• Am Sonntag beraten Bund und Länder über weitere Maßnahmen im Kampf gegen das Coronavirus.
  • Laut "Bild"-Zeitung plädiert Kanzlerin Merkel für Laden-, Schul- und Kitaschließungen ab kommenden Mittwoch.
  • FDP-Chef Lindner pocht auf Verhältnismäßigkeit, Intensivmediziner fordern Lockdown schon ab Montag

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Immer mehr Bundesländer stemmen sich mit verschärften Einschnitten in das private und öffentliche Leben gegen die sich dramatisch ausbreitende Corona-Pandemie in Deutschland. Bereits vor einem Treffen der Länderregierungschefs mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an diesem Sonntag kündigten Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein weitere Beschränkungen an. Am Sonntag wird eine Entscheidung für einen bundesweiten Lockdown erwartet.

Ab 10.00 Uhr soll es nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur eine Schaltkonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten geben. Über den genauen Zeitpunkt gab es lange Unklarheit. Laut "Bild"-Zeitung plädiert das Kanzleramt für Laden-, Schul- und Kitaschließungen ab dem kommenden Mittwoch.

"Die Lage ist bitterernst", sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Freitag in Berlin. Die von den Gesundheitsämtern übermittelten Neuinfektionen in den vergangenen 24 Stunden schnellten von Donnerstag auf Freitag um über 6.000 auf insgesamt 29.875 hoch. 598 Todesfälle wurden übermittelt. Beides war jeweils ein neuer Höchstwert.

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Steinmeier: Müssen Anstrengungen im Kampf gegen Pandemie verstärken

Steinmeier sagte bei einer Online-Gesprächsrunde mit Bürgern: "Wenn sich, wie zur Zeit, jeden Tag Zehntausende Menschen mit dem Virus infizieren, wenn täglich Hunderte an dem Virus sterben, dann bedeutet das wohl auch, dass wir unsere Anstrengungen im Kampf gegen die Pandemie dringend weiter verstärken müssen." Dies gelte für die politischen Entscheidungen auf allen Ebenen, aber auch für das persönliche Verhalten. Jeder müsse sich fragen: "Was kann ich tun, damit sich das Virus nicht noch weiter verbreitet? Wie kann ich noch mehr Vorsicht für mich und noch mehr Rücksicht für andere üben?"

In Baden-Württemberg gilt ab Samstag eine Ausgangsbeschränkung. Für Ausnahmen müsse man "triftige Gründe" haben wie die Arbeit oder einen Arztbesuch, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Tagsüber dürften sich bis zu fünf Personen aus nicht mehr als zwei Haushalten treffen. Nachts ist auch das untersagt. Geöffnet bleiben sollen bis auf weiteres Schulen, Kitas, Hochschulen und Einzelhandel.

Auch in Schleswig-Holstein sollen statt zehn nur noch fünf Personen aus maximal zwei Hausständen zusammenkommen dürfen - auch an Weihnachten. Ausgenommen sei nur die engste Familie, hieß es. Schon von diesem Samstag an ist landesweit das Ausschenken und Trinken von Alkohol in der Öffentlichkeit verboten. Ab Montag soll es in dem Land für Schüler ab der 8. Klasse keinen Präsenzunterricht mehr geben.

Nordrhein-Westfalen hebt Präsenzpflicht an Schulen auf

In Nordrhein-Westfalen endet die Präsenzpflicht am Montag ebenfalls vorerst, wie Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) mitteilte. Ab Klasse acht wird auf Distanz unterrichtet, Schüler der unteren Stufen können von zu Hause aus am Unterricht teilnehmen. Die Schulferien werden um zwei Tage verlängert.

Sachsen verhängt zur Eindämmung der Corona-Pandemie von Montag an einen Lockdown und fährt das öffentliche Leben herunter. Die genauen Maßnahmen beschloss das Kabinett am Freitagabend in Dresden in seiner neuen Corona-Schutzverordnung. Schulen, Kitas und Horte bleiben demnach zu, ebenso zahlreiche Geschäfte im Einzelhandel. Der Lockdown soll bis zum 10. Januar dauern.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprach sich eindringlich für einen bundesweiten Lockdown noch vor Weihnachten aus: "Wir müssen handeln, und zwar so schnell wie möglich."

