Borussia Dortmund kratzt an der ersten deutschen Meisterschaft seit 2012 und am Ende der Bayern-Dominanz. Letztlich ist die Mannschaft von Trainer Lucien Favre aber zu unbeständig – in der vergangenen wie in der aktuellen Saison. Ein Rückblick auf das schwarz-gelbe Jahr 2019.

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"Die Meisterschaft ist nicht alles", sagte Marco Reus nach dem 2:0-Sieg gegen Borussia Mönchengladbach am 34. Spieltag – sichtlich geknickt. Der FC Bayern bezwang gleichzeitig Eintracht Frankfurt mit 5:1 und schnappte sich die siebte deutsche Meisterschaft in Folge.

Etwas mehr als ein halbes Jahr später, der BVB verliert zum Hinrunden-Abschluss 1:2 gegen die TSG 1899 Hoffenheim, dürfte das Gefühl bei den Spielern ähnlich sein. Enttäuschung in den Momenten, in denen es zählt.

Knapp hat der BVB den Titel verpasst. Trotz der drittbesten Saison der Vereinsgeschichte und zwischenzeitlichem Neun-Punkte-Vorsprung vor dem FC Bayern. Ein halbes Jahr später ist der BVB kein Top-Favorit auf den Meistertitel. Das schwarz-gelbe Jahr 2019 gleicht einer Achterbahnfahrt.

BVB vergibt die Meisterschaft 2018/19

Neun Punkte – verpufft. Kurz vor Weihnachten 2018 war Fußball spielen in Dortmund so einfach, während der Rekordmeister strauchelte. Im Februar waren es nur noch drei Punkte, Anfang März war das Polster mit der 1:2-Niederlage gegen Kellerkind Augsburg verschwunden.

Mal spielte der BVB meisterlich, mal unterirdisch. Häufig ließ Youngster Jadon Sancho seine Klasse aufblitzen, Axel Witsel lenkte das Spiel und der brillante Kapitän Marco Reus die Mannschaft. Manchmal aber wirkte der BVB zerstreut, unkonzentriert, ängstlich. Dem Team fehle es an Mentalität, hieß es.

"Ich hatte das Gefühl, dass in allen Bereichen, drei, vier, fünf Prozent fehlten", sagte Manager Michael Zorc nach der Augsburg-Pleite. Eben doch nicht meisterlich, wie Dortmund am 34. Spieltag schmerzlich erfahren musste.

Borussia Dortmund investiert viel im Sommer

Borussia Dortmund wollte es wissen, investierte viel Geld im Sommer. Der Klub ist angestachelt, weiß, dass die Meisterschaft möglich ist – erst recht mit diesen Neuzugängen?

Die große Überraschung des Sommers: Mats Hummels kehrte in den Ruhrpott zurück. Dass der FC Bayern ausgerechnet ihn an den Dauerrivalen abgeben würde, hatte wohl kaum jemand gedacht. Der 30-Millionen-Euro-Mann wurde sofort zum Abwehrchef unter Lucien Favre, gibt den Ton mit an und trägt die Kapitänsbinde, wenn Reus fehlt.

Neben Hummels sorgten Gladbachs Leistungsträger Thorgan Hazard, Leverkusens Shootingstar Julian Brandt und die Hoffenheimer Abwehrwaffe Nico Schulz für Dortmunds Rekord-Transfersommer. Flügelspieler Hazard schlug mit wettbewerbsübergreifend acht Assists und vier Toren prompt ein.

Schulz, der als Hoffnungsträger auf der linken Abwehrseite gilt, und Brandt, der unter Favre bisher nicht immer auf seiner Lieblingsposition im offensiven Mittelfeld spielen darf, tun sich noch schwer.

So läuft die BVB-Saison 2019/2020

Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke gab im Mai die Kampfansage vor: "Wir werden in die Saison mit der Maßgabe gehen, dass wir ohne Wenn und Aber um die Deutsche Meisterschaft spielen wollen." Auch Kapitän Reus nannte den Meistertitel als klares Ziel. "Nach der vergangenen Saison und unseren Neuverpflichtungen diesen Sommer macht ein anderes Saisonziel meiner Meinung nach gar keinen Sinn", sagte er im Juli der "Sport Bild".

Nach solidem Saisonstart war die 0:4-Klatsche im Topspiel gegen den FC Bayern der erste herbe Rückschlag. Es folgte eine jämmerliche erste Halbzeit gegen Aufsteiger Paderborn, nach der der BVB mit 0:3 zurücklag. Mühevoll retteten Sancho, Witsel und Reus das Remis, doch Favre war stark angezählt. Die Fans riefen erstmals "Favre raus".

Der Einzug in das Champions-League-Achtelfinale stimmte Verein und Fans versöhnlich, Favre durfte bleiben. Doch der BVB verabschiedete sich mit hängenden Köpfen in die Winterpause. "Wir wollen es immer fantastisch machen und verlieren Bälle, anstatt es einfach zu spielen und mehr Ballbesitz zu haben", analysierte Taktik-Fuchs Favre nach dem Hoffenheim-Spiel. Verkapptes Genie statt Unvermögen also?

Bilanz 2019: Wankend auf dem Weg nach oben

Der BVB kann 2019 schön und erfolgreich Fußball spielen. Doch wenn es ernst wird, zeigt er Nerven. So war es am 34. Spieltag, im Topspiel gegen Bayern und jüngst beim Hinrunden-Finale in Hoffenheim.

Die Meisterschaft 2018/19 gab Schwarz-Gelb wegen zu vieler liegen gelassener Punkte gegen die kleineren Teams aus der Hand.

Unkonzentriertheit und "fehlende Mentalität" werden der Mannschaft vorgeworfen. Selbst Zorc sagte nach dem 1:3 gegen Aufsteiger Union Berlin: "Wenn unsere Spieler nachher in der Mixed Zone feststellen, dass es die anderen mehr wollten, dann ist das sehr bedenklich."

Vielleicht ist es die Mentalität, die letztlich über die Meisterschaft entscheidet. Alles Kopfsache beim BVB – 2019 wie 2020.

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