Maybrit Illner diskutierte am Donnerstagabend (4. April) mit ihrer Runde über das Vertrauen, das die Bevölkerung in die Ampel noch hat und die Stabilität des Regierungs-Bündnisses. Wird es bis zur Wahl im September des kommenden Jahres halten? Die Runde fand eine deutliche Antwort. SPD-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig warnte, wie die Ampel noch weiter an Vertrauen verlieren würde und CDU-Mann Bosbach erklärte, was die Union komplett anders angehen würde.

Eine Kritik
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Nur noch jeder Dritte würde die Ampel-Parteien wählen – gemeinsam kommen SPD, Grüne und FDP auf 33 Prozent. Das ergab das "ZDF-Politbarometer" Ende März. Vertrauen im Keller? Die Zustimmungswerte von Kanzler Olaf Scholz steigen hingegen – verweigerter Taurus-Lieferungen sei Dank.

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Das ist das Thema bei "Illner"

Im Juni findet die Europawahl statt, im September stehen Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg an. Dazwischen werden jede Menge Kreistage, Stadträte und Regionalversammlungen neu gewählt. Illner fragte: "Viel Krise, wenig Vertrauen – überlebt die Ampel das Superwahljahr?" Dabei wollte sie vor allem wissen: Was wäre eine gute Politik, wenn es um die großen Krisen geht? Und: Wie können die demokratischen Parteien Vertrauen zurückgewinnen?

Das sind die Gäste

  • Manuela Schwesig (SPD): Beim Heizungsgesetz und beim Agrardiesel sei einiges schiefgelaufen, aber "es gibt auch viele gute Entscheidungen", verteidigte die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern und nannte die Gas- und Strompreisbremse sowie die Kindergelderhöhung. "Meine Aufgabe ist, gute Dinge zu unterstützen und dafür mitzukämpfen, aber auch ehrlich zu sagen, wenn Dinge nicht gut laufen. Wir verlieren das restliche Vertrauen, wenn die Menschen das Gefühl haben: Die reden hier alles schön."
  • Wolfgang Bosbach (CDU): "Ich glaube nicht, dass die Ampel scheitert, und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Wenn es vorgezogene Neuwahlen gäbe, würde keine der drei Parteien einen Vorteil davon haben, sie würden alle drei verlieren", meinte der CDU-Politiker. Deshalb würden sich die drei Parteien weiter aneinander klammern und hoffen, dass es beim regulären Wahltermin im kommenden Jahr besser aussieht.
  • Sabine Rennefanz: Die Autorin und Journalistin sagte zur Lage in Ostdeutschland vor den Landtagswahlen: "Da gibt es noch ganz viel zu gewinnen." Stimmungen seien volatil, viele Menschen seien Wechselwähler. Durch neue Player wie das BSW und die Werteunion sei noch viel in Bewegung. Die Außenpolitik sei einer der wenigen Pfründe, die Kanzler Scholz – auch im Osten – noch habe.
Maybrit Illner
Die Gäste (v.l.n.r.): Dirk Neubauer, Manuela Schwesig, Sabine Rennefanz, Moderatorin Maybrit Illner und Wolfgang Bosbach. © ZDF/Jule Roehr
  • Dirk Neubauer: Der Landrat aus Mittelsachsen sagte: "Mir fehlt eine klare Linie und die Kommunikation des Kanzlers. Es ist mir alles viel zu still. Und diese Stille füllt sich mit unglaublich viel Unsinn." Man müsse weg von der Diskussion über Waffengattungen hin zu Fragen der Grundwerte. "Die meisten diskutieren das Thema doch vor dem Hintergrund: Na hoffentlich betrifft es mich dann nicht direkt. Das ist eine Couch-Debatte, das dürfen wir nicht zulassen", forderte er. Deutschland führe zu viele Glaubensdebatten, anstatt über Fakten zu sprechen.
  • Eva Linsinger: Die Journalistin vom österreichischen Nachrichtenmagazin "Profil" sagte: "Auch die österreichische schwarz-grüne Regierung leidet unter der Vielzahl der Krisen und dem Misstrauen, das die Bevölkerung Regierenden und dem sogenannten System entgegenbringt." Es habe sich eine Proteststimmung breitgemacht. Dabei wirke die FPÖ, die Schwesterpartei der AfD, als eine Art Sammelstelle.