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte bei einem gemeinsamen Termin mit ihm in Nürnberg, es brauche "ohne Zweifel auch bundesweit einheitlich zusätzliche Maßnahmen - besser früher als später". Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte dem "Spiegel" (Freitag): "Die einzige Chance, wieder Herr der Lage zu werden, ist ein Lockdown, der aber sofort erfolgen muss."

Altmaier stellt höhere Corona-Hilfen in Aussicht

Die Länder stellen sich auf eine Schließung von Schulen ein. Beim Beschluss eines harten Lockdowns am Wochenende seien die Bildungsminister "auch bereit, unseren Teil beizutragen", sagte die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK) und rheinland-pfälzische Bildungsministerin, Stefanie Hubig.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) stellte höhere Corona-Hilfen bei einem Lockdown in Aussicht - nämlich ab Januar einen höheren Förderhöchstbetrag bei den Überbrückungshilfen. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) versprach verstärkte Anstrengungen gegen Arbeitslosigkeit.

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Lindner pocht auf Verhältnismäßigkeit

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner pocht auf die Wahrung der Verhältnismäßigkeit bei den geplanten neuen Maßnahmen. "Es wird nun zu einer Corona-Notbremse kommen, weil eine dauerhaft durchhaltbare Strategie noch fehlt", sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Dabei darf aber nicht unverhältnismäßig scharf in Grundrechte eingegriffen werden."

Lindner lehnte insbesondere Ausgangsbeschränkungen ab. "Pauschale und flächendeckende Ausgangssperren wie in Bayern sind unnötig und schießen über das Ziel hinaus. Vom Spaziergang der Mitglieder eines Hausstands oder vom Sport unter freiem Himmel geht kein Infektionsrisiko aus." Lindner betonte: "Bund und Länder müssen in der Gefahrensituation Maß halten." Davon hänge auch die Akzeptanz in der Bevölkerung ab.

Der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Alexander Dobrindt, forderte ein schnelles Ende des Präsenzunterrichts. "Wo es noch nicht geschehen ist, muss jetzt zügig auf Digital- und Distanzunterricht umgeschaltet werden", sagte er der "Augsburger Allgemeinen" (Samstag). Zudem müssten die Ferien früher beginnen, außerdem brauche es schnell einen harten Lockdown mit strenger Einschränkung von Kontakten. "In den Schulen müssen wir sofort handeln, und der harte Lockdown sollte noch vor Weihnachten beginnen", sagte Dobrindt.

Auch Städtetagspräsident Burkhard Jung (SPD) sprach sich für einen bundesweiten, einheitlichen und harten Lockdown vor Weihnachten aus. "Ein vollständiger Lockdown muss bundesweit gelten", sagte der Leipziger Oberbürgermeister der "Rheinischen Post" (Samstag). "Es darf nicht passieren, dass der Einzelhandel im Land A geschlossen und im Land B geöffnet ist", sagte Jung. "Und die Regeln müssen klar, verständlich und so einheitlich wie möglich sein. Denn die Menschen müssen sie gut nachvollziehen können."

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Intensivmediziner fordert harten Lockdown schon ab Montag

Der Intensivmediziner Christian Karagiannidis forderte einen harten Lockdown bereits ab Montag: Ein vollständiger Lockdown ab dem 14. Dezember könnte zu einer baldigen Trendumkehr bei den Intensivkapazitäten führen, sagte der wissenschaftliche Leiter des Intensivregisters der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). Neue Modellrechnungen der DIVI zeigten, "dass ein strenger Lockdown am Montag dazu führt, dass die Intensivbelegung bis kurz vor Weihnachten noch ansteigt, und dann kurz vor Heiligabend bereits erheblich abfällt", so der Karagiannidis. "Jetzt runterfahren und im Januar wieder lockern."

Patientenschützer dringen angesichts der steigenden Corona-Infektionszahlen auch auf bessere Sicherheitsgarantien für Pflegebedürftige. Für die Altenpflege sei ein Lockdown "kein Ersatz für bundesweit verbindliche Schutzvorkehrungen", sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, der Deutschen Presse-Agentur. Alle Heime und Einrichtungen der ambulanten Pflege bräuchten unter anderem sicheren Infektionsgrundschutz, Corona-Tests zweimal pro Woche und tägliche Schnelltests. Es gelte, nicht nur über Weihnachten, sondern durch eine noch Monate dauernde Krise zu kommen.

(dpa/fra/ska)

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