• Im November moderierte Frank Plasberg seine letzte Sendung bei "Hart aber fair" und übergab den Staffelstab nach der Winterpause nun an Louis Klamroth - TV-Journalist, Schauspieler und Partner von Klimaaktivistin Luisa Neubauer.
  • Der feierte sein Debüt mit dem Thema Preissteigerungen und Entlastungsmaßnahmen.
  • Sein Auftritt war solide, aber eine Lektion wird Klamroth lernen müssen.
Eine Kritik
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Frank Plasberg hat nach 22 Jahren im Alter von 65 Jahren die "Hart aber fair"-Bühne freigemacht. Nachfolger: Schauspieler und Moderator Louis Klamroth. Die Messlatte hat sein Vorgänger hochgelegt. Konnte der 33-Jährige, der mit der Klima-Aktivistin Luisa Neubauer in einer Beziehung ist, überzeugen?

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Das ist das Thema bei "Hart aber fair"

Neues Jahr, altes Thema: Preise auf Rekordniveau prägen das Bild in Supermärkten, Tankstellen und bei Energieversorgern. "Wann hat das ein Ende?", wollte der neue "Hart aber fair"-Moderator Louis Klamroth von seinen Gästen wissen. Mit ihnen diskutierte er die Hilfen vom Staat, die Performance der Bundesregierung sowie die Frage: "Ein Land wird ärmer, wer zahlt die Krisenrechnung?"

Das sind die Gäste

  • Lars Klingbeil (SPD): "Die Unsicherheit ist nach wie vor da", gab der SPD-Bundesvorsitzende zu und schwor die Bürgerinnen und Bürger ein: "Zwei weitere harte Jahre stehen bevor". Es gäbe aber nun keine Ausrede mehr, warum viele Sachen so lange dauern würden. Viel Positives sei schon auf den Weg gebracht worden. "Ja es ist kompliziert, ja manchmal blickt man nicht durch, aber am Ende ist entscheidend: wir machen diese Maßnahmen", lobte er die eigenen Hilfspakete.
  • Jens Spahn (CDU): Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende übte Kritik an der Ampel-Koalition und sprach von einem "Wirrwar von Maßnahmen", die mit viel Streit verbunden seien. "In einer der größten Wirtschaftskrisen streiten der Finanz- und der Wirtschaftsminister seit Monaten jeden Tag. Wie soll da Vertrauen entstehen? ", merkte er an. Aus seiner Sicht würden Entscheidungen laufend zu spät getroffen.
  • Prof. Dr. Monika Schnitzer: "Die unteren Einkommensgruppen sind doppelt so stark belastet wie die oberen Einkommensgruppen", sagte die Wirtschaftswissenschaftlerin und Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. "Wir haben prognostiziert, dass wir in diesem Jahr bei einer Inflation von 7,4 Prozent landen werden“, sagte sie. Im Jahr darauf würden die Preissteigerungen aber deutlicher zurückgehen. Das sei stark abhängig von den Preisentwicklungen auf dem Energiemarkt. Man müsse nun aber genauer hinschauen, ob die Höhe der Preissteigerungen immer gerechtfertigt sei. "Da hat der eine oder andere wohl etwas mitgenommen", vermutete sie.
  • Engin Kelik: Der Metallarbeiter und Familienvater sagte mit Blick auf das neue Jahr geknickt: "Es wird alles furchtbarer" und berichtete von einem abgespeckten Weihnachten, an dem seinen Töchtern viele Wünsche nicht erfüllt werden konnten und Supermarktbesuchen, bei denen Dinge wieder im Regal landen. "Ist an allem der Krieg schuld?", fragte er laut über die steigenden Lebensmittelpreise und gab in Bezug auf die Hilfsmaßnahmen zu: "Ich blicke da überhaupt nicht mehr durch. Hier eine Bremse, da ein Deckel."
  • Melanie Amann: Die Journalistin beim "Spiegel" bewertete die Politik der Ampel-Regierung mit einer "4 minus" und kommentierte: "Es war viel Glück dabei, wir hatten einen milden Winter." Zur Tatsache, dass laut Umfragen mehr als die Hälfte im Land empfindet, es gehe ungerecht in Deutschland zu, sagte sie: "Dass Leute wie wir, die Top-Verdiener sind, irgendwie 300 Euro Energiepauschale kriegen, wird denke ich nicht überall als gerecht empfunden."

Das ist der Moment des Abends bei "Hart aber fair"

Spahn ahnte wohl, dass ihm zu viel Regierungs-Bashing nicht gut zu Gesicht stehen würde. "Ich würde nie kritisieren, wenn etwas schnell entschieden wird und korrigiert werden muss", sagte er mit Blick auf die aktuelle Politik und erinnerte an sein eigenes politisches Erbe: "Das Energiesicherungsgesetz ist so ein bisschen das Infektionsschutzgesetz dieser Krise. Es wird beständig geändert, angepasst, weil die Lage sich ändert."