Das ist der Moment des Abends bei "Illner"

Der Moment der Sendung kam schon nach wenigen Minuten. Illner fragte: "Würde es die Union heute denn besser machen im Angesicht dieser Krisen, vor denen wir stehen?". Daraufhin gab CDU-Politiker Bosbach zu: "Die Probleme, die es gibt, die hätten wir auch, wenn wir an der Regierung wären." Die Union dürfe nicht den Eindruck machen, dass die Probleme verschwinden würden, wenn sie an die Regierung käme.

"Den entscheidenden Punkt würden wir anders machen", sagte Bosbach. Er erklärte: "Wenn der Bundeskanzler sagt, der Wohlstand in unserem Land basiert auf dem Sozialstaat, dann muss man ihm sagen: Nein! Der Wohlstand in unserem Land basiert auf dem Fleiß der Menschen, auf der Innovationsstärke, der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen."

Nur deshalb könne sich Deutschland den Sozialstaat leisten. Derzeit verliere das Land politische und wirtschaftliche Stabilität.

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Das ist das Rede-Duell des Abends

Illner konfrontierte Bosbach damit, dass im Dresdener Stadtrat die CDU in Sachen Bezahlkarte für einen AfD-Antrag gestimmt hatte. "Ich halte das für einen Fehler", meinte Bosbach. Es gebe einen Unterschied, ob die CDU einen Antrag einbringe und die AfD stimme zu, oder ob die CDU sich an einen Antrag der AfD anhänge. "Wenn das Schule macht, werden wir im Hinblick auf den Bundestagswahlkampf riesige Probleme bekommen", warnte er.

Dort würde dann das Narrativ erzählt, die Union gehöre mit zu "Rechts" und mache gemeinsame Sache mit der AfD. Er bekämpfe die AfD nicht, obwohl er konservativ sei, sondern weil er konservativ sei. Schwesig reagierte: "Die Realität vor Ort, auf kommunaler Ebene, ist schon längst so, dass es gemeinsame Sache zwischen AfD und CDU gibt." Auch Neubauer stimmte ein: "Diese Brandmauer hat es nie gegeben."

So hat sich Maybrit Illner geschlagen

Illner war bemüht, immer wieder auf den Sendungstitel zu sprechen zu kommen, aber am Ende driftete die Diskussion im Studio immer wieder in eine ganz andere Richtung. Illner trug mit mehreren Fragen zur AfD (etwa: "Was wäre, wenn die AfD in allen drei Bundesländern auf Platz 1 käme?") dann auch genau dazu bei, was die Studiogäste kritisierten: dass man sich zu sehr an der Partei abarbeitet.

Das ist das Ergebnis bei "Illner"

Die Ampel regiert das Land in einer schwierigen Zeit, darüber bestand im Studio völlige Einigkeit. Dass sie scheitern wird, hielt die Mehrheit im Studio für unwahrscheinlich. Deutlichen Verbesserungsbedarf sah die Runde aber bei der Kommunikation der Ampel geboten – sowohl nach innen als auch nach außen. Mehr realitätsnahe Debatte, mehr Lösungsorientierung und weniger Gezanke – das war die Devise.

Gleichzeitig hielten die Gäste aber auch fest, dass es auf Bundesebene in Zukunft immer schwieriger werden wird, stabile Bündnisse zu bilden. Keine gute Nachricht für Investoren und Unternehmer, die sich bereits jetzt nach Planungssicherheit sehnen.

Verwendete Quellen

  • ZDF: Sendung "Maybrit Illner" vom 04.04.2024
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