Die Kanzlerin stellte sich am Mittwoch im Bundestag den Fragen der Abgeordneten. Die Themen, die an Angela Merkel herangetragen wurden, reichten vom Tabakwerbeverbot über die Juncker-Nachfolge, den Einsatz von Glyphosat bis hin zur AfD-Nähe der CDU und dem Vorgehen von Verkehrsminister Scheuer.
Zum vierten Mal insgesamt stellte sich Angela
Der Auftritt geht auf einen Beschluss des Bundestags vom Februar zurück: Demnach soll sich die Kanzlerin dreimal im Jahr - vor Ostern, vor der Sommerpause und vor Weihnachten - im Plenum den Fragen stellen.
Die wichtigsten Themen der Regierungsbefragung vom 26. Juni im Überblick:
Suche nach Nachfolger von EU-Kommissionspräsident Juncker
Bei der Suche nach einem neuen Präsidenten der EU-Kommission hat sich die Bundeskanzlerin zum Spitzenkandidaten-Modell bekannt. Gleichzeitig räumte sie ein, dass die Konstellation komplizierter sei als nach der Europawahl vor fünf Jahren.
Merkel erklärte, die Staats- und Regierungschefs müssten im Europäischen Rat einen gemeinsamen Kandidaten finden. "Ich möchte, dass dies unter Berücksichtigung des Spitzenkandidaten-Konzepts geschieht - ob das im Rat gelingt, kann ich ihnen heute nicht sagen."
Bei der Europawahl hatten sich der CSU-Politiker
Merkel bezeichnete es im Bundestag als "wünschenswert", dass vor der Wahl des Parlamentspräsidenten ein gemeinsames Personalpaket für die europäischen Spitzenposten geschnürt wird. Diese Wahl ist für den 2. oder 3. Juli vorgesehen. Merkel sagte, das Spitzenkandidaten-Modell dürfe nicht außer Acht gelassen werden, Europa müsse aber auch handlungsfähig sein.
Rücken Polizisten und Soldaten in die Nähe der AfD?
In der Frage eines möglichen Abdriftens von Polizisten und Soldaten Richtung AfD hat die Bundeskanzlerin ihrem CDU-Parteikollegen
"Insoweit teile ich die Aussage von Friedrich Merz an dieser Stelle nicht", betonte Merkel. "Die überwiegende Mehrzahl unserer Polizistinnen und Polizisten und Soldaten tut diesem Staat einen guten Dienst."
Der frühere Unionsfraktionschef Merz hatte der Bild am Sonntag gesagt: "Wir verlieren offenbar Teile der Bundeswehr an die AfD. Wir verlieren Teile der Bundespolizei an die AfD." Um politischen Extremismus zu bekämpfen, bräuchten die Sicherheitsorgane einen stärkeren Rückhalt aus der Politik.
Verkehrsminister nach gescheiterter Pkw-Maut unter Druck
In der Debatte um die gescheiterte Pkw-Maut hat Merkel das Vorgehen von Verkehrsminister
"Dass der Minister dann, um jetzt nicht ewig Zeit verstreichen zu lassen, die ersten Schritte gegangen ist, das ist klar." Darüber habe er den Verkehrsausschuss auch sehr transparent informiert.
Scheuer steht unter Druck, nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) vergangene Woche die geplante Pkw-Maut für rechtswidrig erklärt hat. Opposition und SPD werfen ihm vor, schon Ende 2018 Verträge mit den Maut-Betreibern Kapsch und CTS Eventim geschlossen zu haben - ohne das Urteil abzuwarten.
Wann kommt ein Konzept zum Einsatz von Glyphosat?
Im Ringen um eine einheitliche Regierungslinie zum Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat rechnet die Regierungschefin mit einer baldigen Einigung. "Ich glaube, dass wir spätestens im September eine Lösung präsentieren können", sagte Merkel.
Zudem bekannte sich Merkel ausdrücklich zu dem im Koalitionsvertrag vereinbarten Ausstieg: "Wir werden dahin kommen, dass es eines Tages keinen Glyphosat-Einsatz mehr gibt."
Das umstrittene Unkrautgift steht im Verdacht, krebserregend zu sein. Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD deshalb vereinbart, den Einsatz von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln deutlich einzuschränken, "mit dem Ziel, die Anwendung so schnell wie möglich grundsätzlich zu beenden".
Die konkrete Umsetzung dieses Vorhabens ist jedoch seit Monaten ein Streitpunkt zwischen Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU).
Debatte um Entzug von Grundrechten bei Rechtsextremisten
Merkel hat sich dagegen ausgesprochen, Rechtsextremen bestimmte Grundrechte zu entziehen. Sie habe "nicht die Absicht, Grundrechte zu entziehen", sondern konzentriere sich auf "andere Aktivitäten im Kampf gegen den Rechtsextremismus", sagte die Regierungschefin. Der Artikel 18 des Grundgesetzes sei die "absolute Ultima Ratio", zu der es aber gar nicht erst kommen dürfe.
Merkel hob hervor: "Der Kampf gegen Rechtsextremismus erfordert eine klare Abgrenzung vom Rechtsextremismus." Diese müsse im politischen Raum durchgesetzt werden. Wichtig sei, dass "wir auch gar keine Lücken eröffnen, um überhaupt Gedanken zuzulassen, die solchen rechtsextremistischen Taten in irgendeiner Weise Legitimität verschaffen", fügte die Kanzlerin hinzu.
Ex-CDU-Generalsekretär Peter Tauber hatte vorgeschlagen, Rechtsextremen auf Grundlage von Artikel 18 des Grundgesetzes bestimmte Grundrechte zu entziehen. In der "Welt" schrieb er vergangene Woche, in diesem Artikel sei "festgeschrieben, dass derjenige entscheidende Grundrechte (...) verwirkt, der diese Grundrechte zum Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht".
Auch wenn der Artikel bisher nicht angewendet worden sei, sei er dennoch ein Instrument "nicht nur gegen Rechtsextreme, sondern auch gegen alle anderen, die sich ebenfalls dem Kampf gegen unsere Freiheit verschrieben haben", argumentierte Tauber. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erklärte anschließend, er wolle den Vorschlag prüfen.
Kippt die Tabakwerbung oder nicht?
Die Bundeskanzlerin hat sich für ein Verbot von Tabakwerbung ausgesprochen, das in der Unionsfraktion im Bundestag hoch umstritten ist. "Ich persönlich glaube, dass wir hier handeln sollten und die Sache zu einer Entscheidung bringen sollten", sagte sie.
"Bis zum Jahresende werden wir eine Haltung dazu finden." Merkel ergänzte: "Wenn es nach mir geht, sollten wir die Werbung für Tabakprodukte verbieten." Sie räumte ein, dass dieses Thema in ihrer eigenen Fraktion sehr konträr diskutierte werde. "Aber auch das werden wir schaffen."
In der vergangenen Wahlperiode war ein Anlauf für ein Außenwerbeverbot am Widerspruch der Union gescheitert. Das Kabinett stimmte 2016 zwar einem Entwurf zu, Tabakwerbung auf Plakatwänden und im Kino ab 2020 weitgehend zu verbieten. Das Gesetz wurde dann aber nie beschlossen.
Anfang dieses Jahres kam in die festgefahrene Debatte Bewegung. Die Fachpolitiker der Union im Bundestag einigten sich weitgehend darauf, dass die bestehenden Beschränkungen auch auf Außenwerbung ausgeweitet werden sollen. (hub/dpa/afp)
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