlichen Sieg der Europäischen Volkspartei überwiege. Lanz würgte seinen Gast jedoch ab und stellte klar: "Mehr Loblied gibt's jetzt nicht. Das ist vorbei." Der ZDF-Moderator wollte stattdessen von Weber wissen, wie er die überraschende Entscheidung von Emmanuel Macron sehe, in Frankreich Neuwahlen auszurufen.

Der EVP-Chef sagte zwar zunächst, dass er nach wie vor "an ein demokratisches Europa" glaube. Er ergänzte jedoch: "Macron zeigt zurzeit, dass offensichtlich sein Politikansatz nicht ankommt." Eine Steilvorlage für Lanz, der fragte, ob sich Manfred Weber heimlich freue, "dass er jetzt so abgestraft worden ist". Der Politiker antwortete nüchtern: "Ich habe das immer als abgehobene Politik empfunden von Macron." Er schätze ihn hingegen "sehr als überzeugten Europäer". Laut des EVP-Chefs habe Frankreichs Präsident aber "die Menschen verloren mit seiner Politik". Als Lanz nach einem konkreten Beispiel fragte, erklärte Weber: "Es ist eine Eliten-Politik. Es ist keine geerdete Politik."

Mit Blick auf den Rechtsruck in Europa ergänzte er nachdenklich: "Dieser linksliberale Ansatz, der führt dazu, dass Rechtspopulisten extrem stark werden." Journalistin Ulrike Herrmann wollte dem nicht zustimmen und sagte: "In Bayern sind die Rechtspopulisten auch sehr stark. Also Sie haben eine sehr starke AfD bekommen nach der Bayern-Wahl und Sie haben die Freien Wähler, die man auch als rechtspopulistisch einschätzen könnte." Laut Herrmann sei dadurch deutlich geworden, dass auch die CSU nicht "besonders erfolgreich ist, wenn es darum geht, rechtspopulistische Tendenzen einzudämmen".

Ein Vorwurf, den Manfred Weber von sich wies: "Die AfD ist in Bayern geringer als im Bundesschnitt." Er kritisierte zudem Ulrike Herrmanns Versuch, "die Freien Wähler jetzt als rechtspopulistisch in die gleiche Ecke wie die AfD" zu stellen. Laut Weber seien die Freien Wähler "eine demokratische Partei, die im bayerischen Landtag gewählt ist". "Wenn wir jetzt anfangen, dass wir die Freien Wähler, vielleicht sogar Teile der CSU (...) gleich in eine rechtspopulistische Ecke stellen, dann sage ich Ihnen, tun wir der AfD einen Riesen-Gefallen!", sagte der EVP-Chef aufgebracht. Weber plädierte daher für "die Kraft zur Differenzierung" und warnte davor, dass "wir die Sorgen der Menschen nicht mehr adressieren in der Politik. Wir haben das Migrationsthema zu lange unterschätzt".

Das ist das Rede-Duell des Abends

Bei "Markus Lanz" bekräftigte Manfred Weber auch seinen Anspruch, mit Ursula von der Leyen die neue Kommissionspräsidentin zu stellen. Grund genug für Lanz, die vorab ausgerufene Brandmauer näher zu beleuchten. "Die Wahl zur EU-Kommissionspräsidentin würden Sie unterstützen, mit Stimmen von Le Pen?", fragte Lanz. Weber antwortete darauf mit "Nein". Lanz hakte weiter nach: "Mit Stimmen von Wilders aus den Niederlanden?" Eine Frage, auf die Weber plötzlich ausweichend reagierte: "Ich kann Ihnen beschreiben, was die Brandmauer ist bei uns."

