Während die AfD auf sozialen Plattformen wie TikTok schon länger mit Erfolg junge Wähler und Wählerinnen anzieht, versuchen traditionelle Parteien wie SPD oder FDP, langsam aufzuholen. Bei "Markus Lanz" kritisierte die JuLi-Vorsitzende Franziska Brandmann den jüngsten TikTok-Beitrag von Christian Dürr. Zeitgleich geriet sie in ein hitziges Wortgefecht mit dem neuen Vorsitzenden der Grünen Jugend.
Das ist das Thema bei "Markus Lanz"
In der politischen Landschaft hat das Internet und allen voran Social Media einen großen Wandel herbeigeführt. Während früher noch politische Reden das Nonplusultra waren, haben mittlerweile Plattformen wie TikTok einen wesentlichen Einfluss auf politische Kampagnen und die Art und Weise, wie Bürgerinnen und Bürger ihre Meinung zu bestimmten Themen bilden.
Die Parteien und ihre Jugendorganisationen
- SPD: Jungsozialistinnen und Jungsozialisten, kurz Jusos
- CDU/CSU: Junge Union Deutschlands, kurz JU
- FDP: Jungen Liberalen, kurz JuLi
- Bündnis 90/Die Grünen: Grüne Jugend
Das sind die Gäste
- Philipp Türmer, Juso-Vorsitzender: "Ich will keine Milliardäre mehr in Deutschland."
- Johannes Winkel, JU-Vorsitzender: "Ich würde grundsätzlich in allen Ministerien die Hälfte aller Leute entlassen - mindestens."
- Franziska Brandmann, JuLi-Vorsitzende: "Dass wir eine Wirtschaftswende brauchen in Deutschland, das ist sehr deutlich geworden in den letzten Monaten."
- Jakob Blasel, Grüne Jugend-Vorsitzender: "Das ist meine Überzeugung, dass wir die Klimakrise dann lösen, wenn wir es als ein systematisches Problem betrachten."
- Svenja Appuhn, Ex-Grüne Jugend-Chefin: "Schlimm, wenn Links sein in der eigenen Partei plötzlich zu einer Art Jugendsünde wird."
Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"
Zu Beginn der Sendung wollte Markus Lanz von seinen Gästen wissen: "Habt ihr das Gefühl, dass Politik noch junge Menschen erreicht?" Franziska Brandmann, die Vorsitzende der Jungen Liberalen, zeigte sich skeptisch und erklärte, dass "Politik wieder einen Fokus legen muss auf Themen, die junge Menschen bewegen", wie beispielsweise "das Thema Aufstiegsversprechen, das in Deutschland nicht ausreichend erfüllt" werde. "Wir leben so ein bisschen in anderen Zeiten als vor ein paar Jahren noch. (...) Es gab Frieden in Europa, es gab ein funktionierendes Aufstiegsversprechen. Es gab das Gefühl von Wohlstand und Wirtschaftswachstum. (...) Und jetzt gerade haben wir eine junge Generation, die merkt, das ist alles kein Automatismus. Das muss alles immer wieder erarbeitet und quasi neu geschaffen werden", so Brandmann.
Sie erklärte weiter, dass das für "viel Unsicherheit bei jungen Menschen" sorge. Die Ex-Grüne Jugend-Chefin Svenja Appuhn ergänzte prompt: "Ich glaube, dass es total so ist, dass ganz viele junge Menschen das Gefühl haben, dass sie in der Politik gerade überhaupt nicht mehr richtig gesehen werden." Jakob Blasel, der neue Sprecher der Grünen Jugend, erklärte daraufhin, dass ein großes Problem der Kommunikationsstil der Politik sei, denn: "Ein gewisses Level an Bullshit ist eigentlich immer dabei, wenn Politiker Interviews geben." Blasel fügte hinzu, dass viele Politiker häufig in "so eine Phrasenhaftigkeit" reinrutschen würden.
"Das halte ich schon für ein Problem, wenn es darum geht, reale Probleme von Menschen anzusprechen", so der Grüne Jugend-Vorsitzende. Johannes Winkel, der Vorsitzende der Jungen Union, sah dies anders und stellte klar, dass es ihm nicht so wichtig sei, wie die Kommunikation in der Politik funktioniere, "sondern vor allen Dingen, was für Inhalte man macht". Darauf konterte Markus Lanz: "Das ist wieder so eine Phrase. Das ist genau das, was er meint!" Johannes dementierte kopfschüttelnd: "Das ist überhaupt keine Phrase. Viele Politiker geben ja vor, in ihrer Kommunikation jung zu sein, machen aber Politik nur für die ältere Generation. Und darum geht's ja eigentlich!"
