Jonas Urbig zeigte als Ersatzmann von Manuel Neuer beim FC Bayern München sehr gute Ansätze, ehe ihm gegen Union Berlin ein Fehler unterlief. Die Verantwortlichen stärken ihm den Rücken. Wie man einen Patzer schnell verarbeitet, könnte er von Neuer lernen.

Mehr News zum FC Bayern München

Erst wurde er gelobt, dann entwickelte er sich zum großen Unglücksraben. Jonas Urbig durchlebte als Vertreter von Manuel Neuer ein Wechselbad der Gefühle. Dreieinhalb Spiele absolvierte der 21-Jährige, der erst Ende Januar vom Zweitligisten 1. FC Köln verpflichtet wurde.

Im Champions-League-Hinspiel gegen Bayer Leverkusen kam Urbig nach 58 Minuten ins Spiel, weil sich Neuer beim Torjubel verletzt hatte. Aufgrund der dominanten Spielweise des FC Bayern (Endstand 3:0) musste er allerdings keinen einzigen Torschuss parieren. Bei seinem Bundesliga-Debüt verlor er gegen den VfL Bochum 2:3, war jedoch an keinem der drei Gegentreffer schuld.

Seinen besten Auftritt hatte Urbig im Champions-League-Rückspiel gegen Leverkusen, als er mehrere Top-Chancen vereitelte und somit großen Anteil am 2:0-Sieg hatte. Vereinsboss Jan-Christian Dreesen lobte Urbig danach beim Bankett, sprach von einem "ganz besonderen Auftritt" und hob hervor, Urbig habe "Souveränität auf dem Platz ausgestrahlt" und "zwei, drei tolle Aktionen gehabt".

Der Tiefpunkt allerdings folgte nur vier Tage später. Beim Auswärtsspiel gegen den 1. FC Union Berlin verschuldete er das Gegentor zum 1:1, indem er einen hohen Ball in den gefährlichen Raum und somit zum Torschützen Benedict Hollerbach faustete.

Eberl und Kompany nahmen Urbig in Schutz

Sportvorstand Max Eberl nahm Urbig danach in Schutz. "Wir gewinnen zusammen, wir verlieren zusammen und wir spielen auch zusammen unentschieden", sagte er auf Nachfrage unserer Redaktion. "Er wird damit umgehen müssen. Das ist eben so, wenn Torhüter bei einem Gegentor mit drin hängen. Aber ich mache mir keine Gedanken."

Auch Trainer Vincent Kompany stärkte Urbig den Rücken: "Wir sind froh, dass wir einen Jungen mit so viel Talent haben, der Manuel ersetzen kann. Es ist natürlich nicht einfach. Aber bei mir liegt der Druck nie auf den jungen Spielern, die gerade dazukommen. Die werden ihre eigenen Erfahrungen machen."

Bis zu seinem Fehler lieferte Urbig in Berlin ein ordentliches Spiel ab. Er war zwar aufgrund der defensiven Spielweise von Union nur selten gefordert, zeigte aber dennoch gute Reflexe und verhinderte zum Beispiel ein drohendes Eigentor von Joshua Kimmich. "Jonas hat seine Aufgabe bis jetzt sehr gut gemacht und ein Fehler ändert daran auch nichts", sagte Mitspieler Josip Stanisic.

Matthäus lobt gute Leistung von Urbig gegen Leverkusen

Der frühere Bayern-Spieler Lothar Matthäus wirbt um Geduld mit dem Torwart. "Er hat in Leverkusen ein gutes Spiel in der Champions League gemacht, wo der Druck meiner Meinung nach größer war", sagte er am Sonntag in der Sendung "Sky 90". "Es ist ein junger Torwart, er muss mit Fehlern lernen – und dann vielleicht lieber gestern als in einem anderen wichtigeren Spiel, weil das können die Bayern noch verkraften."