Als der ZDF-Moderator mit "Nein, ich würde das nur gerne wissen" konterte, stellte Weber genervt klar: "Herr Lanz, das ist eine geheime Abstimmung. Wir wissen gar nicht, wer für was stimmt." Lanz ließ sich davon jedoch nicht ablenken und stellte fest: "Es war ja beim letzten Mal schon sehr knapp. Da ging es um neun Stimmen." Der ZDF-Moderator formulierte deshalb seine Frage erneut und sagte: "Ich will nur wissen, wo genau diese Brandmauer verläuft." Weber antwortete zunächst nachdenklich: "Wir wollen beide hoffentlich ein Europa der Mitte. Der Demokraten, die für Europa stehen." Dann wurde der EVP-Chef etwas konkreter, als er sagte: "Die Brandmauer steht bei uns klar an der Fragestellung, wer pro-Europa ist, wer pro-Ukraine ist."

Eine Steilvorlage für Lanz, der wissen wollte, ob dies als "Nein" für "Le Pen und ihre Leute" zu werten sei. Weber nickte: "Natürlich! Le Pen - nein!" Lanz fragte weiter: "Wilders - nein?" Weber bezog auch hier Stellung: "Ein Wilders ist einer, der islamophob ist, (...) deswegen kein Partner, mit dem ich Gespräche führe." Als der Moderator nach Italiens Giorgia Meloni fragte, sagte Weber ähnlich klar: "Wir werden keine direkten Gespräche mit Meloni jetzt führen." Eine Aussage, die Lanz jedoch nicht zufriedenstellte. Er wollte wissen, ob Weber die Stimmen trotzdem notfalls nehmen würde, "wenn's eng wird".

Der CSU-Politiker reagierte nun sichtbar gereizt: "Herr Lanz, darf ich mal die Frage stellen, um was es bei diesen taktischen Fragen geht?" Der Moderator wehrte sich: "Das ist keine taktische Frage!" Daraufhin stellte Weber klar: "Was die Menschen da draußen interessiert, ist die Migrationsfrage." Der EVP-Chef weiter: "Ich werde inhaltlich, wenn wir gemeinsame Wege finden, auch mit konservativen Kräften in Europa - natürlich genauso wie mit den Grünen - ins Gespräch gehen und versuchen, Lösungen zu erarbeiten."

Grund genug für Lanz, zu fragen, ob auch eine Zusammenarbeit mit der FPÖ möglich wäre. Dies dementierte Weber, "weil sie aus Russland finanziert ist und eindeutig sagt, wir müssen die Ukraine fallen lassen". Über eine Zusammenarbeit mit der AfD sagte er abschließend ähnlich streng: "Das sind für uns (...) politische Gegner, Feinde. Sie wollen das Europa, für das wir stehen, zerstören. Und da gibt's keine Gespräche, keine Zusammenarbeit."

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz forderte in seiner Sendung vor allem den EVP-Chef Manfred Weber immer wieder heraus. Nicht nur die Europawahl, sondern auch die Union-geführte Kampagne gegen das Verbrenner-Aus sorgte dabei für hitzige Debatten. Als Lanz der CDU/CSU unterstellte, diese nur aus wahltaktischen Gründen lanciert zu haben, platzte es aus Weber heraus: "Zu unterstellen, wir würden damit Populismus betreiben. Das ist nicht fair, das ist nicht korrekt!"

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Der offensichtliche Rechtsruck in Europa hat bei "Markus Lanz" zu Meinungsverschiedenheiten geführt. Während Manfred Weber erklärte, dass Italiens Giorgia Meloni bei Themen wie dem Migrationspakt durchaus gezeigt habe, dass sie an einem "europäischen Kompromiss" interessiert sei, erinnerte Ulrike Herrmann daran, dass Meloni "wirklich problematisch" und "sehr weit rechts" sei.

Dennoch machte die Journalistin deutlich, dass sie Webers Anspruch verstehe, im Sinne für Europa Gesprächsangebote zu unterbreiten. "Da muss man tatsächlich einen pragmatischen Weg finden", konzedierte Herrmann in Bezug auf die sogenannten Brandmauern. Weber stimmte zwar zu, sagte jedoch, dass es mit Blick auf Frankreich anders aussehe, denn keiner könne laut des EVP-Chefs abschätzen, was ein Sieg von Le Pen für Europa bedeuten würde. Manfred Weber: "Wir leben leider in einer neuen Welt."  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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