Am Donnerstag rief Armin Laschet den Beginn einer "Neuaufstellung" in der CDU aus. Auf einem Parteitag sollen die ersten Schritte zur Zukunft der CDU gemacht werden. Am Donnerstagabend zeigte nun bei "maybrit illner" ein Gast, der ausgerechnet zum "Zukunftsteam" Laschets gehört hat, dass er nach wie vor für die Vergangenheit steht.

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Es ist die Zeit der Wasserstandsmeldungen – obwohl es eigentlich gar keine Wasserstandsmeldungen gibt. Denn FDP, Grüne und SPD halten sich offenbar an die selbst auferlegte Diskretion bei ihren Sondierungsgesprächen. Man wolle in Ruhe die Gemeinsamkeiten diskutieren und Trennendes überwinden.

Nun gab es aber doch eine Wasserstandsmeldung und sie kam vom CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet. In einer nicht ganz eindeutigen Ansprache äußerte sich Laschet zu seiner Zukunft und zur Zukunft der CDU. Dementsprechend diskutierte Maybrit Illner am Donnerstagabend zum Thema "Laschet auf dem Rückzug – kommt die Ampel?"

Mit diesen Gästen diskutierte Maybrit Illner:

  • Cem Özdemir (B’90/Die Grünen), ehemaliger Parteivorsitzender
  • Jessica Rosenthal (SPD), JUSO-Bundesvorsitzende
  • Melanie Amann, Leiterin des Hauptstadtbüros des "Spiegel"
  • Friedrich Merz, Vizepräsident des Lobbyverbandes Wirtschaftsrat der CDU e. V. und Mitglied des Bundestages

Darüber diskutierte die Runde bei Maybrit Illner:

Armin Laschet trat am Donnerstag ans Mikrofon und verkündete: "Wir signalisieren FDP und Grünen: Ansprechpartner für die CDU bleibt der CDU-Vorsitzende". Aber auch: "Es geht nicht um die Person Armin Laschet" und "An der Person wird es nicht scheitern." Und nicht zuletzt: "Zur personellen Zukunft und Neuaufstellung werde ich den Gremien der Partei in der kommenden Woche die Einberufung eines Parteitags vorschlagen."

Da Laschet damit seine Person betreffend nur fast Konkretes sagte, fragt Maybrit Illner gleich einmal nach, was der CDU-Kanzlerkandidat denn damit gemeint haben könne. Friedrich Merz glaubt, eine eindeutige Botschaft verstanden zu haben. Es werde einen Parteitag und einen Neuanfang in der CDU geben, aber: "Es gibt einen Vorsitzenden bis zu diesem Neuanfang und die CDU ist ansprechbar für Gespräche für Regierungsbildung, wenn die Grünen, wenn die FDP mit uns reden will."

Melanie Amann musste hingegen zweimal hinhören. Für die Journalistin ist Jamaika noch die "Lebensversicherung" für Armin Laschet, aber "jetzt beginnt der Prozess, den Herr Laschet nicht mehr kontrollieren kann." Auf die Feststellung, dass Markus Söder nie aufgehört habe, Laschet zu bekämpfen, hat Amann eine klare Antwort: "Ja, das stimmt."

Friedrich Merz stellt ebenfalls fest, dass "über 60 Prozent" der Wähler die Union als zerstritten erlebt haben und "zerstrittene Parteien werden nicht gewählt". Allerdings liege das Hauptproblem der CDU nicht am Kanzlerkandidaten oder am Parteivorsitzenden, sondern im Oktober 2018, als die Partei akzeptiert hatte, den Parteivorsitz und das Kanzleramt in unterschiedliche Hände zu legen: "Das war aus der Rückschau betrachtet der schwere strategische Fehler, das so zu machen." Merkel hätte damals entweder auch als Kanzlerin zurücktreten, oder beide Ämter behalten sollen.

Der Schlagabtausch des Abends:

Der Schlagabtausch des Abends beginnt zunächst noch als Meinungsverschiedenheit. Als Maybrit Illner behauptet, dass das "gleiche Establishment" der CDU Merz als Vorsitzenden und Markus Söder als Kanzlerkandidaten verhindert habe, stimmt ihr Friedrich Merz sofort zu: "Das ist personenidentisch, zum Teil jedenfalls. Das ist die richtige Beschreibung der Geschichte, die hinter uns liegt."

"Naja, nicht ganz", grätscht Melanie Amann hier dazwischen und erklärt: "Sie wurden in einer Abstimmung unter 1.001 Delegierten nicht gewählt. Man kann jetzt natürlich sagen: 1.001 – das ist das Establishment, aber das ist schon ein relativ großes Establishment. Das heißt: Dass Sie nicht Parteivorsitzender geworden sind, wurde von einem großen Kreis von Personen getroffen. Sie können jetzt sagen: Die sind alle doof, die sind alle Funktionäre und verstehen die Basis und die Menschen nicht."

Dem widerspricht Merz direkt, doch wenig später geraten er und Amann wieder aneinander, als Merz behauptet, die vielen Indiskretionen seien mit ein Grund gewesen, warum er 2004 aus den Führungsgremien seiner Partei und 2009 aus dem Bundestag ausgestiegen ist. "Das war doch nicht der Grund, dass Sie aus der Politik ausgestiegen sind, Herr Merz", geht Amann erneut dazwischen.

