Bei Maybrit Illner ging es am Donnerstagabend um den seit mehr als drei Jahren andauernden Krieg in der Ukraine. Ist durch Trumps Deal mit Putin nun ein nahes Ende in Sicht – und was kostet dieser "Frieden"? Politikwissenschaftlerin Sarah Pagung war sich sicher: Trump ist bereit, auch Europa über die Klinge springen zu lassen.

Das Thema der Runde

Bei Maybrit Illner ging es am Donnerstagabend um die Zukunft der Ukraine. Welche Folgen haben die Verhandlungen zwischen Donald Trump und Wladimir Putin und wie kann Europa sie noch beeinflussen?

Die Gäste

  • Jens Spahn (CDU): Der Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende sagte: "Wir jammern jetzt über den Katzentisch. Wenn man mit am Tisch sitzen will, muss man im Zweifel Chips mitbringen und vor allem Ideen und Vorschläge."
  • Wolfgang Schmidt (SPD): Der Kanzleramtschef von Olaf Scholz meinte: "Wir haben für die Ukraine das mobilisiert, was mobilisierbar war. Eine schnelle Aufrüstung war überhaupt nicht möglich." Einen Fehler habe die Bundesregierung nicht gemacht.
  • Sarah Pagung: Die Politikwissenschaftlerin von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik ist auf Russland und Osteuropa spezialisiert. Sie war sich sicher: "Die Position der Stärke ist sowohl für die Ukraine als auch Europa derzeit eine absolute Illusion. Die Frage ist, wie kann die Ukraine, wie kann Europa, überhaupt noch Einfluss auf diese Verhandlungen nehmen."
  • Marina Weisband: Die deutsch-ukrainische Publizistin sagte: "Es überrascht mich nicht, dass Trump die Ukraine aufgibt, er hat sich darauf schon vorbereitet. Ein Autoritärer hackt dem anderen erstmal kein Auge aus, sie würden gerne die Bodenschätze der Ukraine unter sich aufteilen."
  • Elmar Theveßen: Der Leiter des ZDF-Studios in Washington kommentierte: "Momentan läuft für Putin eigentlich alles super. Wichtige Verhandlungspositionen sind von der Ukraine schon preisgegeben worden – da geht es um Gebiete und die Nato-Mitgliedschaft. Man muss sich schon fragen, ob man das so leichtfertig aufgeben möchte."

Das Wortgefecht

Spahn kritisierte, von Seiten der europäischen Regierungen habe niemand frühzeitig begonnen, mit Trump zu sprechen. Illner spielte daraufhin einen Ausschnitt von Merz ein, indem er sich über ein mögliches Ende der Nato sorgte.

Pagung sagte dazu: "Die Katze ist aus dem Sack, wir müssen darüber sprechen, wir können das jetzt nicht wegschweigen." Sie wolle Spahn aber widersprechen. "Das hatte einen Grund", so Pagung. Allein die Tatsache, dass Trump und Putin telefoniert hätten, sei ein diplomatischer Erfolg für Russland. "Das hat man hergegeben, ohne Gegenleistungen zu erwarten", so Pagung. Gleichzeitig habe der US-Verteidigungsminister alle Positionen, mit denen man hätte Druck ausüben können, abgeräumt.

Beschwerde von Spahn lässt Illner laut auflachen

"Wir werden in Europa unabhängiger werden müssen, erwachsener werden müssen", forderte CDU-Politiker Jens Spahn am Donnerstagabend im ZDF-Talk "Maybrit Illner". "Wir müssen jetzt in einer Geschwindigkeit aufrüsten, ausrüsten, über nukleare Unabhängigkeit auch in der EU reden." Doch das werde einige Zeit dauern. "Wir sind von den USA abhängig", so Spahn. Dass die Moderatorin ihn bei seinem Plädoyer ständig unterbrach, ärgerte den früheren Gesundheitsminister jedoch: "Ich darf nicht mal ... Sie fragen mich immer was!" Über eine solche Beschwerde konnte Maybrit Illner jedoch nur lachen, schließlich, merkte sie an, sei Spahn auch "schon ganz schön zu Wort gekommen". Sehen Sie die "Maybrit Illner"-Sendung in voller Länge jederzeit hier: https://www.zdf.de/politik/maybrit-illner © ProSiebenSat.1

Die Offenbarung des Abends

Politikwissenschaftlerin Pagung analysierte: "Das, was wir trotz aller rhetorischer Schwenks von Donald Trump in den letzten Wochen gesehen haben: Das Ziel ist die Normalisierung der Beziehung zu Russland, um in einem größeren geopolitischen Spiel die Achse Moskau-Peking zu lockern. Dafür ist man bereit, nicht nur die Ukraine, sondern auch Europa über die Klinge springen zu lassen." Das sei erst recht so, weil Trump innenpolitisch unter Druck stehe, Geld einsparen zu müssen.

Der Erkenntnisgewinn

Eine wichtige Erkenntnis, die gleich mehrere Gäste festhielten: "Hätten wir am Anfang mehr getan, wären wir jetzt nicht in dieser Lage." Weisband erinnerte ebenso daran, dass man den jetzt in Aussicht stehenden "Frieden" auch vorher hätte haben können – es aber kein Frieden sei. "Putin braucht Krieg – für seine Wirtschaft und, weil er nur so lange regiert, wie Krieg ist. Krieg in Europa ist mit dem Fall der Ukraine eine wirklich reale Option", mahnte sie.