Franziska Brandmann merkte dazu an, dass es vor allem um authentische Kommunikation gehen müsse und nicht unbedingt um gelungene TikTok-Auftritte. Eine Steilvorlage für Markus Lanz, der prompt einen Clip von
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Das ist das Rede-Duell des Abends
Die Aussagen ihrer Politik-Kollegen und -kolleginnen brachten Franziska Brandmann in Rage. Sie wetterte zunächst in Richtung Philipp Türmer: "Super, jetzt kannst du (...) einen linken Take machen, dann haben wir alles abgeholt einmal!" Der Juso-Vorsitzende wehrte sich jedoch mit den Worten: "Hatte ich gar nicht vor!" Türmer stellte dennoch amüsiert fest, dass dank Christian Dürr das Level der Peinlichkeit "gesenkt" worden sei und "und das gibt uns allen viel Freiraum". Franziska Brandmann stellte daraufhin mit strengem Blick klar: "Ich will Christian Dürr gar nicht verteidigen. Ich finde das Video auch peinlich. Ich finde das mega-peinlich." Dennoch geht es laut der JuLi-Vorsitzenden darum, Reichweiten zu generieren.
Als Jakob Blasel daraufhin das Wort "Clickbait" in den Raum warf, konterte Franziska wütend: "Da kannst du drüber lachen, aber die Grüne Jugend hat halt deutlich weniger Reichweite als die FDP Bundestagsfraktion!" Die Politikerin beschwerte sich weiter: "Die Art und Weise, wie wir die Debatte gerade führen, ist auch ein bisschen peinlich."
Hitzig ging es weiter, als Markus Lanz ein fünf Jahre altes Video von Jakob Blasel zeigte, in dem er über die Umweltwirkung von Haustierhaltung sprach und sich gegen die Tierzucht stark machte. Der Grünen-Politiker ruderte jedoch zurück und sagte: "Ich persönlich habe mich da aus meiner jetzigen Sicht ganz schön weit aus dem Fenster gelehnt." Lanz stellte daraufhin irritiert fest: "Ich habe noch nie irgendwo was vorgelesen, was ich nicht vorlesen wollte."
Der ZDF-Moderator hakte weiter nach: "Sagen Sie das jetzt aus taktischen Gründen, weil Sie wissen, dass das Klischee über die Grünen ist: 'Die wollen uns eh alles verbieten und jetzt auch noch die Haustiere'?" Jakob Blasel dementierte dies kopfschüttelnd: "Ich halte diese Zuspitzung auf den Konsum von einzelnen Menschen (...) für falsch." Lanz ließ sich davon jedoch nicht beirren und stichelte weiter: "Ich merke, da gibt es sozusagen die Angst vor diesem Klischee, 'Die bösen Grünen wollen uns alles verbieten'."
Als der Jungpolitiker deutlich machte, dass es "keine Klischee-Angst" gebe, zeigte Markus Lanz ein Video-Reaktion von Martin Huber, in der der CSU-Politiker warnte: "Die Grüne Jugend will euch die Haustiere wegnehmen". Während Johannes Winkel die Zuspitzung des Politikers als "okay" bezeichnete, stellte Jakob Blasel klar, dass er das "nie in meiner Funktion als Grüne Jugend Mitglied gesagt" habe und "an keinem Punkt" die Forderung gestellt habe, "dass Haustiere verboten werden sollen".
Während Lanz dem Grüne-Jugend-Vorsitzenden beipflichtete, beschwerte sich Franziska Brandmann über die Debatte: "Ich finde, es geht um die Frage, was ist gerade wichtig in diesem Land." Laut Brandmann seien dies sicher nicht Hundekotbeutel: "Das ist doch absurd!" Jakob konterte darauf sichtlich genervt: "Du machst dir gerade eine Fake-News-Kritik von der CSU zu eigen, sich über eine Hundedebatte aufzuregen, die ich niemals als Sprecher der Grünen Jugend geführt habe!"
So hat sich Markus Lanz geschlagen
Markus Lanz gelang am Donnerstagabend eine hitzige, aber inhaltsreiche Sendung, bei der er am Ende selbst das Fazit ziehen musste: "Ich hätte nie für möglich gehalten, dass hier fünf junge Politiker sitzen, die fast unisono sagen: 'TikTok müssen wir möglicherweise verbieten, zumindest regulieren'."
Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"
Bei "Markus Lanz" wurde hitzig über die Relevanz von TikTok im politischen Geschehen diskutiert. Johannes Winkel warnte in dem Zusammenhang: "Ich glaube, wer das auf TikTok ehrlicherweise sehr, sehr professionell (...) macht, ist die AfD", "weil radikale Inhalte (...) einen höheren Push beim Algorithmus haben."
Philipp Türmer stellte deshalb die Forderung: "Wir müssen TikTok, (...) insgesamt Social Media, wirksam regulieren. Das ist total wichtig, um unsere demokratische Debatte zu schützen. Und wenn sie sich nicht regulieren lassen, dann muss man sie auch verbieten." Gleichzeitig machte der Juso-Vorsitzende deutlich, dass man der AfD nicht das Feld auf TikTok überlassen dürfe und stattdessen "den Kampf dort gegen diese faschistische Propaganda aufnehmen" müsse. "Wir haben die Debatte dort zu lange den Falschen überlassen", so Türmer nachdenklich. © 1&1 Mail & Media/teleschau
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