Geht es bis dahin noch gesittet zu, wird der Ton von Merz ein paar Minuten später deutlich giftiger. Als es um die Wählerwanderung und um die inhaltliche Ausrichtung der Union geht, gehen die Ansichten zwischen Amann und Merz auseinander.

Doch statt gegen Amanns Einschätzung sachlich zu argumentierten, wird Friedrich Merz pampig: "Frau Amann, Sie legen sich Geschichten zurecht, weil Sie ein Klischee insbesondere mit meiner Person hier bedienen wollen, die einfach falsch sind."

Die Fast-Aussage des Abends:

Zweimal scheiterte der Vizepräsident einer Wirtschaftslobbyvereinigung und ehemalige Fraktionsvorsitzende Merz bei der Wahl zum Parteivorsitzenden. Als Maybrit Illner nun die Neuaufstellung der CDU diskutiert, liegt ihre Frage nahe, ob er es ein drittes Mal probieren will.

Die Antworten von Merz sind hier jedoch nicht eindeutig. "Nein, da bin ich weit von entfernt", sagt Merz. "Ich werde genannt in diesem Zusammenhang. Von mir gibt es in dieser Richtung keine Äußerung", erklärt Merz an anderer Stelle, um sich direkt danach zu widersprechen, als er sich eben doch äußert: "Ob ich noch mal für den Parteivorsitz kandidiere oder nicht, das ist eine Frage, mit der ich mich nicht abschließend beschäftigt habe."

So schlug sich Maybrit Illner:

Maybritt Illner wollte an diesem Abend viel über vergangene Entscheidungen und noch mehr über Personelles sprechen und arbeitete viel mit wäre, hätte, könnte und würde.

Das war erstens ziemlich spekulativ, zweitens meist irrelevant und drittens irgendwann auch Cem Özdemir zu viel: "Die Prozesse in der Union in Personalpolitik sind natürlich sehr spannend. Aber noch spannender fände ich, wenn wir uns mal drüber unterhalten, wie es mit dem Land weitergeht", schlug der Grünen-Politiker Illner einen Themenwechsel vor.

Das Fazit:

Maybritt Illner wollte an diesem Donnerstagabend über Armin Laschet und eine mögliche Ampel-Koalition diskutieren. Das tat sie auch, die Erkenntnisse des Abends gab es aber über etwas, beziehungsweise über jemand ganz anderen: über Friedrich Merz.

FDP, Grüne und in Teilen auch die SPD haben in den vergangenen Tagen immer wieder betont, dass die künftige Regierung eine Koalition des Aufbruchs sein muss, in der zum einen bisher vernachlässigte Inhalte wie Klimaschutz und eine Modernisierung des Landes angegangen werden müssen, die aber zum anderen auch einen Stilwechsel im Politikmachen braucht.

Friedrich Merz zeigte an diesem Abend, dass er weder für das eine noch für das andere steht. Der angesprochene Stilwechsel scheint dem CDU-Politiker jedenfalls herzlich egal zu sein.

Als es eigentlich um die Inhalte seiner Partei geht, teilt er lieber gegen die SPD aus. Mit Blick darauf, dass nun auch 49 Mitglieder der JUSOS im Bundestag sitzen, versucht es Merz mit alter Rote-Socken-Pöbelei Richtung Jessica Rosenthal: "Wird ja spannend sein, ob Sie überhaupt einen Koalitionsvertrag zustande bringen."

Ganz offensichtlich kann Merz mit einer Politik des Respekts und des Miteinanders nichts anfangen. Grüne und FDP dürften daher nicht unglücklich sein, zuerst mit der SPD Sondierungsgespräche zu führen.

Und als Merz die Zukunftspositionen der Union nennen soll, zählt er auf: Wirtschafts- und Finanzpolitik, innere Sicherheit, Flüchtlinge, Außen- und Sicherheitspolitik. Melanie Amann macht Merz noch darauf aufmerksam, dass er lediglich Themen, aber keine Positionen genannt hat.

Da fällt Özdemir auf, dass das wichtigste Thema gar nicht dabei war: "Was ist mit Klimaschutz? Gar keine Priorität?" Es ist selbstentlarvend, dass die Klimakrise bei den wichtigsten Themen bei Friedrich Merz nicht auf dem Zettel steht.

Nein, egal, wie sehr sich Friedrich Merz hier als Vertreter eines Neuanfangs in der CDU generiert, dieser Abend bei Maybrit Illner zeigte, dass der Wirtschaftslobbyist kein Mann der Zukunft, sondern der Vergangenheit ist.

Und wenn Merz zum Abschluss den Wunsch äußert: "Ich würde gerne sehen, dass wir die drei Buchstaben ‚CDU‘ etwas größer schreiben als die drei Buchstaben ‚ich‘,", dann wird es umso spannender sein, ob bei der nächsten Wahl des CDU-Parteivorsitzenden ein Name auftaucht, in dem das Wörtchen ‚ich‘ schon enthalten ist: Friedrich Merz.

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