• Am Samstag (14.05.) findet in Turin der Eurovision Song Contest 2022 statt.
  • Vorab nennt Grand-Prix-Legende Ralph Siegel seine Favoriten, bewertet die Chancen von Malik Harris und analysiert die ESC-Entwicklung.
  • Zudem spricht der 76-jährige Star-Komponist im Interview mit unserer Redaktion über sein Musical "Zeppelin" und 40 Jahre "Ein bisschen Frieden".
Ein Interview

Herr Siegel, am Samstag blickt Europa auf den Eurovision Song Contest in Turin. Aus einer aktuellen Analyse geht hervor, dass das Wort "Love" 148 Mal in den bisherigen Sieger-Songtexten auftauchte. Vor diesem Hintergrund könnte es für Malik Harris schwer werden. In seinem Beitrag "Rockstars" kommt "Love" nicht vor ...

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Ralph Siegel: Eine Norm gibt es dafür nicht. Es geht um den gesamten Inhalt, die Performance und eine Melodie, die eigentlich vorhanden sein sollte. Bei Rap-Titeln, von denen dieses Jahr einige dabei sind, ist das zum Beispiel nicht immer der Fall. Wobei ich bereits vor 30 Jahren ein Fan von Rap-Musik war. Ich habe das Wort "Rap" sogar mal schützen lassen, bis mich die Musiker praktisch "überfallen" haben.

Hat Malik eine realistische Chance?

Ich habe mir die Halbfinals angesehen und muss sagen: Es sind einige sehr schöne Lieder und gute Performances dabei. Und es gibt eine fantastische Lichtshow. Für unseren lieben Malik wird es nicht leicht, aber ich wünsche ihm alles Gute. Er macht das wirklich gut.

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Welche Beiträge sind Ihre Favoriten auf den ESC-Sieg?

Ich kann mir vorstellen, dass die Ukraine und Italien sehr gute Chancen haben – und vielleicht mein Außenseiter-Tipp. Mein persönlicher Favorit ist nämlich der Titel "Hope" aus Estland, eine Cowboy-Nummer.

Wieder ein ESC ohne Ralph Siegel. Kann man eigentlich nichts dagegen tun?

Ich habe es versucht und auch dieses Jahr wieder zwei Lieder eingereicht. Ich war mehr als traurig, dass ich mich nicht beweisen durfte. Denn ich wäre im Halbfinale gewesen, doch es war mir nicht vergönnt, einen dieser Beiträge zu präsentieren.

Was glauben Sie, woran das liegt?

Die DJs und Entscheider haben eben ihre Art von Musik ausgewählt. Die ist auch ziemlich gut und aktuell, dagegen kann man nichts sagen. Das muss aber nicht heißen, dass diese Musik auch überall in Europa ankommt. Ich wiederum habe lange in Italien, Frankreich, England und Amerika gelebt. Diesen polyglotten Einfluss habe ich immer genutzt, um dem jeweiligen Künstler den passenden Song zu schreiben.

So wie eben auch vor nunmehr 40 Jahren "Ein bisschen Frieden" für Nicole ...

Diesen Song spielen aktuell natürlich alle. Anlässlich des Jubiläums ist heute ein Fünffach-Album erschienen. Darauf befinden sich meine Friedenslieder, darunter Titel von Nana Mouskouri, den City Preachers und Vicky Leandros.

Eigentlich müsste "Ein bisschen Frieden" aus gegebenem Anlass auch der ESC-Opener 2022 sein, oder?

Na ja, Nicole und ich haben den Grand Prix 1982 nach Deutschland geholt. In München im Jahr darauf wurde "Ein bisschen Frieden" aber nicht einmal im Rahmen des Wettbewerbs gespielt. Man macht es einem da nicht so einfach.

Nicole machte kürzlich ihre Krebs-Erkrankung öffentlich. Haben Sie noch regelmäßig Kontakt? Wie geht es ihr?

