Ein Ratespielchen zum Jahresende – was passt besser zusammen? Alles, sollte man meinen, wenn man seriös und mit Anstand auf das Jahr zurückblicken möchte. Wollte bei der ARD-Show "2018 – Das Quiz" aber am Donnerstagabend niemand. Gewonnen hat dann dementsprechend der, der das Ganze am Lockersten nahm.
Horst Seehofer sitzt vor dem Fernseher und schält eine Mandarine, während er sich die Hochzeit von
Was da gerade zu sinnlosen Sätzen verwurstet wurde, ist nichts weniger als eine Kombination der Ereignisse des Jahres. Oder zumindest der Ereignisse, die man bei der Jahresendrateshow "2018 – Das Quiz" dafür hielt.
Traditionell blickt man ja gerne auf der Zielgeraden eines Jahres auf die zurückgelegte Strecke und lässt die Wegmarken noch einmal Revue passieren. Traditionell macht man das im Ersten mit einem Quiz. "Jahr XY – Das Quiz" heißt das Ganze und wird nun schon seit elf Jahren praktiziert – oder wie der Moderator der Show,
Elyas M'Barek: "Reicht, wenn man Frühstücksfernehen geguckt hat"
Das stimmt zwar nicht ganz, aber trotzdem kann man die Zusammensetzung des Rateteams für Fernsehverhältnisse fast schon als etabliert bezeichnen:
Nesthäkchen
Ob Film-Werbung oder nicht – M'Barek ging die Fragen jedenfalls mit größtmöglicher Lockerheit an: "Reicht, wenn man Frühstücksfernehen geguckt hat." Das klang beim ersten Hören für Quiz-Puristen vielleicht ein wenig arrogant, sollte sich in den dann folgenden 195 Minuten aber nicht nur als vollkommen richtige Einschätzung des Schwierigkeitsgrades erweisen, sondern M'Barek auch den Sieg an diesem Abend bringen.
Die Antworten, die Frank Plasberg auf seine Fragen suchte, sollten sich nämlich fast alle bei einem Spaziergang durch die Boulevard-Schlagzeilen des Jahres oder durch die Klick-Hits bei Youtube finden lassen.
Ein Massaker als Quiz-Frage?
"Was flüsterte Harry seiner Frau während der Kutschfahrt nach Windsor Castle zu?", wollte Plasberg da zum Beispiel wissen und eine professionelle Lippenleserin durfte ihre Mutmaßung kundtun. "Ich brauche jetzt einen Drink", soll der Frischvermählte angeblich gesagt haben, nachdem er die Menschenmassen hinter sich lassen durfte.
Mit ähnlichen Nichtigkeiten ging es weiter: Welches Spektakel vollführte ein Waschbär in diesem Jahr? Welchen Fauxpas leistete sich Donald Trump beim Besuch eines Kinderkrankenhauses? Warum wurden bei einem traditionellen Schönheitswettbewerb für Kamele mehrere Tiere disqualifiziert?
Kann so ein Quiz aus Belanglosigkeiten denn als Jahresrückblick funktionieren? Natürlich nicht, schließlich gebietet der Anstand, dass nicht alle Themen, die im Jahr 2018 wirklich wichtig waren, in Quizfragen umgesetzt werden.
Etwa: Die Hungersnot im Jemen als Multiple-Choice-Frage? Der Tsunami in Indonesien als Studio-Spielchen? Der Tod von Montserrat Caballé, das Massaker in einer Synagoge in Pittsburgh, die eingestürzte Brücke in Genua, offene Hitler-Grüße auf deutschen Straßen als Teil gemütlicher Fernsehunterhaltung? Wohl besser nicht.
Elyas M'Barek chattet mit Robbie Williams
Und so passte es ins Bild, dass zum Beispiel die Nordkorea-Krise durch einen Kim-Jong-Un-Imitator Eingang in die Sendung fand oder der Klimawandel und dessen Wetterextreme durch ein Video mit herum fliegenden Dixie-Klos thematisiert wurden.
Das mag man verharmlosend finden, aber wenn man sich für eine fernsehtaugliche Kombination aus Quiz und Jahresrückblick entscheidet, dann muss man irgendwo Abstriche machen. Für echte Jahresrückblicke gibt es andere Gelegenheiten.
Stattdessen bekam man mit "2018 – Das Quiz" die gleiche Belanglosigkeit wie in den Jahren zuvor, aber eben auch die gleiche angenehm leichte Fernsehunterhaltung zum Jahresende. Und sogar noch mehr. So ließen es sich bei all den Anekdoten des Jahres die Promis nicht nehmen, noch ihre eigenen Schoten beizusteuern.
So erfuhr man zum Beispiel, dass Elyas M'Barek eine Instagram-Chat-Freundschaft mit Robbie Williams unterhält und die Tochter von Jan Josef Liefers sich einmal dessen Bundesverdienstkreuz für ein Piraten-Kostüm ausborgte. Ein seriöser Jahresrückblick hätte das jedenfalls ausgelassen.
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