Wo bleibt sie, die von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angekündigte "Zeitenwende" in der Rüstungspolitik? Die Kritik am zögerlichen und viel kritisierten Vorgehen der deutschen Bundesregierung gegenüber der Ukraine war am Dienstagabend das Topthema bei "maischberger". Zudem sprach die Gastgeberin mit ihren Gästen über die Affenpocken-Infektionen in Europa und den ab Mittwoch geltenden Tankrabatt.
Das waren die Gäste
Szymon Szynkowski vel Sek: Der stellvertretende polnische Außenminister übte scharfe Kritik an der deutschen Haltung zu den Lieferungen schwerer Waffen an die Ukraine. "Wir brauchen mehr. Wir brauchen konkrete Taten und nicht nur Worte und Deklarationen". Zudem warf Szynkowski vel Sek Deutschland vor, im Rahmen eines Ringtausches Polen nur veraltete Waffen und Ausrüstung angeboten zu haben. "Mit anderen Partnern sind wir schon viel viel weiter". Die polnische Regierung frage sich, inwieweit das Kanzleramt und
Hannah Bethke: Die Journalistin und Politikwissenschaftlerin verteidigte Yogeshwar in einigen Punkten gegen Kritik an dem Brief – auch wenn sie nicht mit allen Aussagen übereinstimmte. "Wenn es keine Verhandlungen gebe, um den Krieg zu beenden, "worauf soll es denn dann hinauslaufen?", fragte sie. Zudem nahm sie die Katholische Kirche in Schutz, nachdem ein Einspieler gezeigt wurde, in dem sich ein deutscher Geistlicher für Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen hatte. Man könne jetzt "schlecht mit einem Ultrapazifismus auftreten", so Bethke.
Jan Fleischhauer: Der frühere Spiegel- und heutige Focus-Journalist ist ein erbitterter Gegner von Verhandlungen mit dem russischen Präsidenten
Das war noch Thema bei Maischberger
Zoonosen-Forscher Fabian Leendertz warnte wegen der Ausbreitung des Affenpockenvirus vor übertriebener Panik in der Bevölkerung - und vor der Verteufelung von homosexuellen Männern, bei denen die Krankheit zuletzt gehäuft aufgetreten ist.
Schließlich leistete sich Lars Klingbeil beim Thema Tankrabatt einen Seitenhieb auf Bundeswirtschaftsminister
Das war der Moment des Abends
Jan Fleischhauer, der eingefleischte und häufig polarisierende Konservative, konnte sich ein lautes Lachen nicht verkneifen. Was war geschehen? Maischberger hatte erwähnt, dass es ausgerechnet bei den einst so pazifistischen Grünen nun mit die größten Unterstützer für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine gibt. "Dass Toni Hofreiter jetzt überall sitzt und Waffengattungen runterbetet wie das Kamasutra oder einer wie ich plötzlich sein Herz für die Grünen entdeckt, da sieht man, wie die Welt in Unordnung geraten ist", rief Fleischhauer verwundert-amüsiert in die Runde.
Das war das Rededuell des Abends
Wenn Debatten-Argumente moralisch unterfüttert werden, ist die Eskalation häufig nicht weit weg. Journalistin Hannah Bethke warf Jan Fleischhauer einseitige Moral vor, weil er wiederum den Unterzeichnern des Emma-Briefes unmoralisches Handeln vorgeworfen hatte. "Einem Volk in Europa, dem auf diese Weise mit Auslöschung gedroht wird, die Hilfe zu verweigern, finde ich unmoralisch", verteidigte sich Fleischhauer.
Yogeshwar blieb jedoch cool: Man könne die Moral weglassen, sagte er. "Ich würde eher im Land der Dichter und Denker von einer vernünftigen Entscheidung reden." Fleischhauer stellte schließlich etwas resigniert fest: "Sie haben einen wuchtigen Verbündeten: den Bundeskanzler"
So hat sich Sandra Maischberger geschlagen
Maischberger hatte es an einem Abend, an dem niemand mit Schaum vorm Mund in ihrer Runde saß, nicht sonderlich schwer. Beachtlich war ihr Nachhaken bei SPD-Chef Lars Klingbeil beim Komplex Tankrabatt, mit dem sie den Politik-Profi ein wenig aufs Glatteis führte. "Gucken wir, was morgen an der Tankstelle passiert und wissen, wer schuld ist, wenn es nicht so kommt." Auch diese Steilvorlage, den Koalitionskollegen Robert Habeck in Schutz zu nehmen, ließ Klingbeil ungenutzt. Punktsieg für die Gastgeberin an dieser Stelle.
Das ist das Fazit
Lieferungen schwerer Waffen – ja oder nein? Mit Putin reden – ja oder nein? Bei diesen zentralen Punkten der Debatte kamen die Gäste bei Sandra Maischberger am Mittwochabend nicht auf einen gemeinsamen Nenner. Darüber, dass der Krieg in der Ukraine schnellstmöglich beendet werden muss, um weiteres Leid für die Zivilbevölkerung zu verhindern, herrschte natürlich Einigkeit. Doch es blieben auch Widersprüche und Ungereimtheiten. Wie soll das erreicht werden, wenn Russland – wie es Jan Fleischhauer im Sinne der USA vorschlug – so sehr geschwächt werden soll, um keinen neuen Krieg mehr anfangen zu können? Hieße das, im Extremfall, auch einen jahrelangen Konflikt in dem osteuropäischen Land am Leben zu erhalten?
Für Lars Klingbeil ist es extrem wichtig, die Gespräche mit Putin trotz aller Gräueltaten aufrechtzuerhalten. Putin müsse damit persönlich gezeigt werden, wie vereint der Westen im Kampf gegen Russland sei. Doch die Front – siehe Teil-Energieembargo der EU – beginnt langsam zu bröckeln. Und so steht leider ein sehr realistisches Szenario im Raum: Dass wir uns mit der Zeit an den Krieg in der Ukraine gewöhnen werden und das Interesse am dortigen Leid Stück für Stück abnimmt.
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