Wir sind nach wie vor in engem Kontakt, haben im vergangenen Jahr auch häufig miteinander telefoniert. Sie hat ihre Erkrankung recht lange geheim gehalten. Ich freue mich, dass sie inzwischen wieder auftreten konnte und hoffe, dass es ihr bald wieder richtig gut geht. Den einen oder anderen Witz hat sie jedenfalls schon wieder auf Lager. Nicole ist eine tolle Frau, eine grandiose Künstlerin – und die Patentante meiner Tochter.

Vor einem guten halben Jahr feierte Ihr Musical "Zeppelin" in Füssen Premiere. Wie fällt Ihre bisherige Bilanz aus?

Zunächst einmal muss man sich vorstellen, dass wir über fünf Jahre lang an dem Thema "Zeppelin" gearbeitet haben und wegen der Pandemie dreimal verschieben mussten. Mit Blick auf die Probenzeiten und die Promotion war es ein sehr teures Spektakel. Und dann durften wir nur 20 Mal spielen. Daher fällt die bisherige Bilanz finanziell nicht so aus, wie wir es uns vorgestellt hatten. Aber jetzt dürfen wir endlich wieder spielen. Alle freuen sich, dass wir mit dem bewährten Team ab 19. Mai im Festspielhaus Neuschwanstein in Füssen auf der Bühne stehen werden.

Wer gehört zu diesem "bewährten Team"?

Im Grunde ist die gesamte Mannschaft dabei geblieben: von Regisseur Benjamin Sahler über Choreografin Stefanie Gröning bis hin zu den meisten Darstellern. Natürlich ist zuletzt der eine oder andere Künstler ausgefallen, weil wir Termine verschieben mussten. Aber ab Sommer kommen zum Beispiel auch Sandy Mölling und etwas später Uwe Kröger hinzu. Auch Tim Wilhelm (Münchener Freiheit; Anm. d. Red.) ist Teil dieser super Crew, die aus rund 50 Schauspielern besteht. Einer ist besser als der andere.

Kam diese Qualität beim Publikum auch so an? Wie war bisher die Resonanz?

Selbst bei einer zwischenzeitlich kleineren Besetzung haben die Menschen applaudiert und getobt. Auch die Kritiken waren allesamt fantastisch – und das ist keine Selbstverständlichkeit, wenn man aus der leichten Muse kommt (lacht). Ich bin sehr dankbar dafür, dass meine Melodien und Texte sowie das phänomenale Bühnenbild beim Publikum so gut ankommen. Das ist die Basis, um eines Tages eine große Tournee durch Deutschland und andere Länder starten zu können. An diesem großen Traum arbeiten wir.

Wann soll die Tournee starten?

Wann genau das sein wird, kann ich noch nicht sagen. In meinem Alter ist man mit exakten Plänen vorsichtig. Da freut man sich, wenn man das nächste und übernächste Jahr überschauen kann. Wenn ich diesen Traum noch erleben möchte, muss ich bestimmt mindestens 80 werden. Ich habe noch viel vor, denn ich habe noch zwei, drei weitere Musicals geschrieben, die ich gerne auf die Bühne bringen möchte. Daher schaue ich immer in den Himmel und sage: "Lieber Gott, ich bin kein so guter Pianist. Nimm' mich bitte nicht in deine Band auf."

Ihre "Zeppelin"-Melodien würden auch auf der ESC-Bühne gut zur Geltung kommen. Oder geht es dort heute eher um Showeffekte?

Ich war nie ein Mainstream-Songwriter, sondern habe meine eigene Art zu komponieren. Man hat vielleicht bei "Theater", "Dschinghis Khan", "Johnny Blue" und natürlich bei "Ein bisschen Frieden" gemerkt, dass ich mich nicht nach anderen richte. Beim Eurovision Song Contest ist heute fast alles Mainstream. Oft kann man nicht erkennen, aus welchem Land der jeweilige Beitrag stammt – außer, es singt mal jemand in seiner Landessprache.

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