Das Thema lässt die wenigsten kalt: Sollte es auf Autobahnen eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 Kilometern pro Stunde geben? Die SPD meint: ja. Vom Verkehrsminister kommt eine Abfuhr - und von seinem Ministerium ein nicht ganz treffsicherer Tweet.
In der großen Koalition zeichnet sich neuer Streit über eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen ab. "Ein Tempolimit auf unseren Autobahnen ist gut für den Klimaschutz, dient der Sicherheit und schont die Nerven der Autofahrer", sagte die SPD-Vorsitzende
Scheuer lehnt Tempolimit ab
Zuvor hatte Bundesverkehrsminister
Peinliche Panne des Bundesverkehrsministeriums
Sein Ministerium schaltete sich auf Twitter mit einem Scheuer-Zitat ein, wonach der Verkehr in Deutschland "bestmöglich fließen" solle. Bei Lesern löste das reichlich Spott aus - denn das beigefügte Foto zeigte die Autobahnausfahrt im schweizerischen Thalwil. Auf Schweizer Autobahnen gilt indes ein Tempolimit von 120 Stundenkilometern.
Der schleswig-holsteinische SPD-Fraktionschef
Bundestag stimmte dagegen
Die SPD hat eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 Kilometern pro Stunde als eines der Themen für zusätzliche Vorhaben genannt, über das sie nun mit der Union sprechen will.
Scheuer hatte betont: "Der Bundestag hat vor ein paar Wochen abgestimmt und ein Tempolimit mit überwältigender Mehrheit abgelehnt." Er fügte hinzu: "Wir sollten intelligent steuern. Es geht um bessere Verkehrsbeeinflussung und Verkehrslenkung durch digitale Systeme." Damit könne man den Verkehr an neuralgischen Stellen punktgenau steuern. "Es ist ein Unterschied, ob nachts die Strecke frei ist oder man am Freitagnachmittag kurz vor Weihnachten auf einem hoch belasteten Abschnitt fährt."
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Thomas Bareiß (CDU), wandte sich ebenfalls gegen ein Tempolimit. "Ich sehe weder den fachlichen noch den politischen Sinn dieser Debatte", sagte er dem "Handelsblatt". "Deshalb ist das generelle Tempolimit mit CDU und CSU auch nicht zu machen."
Auch FDP gegen Tempolimit
Unterstützung bekam der Verkehrsminister von FDP-Chef Christian Lindner. "Ich bin gegen ein generelles Tempolimit auf Autobahnen", sagte er der dpa. "Verbote sollten nur da ausgesprochen werden, wo sie auch tatsächlich gebraucht werden." Dort, wo es in Deutschland die Verkehrssicherheit erfordere, würden schon heute Geschwindigkeitsbeschränkungen verhängt. "Der Beitrag eines generellen Tempolimits zur globalen CO2-Einsparung wäre zudem marginal", sagte Lindner. "Statt eines Tempolimits brauchen wir ein CO2-Limit für Deutschland. Das würde dazu führen, dass Wasserstoff oder andere klimafreundliche Treibstoffe in Zukunft Benzin und Diesel ersetzen können."
Die Koalition hatte im Zuge der Klimaschutz-Beratungen bereits über ein Tempolimit diskutiert, die Union erteilte dem aber eine Absage. Erst im Oktober scheiterten die Grünen im Bundestag mit einem Vorstoß zur Einführung von Tempo 130. Dafür positionierten sich 126 Abgeordnete, dagegen 498, sieben enthielten sich. Auch die meisten SPD-Abgeordneten stimmten dagegen, wie es in Koalitionen bei Oppositionsanträgen allerdings üblich ist. SPD-Politiker machten aber damals schon deutlich, dass das Thema im neuen Jahr wieder auf die Agenda soll.
Deutschland allein auf weiter Flur
Auf dem Großteil der Autobahnen gilt nach wie vor freie Fahrt. Ohne Tempolimit sind 70 Prozent des Netzes. Dauerhaft oder zeitweise geltende Beschränkungen mit Schildern gibt es auf 20,8 Prozent des Netzes, wie aktuelle Daten der Bundesanstalt für Straßenwesen für 2015 zeigen - am häufigsten sind Tempo 120 (7,8 Prozent) und Tempo 100 (5,6 Prozent). Dazu kommen variable Verkehrslenkungsanzeigen.
Unabhängig davon gilt seit mehr als 40 Jahren eine empfohlene Richtgeschwindigkeit von 130. Schaut man sich eine EU-Karte an, ist Deutschland ein "weißer Fleck" - überall sonst gibt es nach einer Übersicht des Autofahrerclubs ADAC Tempo-Beschränkungen. (mss/dpa)
Tempolimit in den Niederlanden: Tempo 100 auf Autobahnen beschlossen
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