Kein Harald Glööckler, der im Dickicht des Wahnsinns einen Kudo-Penis verspeist. Kein Detlef Soost, der irgendwas oder alles nicht gebacken kriegt. Und kein Florian Silbereisen, der uns wiederholt anbrüllt, dass er Gänsehaut habe. Die Eurovisions-Show "Quiz ohne Grenzen", die am Samstagabend zum vierten Mal über die Bühne ging, ist nicht das aufregendste Format aller Zeiten, aber angenehm unaufgeregt. Und herrlich normal.

Eine Kritik
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Und überhaupt. Obwohl im Namen weder das Wort "Promi", noch das Wort "Star" vorkommt, gibt’s beim "Quiz ohne Grenzen" keine Evelyn Burdeckis, Pietro Lombardis oder irgendwelche eigenartigen Knossis, sondern eine Ornella Muti und eine Senta Berger. Also echte Größen, die in Zeiten wie diesen in Shows nur mehr selten stattfinden. Moderiert wurde es einmal mehr von Jörg Pilawa.

Henning Baum spielt für Deutschland

Es war die bereits vierte und letzte Ausgabe vom "Quiz ohne Grenzen", dessen Zukunft vor dem Hintergrund von Pilawas Wechsel von der ARD zu Sat.1 ungewiss bleibt. In diesem stark an Hans-Joachim Kulenkampffs "Einer wird gewinnen" angelehnten und "Ich weiß alles!" nachfolgenden Format spielen Prominente aus acht Nationen in mehreren Quiz- und Spielrunden um 50.000 Euro für einen guten Zweck.

Mit Günther Jauch, der es damals etwa mit Miroslav Nemec für Kroatien und Adele Neuhauser für Österreich zu tun bekam, konnte Deutschland das Rennen schon einmal für sich entscheiden. Am Samstag stiegen die Schauspielerinnen Senta Berger für Österreich, Ornella Muti für Italien und Aylin Tezel für die Türkei, die Moderatorin Marijke Amado für die Niederlande, Sänger Helmut Lotti für Belgien, Moderatorin Christa Rigozzi für die Schweiz, Musiker Angelo Kelly für Irland sowie Schauspieler Henning Baum für Deutschland in den Ring.

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Baum: "Natürlich bin ich Biertrinker"

"Landschaftlich find ich Deutschland sehr schön. Ich mag etwa das Mittelgebirge und das Ruhrgebiet, aus dem ich komme. Und natürlich bin ich Biertrinker", verriet Hennig Baum, der in der Vorrunde gegen Aylin Tezel, die für die Türkei spielte, ranmusste und sich unter anderem mit dieser Frage konfrontiert sah:

Was kommt in der bekannten türkischen Urlaubsstadt Antalya seit 1999 unermüdlich zum Einsatz?

  • A: Aus Wien importierte Fiaker-Gespanne
  • B: Historische Nürnberger Straßenbahnen
  • C: Eine Flotte ehemaliger Londoner Taxis

"Ich bin noch nie irgendwo in der Türkei gewesen", bedauerte Baum, der keine Ahnung hatte, sich aber die Nürnberger Straßenbahnen vorstellen konnte – und damit goldrichtig lag. Halbtürkin Tezel, die an dieser Stelle nicht gefragt war, hätte übrigens die falsche Antwort A genommen. Der Grund, warum deutsche Straßenbahnen über Antalyas Schienen cruisen: Nürnberg ist eine Partnerstadt des türkischen Urlaubsziels.

Marijke Amado – die holländische Märchentante

Richtig nett waren auch die Spielrunden an diesem Abend, bei denen sich keiner einen Bart aufkleben, niemand auf Stelzen über Fleischabfälle gehen und nicht einer sich am Ende in ein Bällebad stürzen musste. Tezel und Baum etwa hatten anhand einzelner Bilder, die zunehmend mehr deutlich machten, Filme zu erraten. Dass sich der deutsche Mime als echter Cineast erwies, war jetzt vielleicht nicht die große Überraschung. Wie flott er "Good Bye, Lenin", "Goldfinger" oder "Das Boot" erkannte, hingegen durchaus. Baum stieg ins Halbfinale auf, Tezel durfte noch in der Hoffnungsrunde ran.

Im Duell Marijke Amado (Niederlande) gegen Christa Rigozzi (Schweiz) – die beiden sprechen gemeinsam nicht weniger als elf Sprachen – las die österreichische Schauspielerin Mavie Hörbiger Passagen aus Märchen vor, die die Sprachgewandten erkennen mussten. Amado, die unter anderem "Hans en Grietje" und "De Prinses en de Erwt" im Nu erkannte, präsentierte sich als echte Märchentante. Auch sie stand im Halbfinale.

