Friedrich Merz will Bundeskanzler werden. Doch wenn er 2025 wirklich die Bundestagswahl gewinnt, brauchen CDU und CSU einen Koalitionspartner. Ein Überblick zu vielen unwahrscheinlichen und wenigen denkbaren Bündnissen.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Fabian Busch sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Die erste K-Frage ist geklärt: Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz will die Unionsparteien als Kanzlerkandidat in die nächste Bundestagswahl führen. Bundeskanzler ist er natürlich noch nicht. Zunächst müsste er CDU und CSU zu einem Sieg bei der nächsten Bundestagswahl führen. Doch spätestens dann müsste er eine zweite K-Frage beantworten: Eine Koalition müsste her – aber welche?

Mehr aktuelle News

Bisher haben Unionspolitiker vor allem erklärt, welche Bündnisse sie nicht eingehen wollen. Welche Optionen hätte Merz denn überhaupt? Eine Übersicht.

Schwarz-Gelb

Es ging hoch her, als CDU/CSU und FDP zwischen 2009 und 2013 im Bund koalierten: CSU-Politiker beschimpften die Liberalen als "Wildsäue" und "Gurkentruppe", am Ende flog die FDP sogar aus dem Bundestag. Eigentlich keine guten Voraussetzungen für ein gutes Koalitionsklima.

Trotzdem stehen sich Union und FDP inhaltlich nahe – vor allem bei Finanzen, Wirtschaft und in der Migrationspolitik. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai machte in der vergangenen Woche bei der Generaldebatte im Bundestag keinen Hehl daraus: Am liebsten würde er mit der Union zusammenarbeiten.

Dafür müssten die Liberalen aber zunächst einmal liefern – indem sie es bei der nächsten Bundestagswahl über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen. Und selbst dann wäre fraglich, ob Schwarz-Gelb auf eine Mehrheit käme. Aus heutiger Sicht sieht es nicht danach aus.

Fazit: Aus rechnerischen Gründen derzeit unwahrscheinlich

Schwarz-Grün

Bei den Grünen hört man es nicht gerne. Aber sie werfen sich der Union gerade ganz schön an den Hals. Die erste schwarz-grüne Koalition auf Bundesebene wäre keine Liebesheirat, aber womöglich harmonischer als die notorisch zerstrittene Ampelkoalition. Schon 2013, 2017 und 2021 gab es in beiden Parteien Befürworter einer schwarz-grünen oder Jamaika-Koalition (mit der FDP). Getraut hat man sich dann aber nicht.

Inzwischen hat sich die Lage verändert. Auf die Grünen zu schimpfen, sei zum Volkssport geworden, hat Grünen-Chefin Ricarda Lang treffend erkannt – und die Unionsparteien machen dabei kräftig mit. Die CSU schließt eine Koalition mit den Grünen kategorisch aus. Auch Friedrich Merz erklärte am Dienstagabend in der ARD: "Aus heutiger Sicht würde ich sagen, es geht nicht."

Der CDU-Vorsitzende macht zur Bedingung, dass die Grünen ihren Kurs in der Migrationspolitik ändern. Eine Hintertür lässt er sich offen: "Wenn es sich in den nächsten zwölf Monaten anders entwickelt, können wir schauen", sagte er.

Merz hat in den vergangenen Jahren allerdings sehr viel Energie darauf verwendet, der CDU wieder ein konservativeres Profil zu geben. Die Unionsparteien arbeiten sich an den Grünen ab wie an keiner anderen Partei – und einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey zufolge können sich gerade mal 11 Prozent der Unionsanhänger eine Koalition mit den Grünen vorstellen.

Die "Aversion" seiner Parteibasis gegenüber der Öko-Partei sei gewaltig, hat Merz gesagt – eine Aversion, die er auch selbst mit befeuert. Eine Rolle rückwärts wäre für Merz und Söder jetzt kaum noch zu vermitteln.