Mit der Kritik-Keule kam er nach seinem vorherigen Verständnis aber doch um die Ecke: Es sei zu kritisieren, wenn die Regierung streite, ohne Entscheidungen zu treffen. Als Stichworte nannte er Kernkraft und Gas-Umlage. Sofort kam Gegenwind von Amann: "Ich will jetzt nicht die alte Platte "16 Jahre Merkel" auflegen, aber es tut mir leid: Nicht Entscheiden hatten wir jetzt 16 Jahre lang. Digitalisierung der Verwaltung, Modernisierung des Staates, Energiepolitik, Gasversorgung", giftete sie.

Das ist das Rede-Duell des Abends

Klamroth wollte von der Wirtschaftswissenschaftlerin Schnitzer wissen: "Bleiben die Preise so hoch, auch wenn die allgemeine Inflation runtergeht, oder machen sich einige Supermärkte die Taschen voll?"

Schnitzer antwortete: "Bisher sind die Preise in Deutschland, gerade die Lebensmittelpreise, vergleichsweise niedrig." Sie setze in dieser Frage auf die Wettbewerbsaufsicht und die sparsamen Bürgerinnen und Bürger, "die ja jetzt schon auf die Preise achten und das natürlich noch viel mehr machen sollten. Die zum Beispiel im Supermarktregal nach unten schauen, wo die No-Name-Produkte stehen und nicht die teuren Markenprodukte kaufen", sagte sie. Sie rechne damit, dass die Preise über kurz oder lang deutlich nach unten gehen werden, wenn die Kosten nicht mehr das entscheidende Element seien.

Kelik widersprach: "Ich glaube das eher weniger." Er gebe mittlerweile rund 20 Prozent mehr für Lebensmittel aus. Er vermute, dass Mogelpackungen und versteckte Preissteigerungen populärer werden würden.

So hat sich Louis Klamroth geschlagen

Ein dankbares Thema für ein Debüt – nah dran am Zuschauer und seiner Lebensrealität, Potenzial für Streit aber nicht gerade für Explosionen. Entsprechend solide war die Performance von Klamroth. Er scheute auch bissige Fragen nicht: ob Bürger, die die Politik trotz Hilfsmaßnahmen als ungerecht empfänden, undankbar seien, oder "ist Ihre Politik nicht die richtige?", fragte er beispielsweise und sprach auch von einem Misstrauensvotum gegenüber dem Krisenmanagement der Bundesregierung.

Klamroth schaffte es, einen roten Faden durch die Sendung zu legen, hätte aber seine Gäste durchaus noch mehr zu Diskussion anregen können. Reibereien gab es nämlich eindeutig zu wenig – abgesehen von den erwartbaren Spitzen zwischen Regierung und Opposition.

Für den Zuschauer, der Frank Plasberg vermisste, gab’s den einen oder anderen bekannten Anker in der Sendung: Der Auftritt von Brigitte Büscher oder die Schnell-Frage-Runde beispielsweise. Auch bei manchen Kommentaren von Klamroth meinte man den Ex-Moderator Plasberg sprechen zu hören. Was Klamroth sich für die kommenden Sendungen aber merken sollte: So gut wie möglich einen eigenen Stil entwickeln, und keine Kopie von Plasberg anstreben. Er darf ruhig deutlicher erkennen lassen, dass er mit 33 aus einer anderen Generation kommt als sein 65-jährige Vorgänger.

Das ist das Ergebnis bei "Hart aber fair"

Deutlich wurde an diesem Abend, mit wie viel Emotion allein die Frage: "Wer zahlt die Krisenrechnung?" verbunden ist. So richtig kam die Runde dem Gerechtigkeitsempfinden der Bundesbürger, die mehrheitlich sagen, es gehe ungerecht zu, aber nicht auf den Grund. Politische Kommunikation wurde, wie so oft, als Übeltäter ausgemacht. Viel zu kurz kamen hingegen konkrete politische Maßnahmen.

Kurz keimte die Debatte über eine Abschaffung der Mehrwertsteuer auf, aber erst fünf Minuten vor Schluss brachte die Runde den Vorschlag auf den Tisch: Eine temporäre Reichensteuer. Hier ging ziemlich viel Diskussionspotenzial verloren – schade. Ein bisschen wie ein Spruch vom Wandkalender klang dann zuletzt das gezwungen wirkende Verbreiten von Optimismus. Davon, aus der "Not eine Tugend" zu machen, sprach beispielsweise Wirtschaftswissenschaftlerin Schnitzer mit Blick auf die Krise. Kaufen kann man sich davon im Supermarkt am Ende auch nichts.

Verwendete Quellen:

  • ARD: "Hart aber fair" vom 09.01.2023

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