Bayerns Ministerpräsident sagt in der Sendung von Sandra Maischberger, das Initiativrecht für die Kanzlerkandidatur habe der neue CDU-Vorsitzende – doch das kann viel bedeuten. Eine streitlustige Kommentatoren-Runde diskutiert über die Corona-Politik. Ranga Yogeshwar äußert Sympathie für die No-COVID-Strategie.
In den USA ist der alte Präsident abgetreten, in Deutschland läuft sich der neue Kanzler warm. Oder? Wo
Das sind die Gäste bei Sandra Maischberger
- Markus Söder: Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef sonnt sich wieder einmal in der Rolle des entschlossenen Corona-Bekämpfers. Oft sei man in Bayern strenger gewesen oder habe Maßnahmen angeordnet, die andere dann übernommen haben. So wie jetzt die Pflicht zum Tragen medizinischer Masken in Bussen, Bahnen und Geschäften. "Wenn das Virus gefährlicher wird, dann muss die Maske sicherer werden."
Gesine Schwan : Die SPD-Politikerin ist hoffnungsvoll, dass der neue US-PräsidentJoe Biden das zerrissene Land vereinen wird. Es komme dabei gar nicht so sehr auf Rentenerhöhungen oder Mindestlohn an, meint die Politikwissenschaftlerin. "Das Ganze hat auch eine psychologische Komponente." Biden strahle Ruhe und Gelassenheit aus – und er habe einen guten Ton getroffen.Ranga Yogeshwar : Der Wissenschaftsjournalist warnt vor den neuen Mutationen des Coronavirus. Der Erreger werde dadurch für die Gesamtbevölkerung auf jeden Fall gefährlicher. Yogeshwar äußert auch Sympathie für die sogenannte No-COVID-Strategie, also einen noch deutlich härteren Lockdown, um die Kurve der täglichen Neuinfektionen Richtung null zu drücken.- Susanne Gaschke: Von dieser Strategie hält die Journalistin der "Welt" gar nichts. "Eine vernetzte, komplexe, moderne Gesellschaft wird solche Viren niemals komplett besiegen können. Ich verstehe auch gar nicht, wo solche Fantasien herkommen." Ihr Thema sind die Menschen in den Alten- und Pflegeheimen. Die müsse man endlich besser schützen.
- Ulrike Herrmann: Die "taz"-Redakteurin befindet sich in einer ungewohnten Rolle. Als Vertreterin einer linksalternativen Zeitung äußert sie Sympathien für Söders harten Corona-Kurs – vor allem aber für die
Kanzlerin . "Wir verschenken sehr viel Zeit. Und das liegt nicht an der Kanzlerin, sondern an den Ministerpräsidenten." Die würden ständig die Beschlüsse der Bund-Länder-Konferenzen verwässern. Michael Mittermeier : Der Kabarettist würde gerne wieder auftreten, zeigt aber auch Verständnis für die Corona-Maßnahmen. Wenig Verständnis hat er dagegen für Politiker, die derzeit Dinge auch dann noch geschönt darstellen, wenn sie nicht gut gelaufen sind: "Dann sagt halt mal, wenn was nicht geklappt hat!"
Das ist der Moment des Abends
Markus Söder spricht lange über Corona und sagt viel Erwartbares. Doch am Ende schneidet Sandra Maischberger doch noch die K-Frage an: Will der Bayer Kanzler werden? Maischberger weiß natürlich, dass es langweilig und wenig erfolgversprechend wäre, ihn das ganz direkt zu fragen. Aber in Söders Haushalt ist in der vergangenen Woche Hündin Molly eingezogen. Ob Molly denn mit nach Berlin komme, will sie wissen. "Mollys Platz ist in Bayern", sagt Söder darauf nur.
Der bayerische Ministerpräsident erklärt: Die K-Frage werde er im Gespräch mit dem neuen CDU-Chef Armin Laschet klären. "Der CDU-Vorsitzende hat das Initiativrecht", stellt Söder klar. Aha! Lässt er
Dann würde Molly ihr neues Herrchen also kaum noch zu Gesicht bekommen – schließlich ist ihr Platz ja in Bayern. Aber wahrscheinlich sieht die schwarze Hündin auch jetzt schon nicht viel von ihm. Wer gerade eine Pandemie bekämpfen muss, dürfte wenig Zeit für sein Haustier haben.
Das ist das Rededuell des Abends
Streitlustig präsentiert sich das Kommentatoren-Trio. Vor allem "Welt"-Journalistin Susanne Gaschke sorgt für Widerspruch. "Die Bundesregierung hat sich immer wieder völlig in die Ecke gepinselt", schimpft sie. Die Regierenden würden der Bevölkerung einen Lockdown nach dem anderen zumuten, bekämen die wahren Probleme aber nicht in den Griff: zu viele Tote in den Altenheimen, ausbleibende Unterstützungszahlungen für Selbstständige, eine zu langsame Impfkampagne. Ihre Vermutung: Hätte der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt den Krisenstab geleitet, würde vieles besser laufen.
"Auch Helmut Schmidt wäre in dieser Situation überfordert", hält "taz"-Redakteurin Ulrike Herrmann entgegen. "Es fehlt einfach der Impfstoff – da kann man sich auf den Kopf stellen und er fehlt trotzdem." Ein effektiver Schutz der Menschen in den Altenheimen funktioniere zudem nur mit einem Lockdown. Denn damit sinke auch die Gefahr, dass die Pflegenden das Virus in die Einrichtungen bringen.
Doch Gaschke ist in Fahrt und stellt noch eine besonders steile These auf: "Es ist doch nicht schlimm, wenn junge, gesunde Leute die Krankheit bekommen." Das ist eine gewagte Aussage, weil auch junge Menschen schwer an COVID-19 erkranken können. Immerhin schaltet sich Kabarettist Michael Mittermeier ein. "Ich kennen ein paar, die hatten das. Und denen ging es richtig scheiße."
Das ist das Ergebnis
Der muntere Schlagabtausch der drei Kommentatoren ist dieses Mal der Pluspunkt der Sendung. Allerdings muss man sich gerade deshalb fragen: Ist es wirklich sinnvoll, dass in einer Polit-Talkshow zwei Journalistinnen und ein Kabarettist die politischen Diskussionen führen müssen und die Politiker zwischendurch zum Einzelgespräch bei der Moderatorin antreten?
Die Grenze zwischen Politik und Politik-Beobachtung verschwimmt dabei zusehends. Sinnvoll wäre es wohl, wenn Maischberger sich mal wieder zwei engagierte Streithähne einlädt. Die Duelle Boris Palmer versus Karl Lauterbach oder auch Reiner Calmund versus Peter Lohmeyer haben im vergangenen Jahr gezeigt, wie das geht.
So jedoch bleibt es eine zwar informative aber nur mäßig spannende Sendung. Mit dem unvermeidlichen ernüchternden Blick in die Zukunft: Ranga Yogeshwar geht davon aus, dass die ersehnte Impfkampagne die Pandemie nur langsam abklingen lassen wird. Er selbst rechnet damit, erst im Spätherbst gegen Corona geimpft zu werden.
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