Angelo Kelly – der Spaßvogel aus der Familie

Danach stand mit "Helmut Lotti versus Angelo Kelly" ein reines Musikerduell auf dem Programm. "Die Iren sind zwar alle klein, aber große Köpfe", versicherte uns Kelly, der auch belegte, dass die Iren witzige Kerlchen sind. "Hey, hey, was soll das, Jörg?", gab sich das doch etwas stattliche "Kelly Family"-Mitglied angegriffen, als Pilawa von Lotti, der in der Pandemie häufig kochend in der Küche gestanden hat, wissen wollte, warum dieser denn so schlank sei. "Ich hab’s nicht so mit Kunst", meinte Künstler Kelly zudem, als er die Frage, was das Besondere am Kunstwerk "Fallen Astronaut" des Belgiers Paul Van Hoeydonck sei, nicht beantworten konnte. Belgier Lotti wusste natürlich, dass es seit der "Apollo 15"-Mission im Jahr 1971 auf dem Mond steht.

In der Spielrunde hatten Kelly und Lotti dann von der Gruppe Philharmonix, ein Ensemble aus Mitgliedern der Berliner und Wiener Philharmoniker, verfremdete Evergreens zu erkennen. "Marmor, Stein und Eisen bricht?", spekulierte der Ire, nachdem das Orchester eine klassische Version von Helene Fischers "Atemlos" abgeliefert hatte. Gelächter im Publikum, Schamesröte in Kellys Gesicht. "Ich glaub, ich darf nie wieder in Deutschland einreisen", fürchtete der peinlich Berührte, der in die Hoffnungsrunde musste.

Senta Berger: "Ich will überhaupt nicht gewinnen"

In der letzten Vorrunde kam es zum Duell zweier großer Schauspielerinnen, zweier großer Frauen. "Die Muti gegen die Berger", war man geneigt zu sagen. "Mein Herz schlägt schneller, wenn ich in Wien bin", offenbarte die bereits 80 Jahre alte und noch immer fantastisch aussehende Senta Berger.

"Ich will überhaupt nicht gewinnen. Ich will mein Land gut vertreten und Spaß haben", so die Wienerin zu Pilawa, der anschließend erzählte, dass seine Mutter angesichts der Berger und der Muti in seiner Sendung zu ihm "Gut, dass du nicht Medizin studiert hast" meinte. Muti, die zwar recht gut Deutsch spricht, bekam ihre Fragen auch auf Italienisch. Darunter diese:

Von Wien kommt man in nur 75 Minuten mit dem…?

  • A: Zug in die tschechische Hauptstadt Prag
  • B: PKW in die ungarische Hauptstadt Budapest
  • C: Schiff in die slowakische Hauptstadt Bratislava.

"Thank you, this is my große Erdkunde-Moment", sprachmixte die italienische Legende, die von der Nähe Wien-Bratislava nichts wusste. In der Spielrunde "Aus welchem Land kommt dieser Tanz?" galt es danach für die beiden, drei professionellen Tanzpaaren auf die Beine zu schauen. Berger stieg souverän ins Halbfinale auf.

Deutsch-österreichische Überlegenheit

Senta Berger und Henning Baum, die für Österreich und Deutschland spielenden Protagonisten, zeigten sich am Samstagabend überaus gebildet und durchaus auch weitgereist, galt es doch im Spiel "Wo bin ich?" anhand kurzer Videos internationale Metropolen zu erkennen. Sie ließen in ihren Semifinals ihren Kontrahenten Helmut Lotti und Marijke Amado keine Chance und erlangten das Finale, wo sich auch noch Helmut Lotti zu ihnen gesellte, der die Hoffnungsrunde gegen die anderen Verlierer der ersten beiden Runden gewann, weil er dort etwa wusste, dass das beschauliche Grasse an der Cote d’Azur als die Welthauptstadt des Parfums gilt. Das war übrigens nur Angelo Kelly nicht klar. "Mit Parfums haben die Kellys nichts am Hut", hatte der Ire gleich wieder einen Joke bei der Hand.

Souveräner Baum gewinnt den Abend

Im Finale "Berger vs. Baum vs. Lotti" wurden offene Fragen gestellt. Jede richtige Antwort brachte die Finalisten einen Schritt weiter auf dem Sterneweg, der zurückgelegt werden musste, wobei Baum, der in den Runden zuvor die meisten Punkte erreichte, zuerst loslegen durfte. Und auch im Finale waren er und Kollegin Berger es, die ihre Fragen alle beantworten konnten.

Dass Helmut Lotti noch nie etwas vom Jakobsweg gehört hatte, überraschte nach drei Stunden doch etwas. Die von Pilawa gestellte und nicht wahnsinnig schwierige Matchballfrage für Henning Baum schließlich: "Wie heißt die von der schwedischen Klimaaktivistin Greta Thunberg ins Leben gerufene Umweltbewegung?" "Fridays for Future", antwortete der Deutsche umgehend.

Baum gewann damit die vierte und letzte Ausgabe des "Quiz ohne Grenzen" und lässt seine 50.000 Euro an den Verein "Menschenmögliches" gehen. "Der hat sich zum Ziel gesetzt, Familien aufzufangen, in denen ein Elternteil schwer erkrankt ist", so der 49-Jährige am Ende eines langen Abends, der vielleicht nicht großartig, aber angenehm unspektakulär war. Und ja, man könnte sich echt daran gewöhnen, echte Berühmtheiten regelmäßiger in Showformaten zu sehen.

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