Stefan Effenberg sieht das ähnlich. "Er ist hochtalentiert, überhaupt keine Frage", sagte der frühere Bayern-Spieler im "Doppelpass" von Sport1. "Diesen Fehler macht jeder, auch ein erfahrener Torwart. Es sieht natürlich unglücklich aus. Bei Bayern München stehst du natürlich unter einem anderen Glas, wirst beobachtet und ganz anders beurteilt. Aber er weiß ja selber, dass das ein Fehler war."

Fußverletzung: Urbig musste von der U21-Nationalmannschaft zurückreisen

Im nächsten Bundesligaspiel gegen den FC St. Pauli (29. März) dürfte Urbig nicht zum Einsatz kommen, weil Neuer bis dahin wohl wieder fit ist. Normalerweise hätte Urbig in der Zwischenzeit das Tor der deutschen U21-Nationalmannschaft gehütet. Allerdings zog er sich im Training eine Fußverletzung zu, musste abreisen und wird nun in München behandelt.

U21-Trainer Antonio Di Salvo freute sich dennoch, dass der Torwart in der Bundesliga Spielpraxis sammeln konnte: "Jonas Urbig hat natürlich davon profitiert, dass sich Manuel Neuer verletzt hat. Für ihn ist es super, bei den Bayern Spiele auf diesem Niveau absolvieren zu können."

Der eine Fehler gegen Union ändert nichts daran, dass Urbig als eines der größten deutschen Torwart-Talente gilt. Der frühere Bundesliga-Torwart und Torwarttrainer Richard Golz sagte im Gespräch mit unserer Redaktion: "Er ist ein sehr kompletter Torwart. Ich kann total verstehen, dass die Bayern ihn geholt haben. Man sieht das Talent. Er bringt alles mit, um Bundesliga-Torwart beim FC Bayern München zu werden."

Ebenfalls wichtig ist, dass sich Urbig in München offenbar wohlfühlt. "Die ganze Mannschaft hat mich sehr, sehr gut aufgenommen", sagte er bei Sky Sport News. Er habe sich die ganze Zeit darauf gefreut, "ein Teil dieser großartigen Mannschaft zu sein mit tollen und starken Persönlichkeiten und sehr, sehr viel Qualität".

Auch Manuel Neuer patzte als junger Torwart

Für die weitere Entwicklung von Urbig ist es wichtig, dass er den Fehler schnell verarbeitet. Tatsache ist: Selbst ein Manuel Neuer ist nicht vor Fehlern gefeit. Speziell als junger Torwart beim FC Schalke 04 unterliefen ihm einige dicke Patzer – zum Beispiel im Oktober 2007 im Bundesligaspiel gegen Hansa Rostock, als er den Ball Gegenspieler Marc Stein vor die Füße warf und dieser daraufhin zum 1:1 traf.

Die Trainer stärkten ihm allerdings immer den Rücken, weil sie um das Potenzial von Neuer wussten. "Manuel macht deutlich mehr positive als negative Dinge für uns", sagte beispielweise der damalige Schalke-Trainer Mirko Slomka. Und Ex-Schalke-Trainer Felix Magath sagte sogar nach schlechteren Spielen von Neuer, er hab insgesamt "gut ausgesehen".

Lesen Sie auch

Auch heute unterlaufen Neuer teilweise noch schwerwiegende Patzer, zum Beispiel im Dezember 2024, als er sich im DFB-Pokalspiel gegen Bayer Leverkusen beim Herauslaufen verschätzte und ein Foul beging. Dafür sah er die Rote Karte. Seine Mannschaft verlor das Spiel daraufhin in Unterzahl. Mit seinen 38 Jahren hat er allerdings längst gelernt, mit Fehlern umzugehen.

Neuer erklärt den richtigen Umgang mit Fehlern

"Es ist menschlich, dass man sich da einen Schutz aufbaut, das geht mir selbst auch manchmal so", sagte Neuer einmal im Interview mit "fcbayern.com". "Aber ich habe für mich gelernt, dass ich den Kopf schneller frei bekomme, wenn ich offen darüber spreche, mir auch mal selbst einen Fehler eingestehe. Dann geht es weiter."

Diese Mentalität muss sich nun auch Urbig zu eigen machen.

Verwendete Quellen