Fazit: Aus strategischen Gründen derzeit unwahrscheinlich

Große Koalition

Zwischen 2005 und 2021 wurde Deutschland zwölf Jahre lang von einer Großen Koalition regiert. Danach hatten viele Menschen genug von diesem Bündnis, das eigentlich für Krisenfälle gedacht ist und dann zur etwas langweiligen Normalität wurde.

Allerdings scheint vielen Menschen gerade der Sinn nach langweiliger Normalität zu stehen. Die Ampelkoalition hat nicht nur mit Streit, sondern auch mit einem großen Veränderungsanspruch für Verunsicherung gesorgt. Die "GroKo" dürfte da für den einen oder anderen nach verlockender Ruhe klingen.

In der Innen- und Migrationspolitik könnten CDU/CSU und SPD sich womöglich einigen. CDU-Chef Friedrich Merz pflegt zu SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich ein gutes Verhältnis. Und auch in den Ländern ist Schwarz-Rot auf dem Vormarsch: In Hessen und Berlin entschieden sich siegreiche CDU-Politiker für die SPD statt für die Grünen als Koalitionspartner.

Der unsichere Faktor wäre hier aber die SPD. Ihr Vorsitzender Lars Klingbeil träumte 2021 vom Anbruch eines sozialdemokratischen Jahrzehnts. Würde sich die aktuelle Kanzlerpartei aber in die Rolle des Juniorpartners fügen, wenn Merz die Wahl gewinnt? Diese Frage lässt sich bisher nicht beantworten. Genau wie die Frage, ob das Bündnis im Bundestag überhaupt eine Mehrheit hätte.

Fazit: Aus heutiger Sicht noch die wahrscheinlichste Koalition

Wenn es nicht reicht: Kenia-, Deutschland- oder Jamaika-Koalition

Sollte die vermeintlich Große Koalition aus CDU/CSU und SPD keine eigene Mehrheit im Bundestag haben, kämen entweder die Grünen oder die FDP als zusätzliche Koalitionspartner in Betracht. Auch ein Bündnis aus CDU/CSU, Grünen und FDP könnte zumindest rechnerisch denkbar sein.

Wenn es möglich ist, wird Friedrich Merz diese Konstellationen aber vermeiden. Koalitionen aus drei Parteien sind besonders kompliziert und konfliktanfällig, das lässt sich zumindest aus der aktuellen Ampelkoalition schließen. Und streng genommen würde es sich bei Kenia, Deutschland und Jamaika sogar um Vierer-Bündnisse handeln. Schließlich legt die CSU Wert auf ihre Eigenständigkeit – und hat sie schon oft genug bewiesen.

Fazit: Optionen für den Notfall

Und was ist mit AfD, Linken und BSW?

Theoretisch bietet das Parteiensystem weitere Möglichkeiten. Doch zu einer Koalition mit der AfD sagt Merz kategorisch Nein. Bis auf einzelne Landtagsabgeordnete gibt es in der CDU keine wichtigen Vertreterinnen und Vertreter, die sich für ein Bündnis mit der teils rechtsextremen Partei aussprechen.

Das Gleiche gilt für die Linken: Auf Parteitagen haben die Delegierten eine Zusammenarbeit mit den Linken wie mit der AfD ausgeschlossen. In Thüringen wird die Partei nach der Landtagswahl vom 1. September möglicherweise nicht darum herumkommen. Doch im Bund wird ausgerechnet Merz der Linken kaum die Hand reichen – zumal die Partei ohnehin hart um den Wiedereinzug in den Bundestag kämpfen muss.

Ungeklärt ist das Verhältnis zur Partei von Sahra Wagenknecht, die sich von der Linken abgesetzt hat. In Sachsen und Thüringen reden die CDU-Landesverbände mit dem BSW. Doch schon diese Gespräche sind in der Union umstritten. Auf Landesebene dürften Koalitionen noch machbar sein – soweit liegen die bekennende "Linkskonservative" Wagenknecht und die CDU gar nicht auseinander.

Doch auf Bundesebene spielt auch die Außenpolitik eine wichtige Rolle. Und dort sind die Entfernungen zwischen der transatlantischen CDU/CSU und dem russlandfreundlicheren BSW meilenweit.

Verwendete Quellen

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.