Für die einstmals "großen Volksparteien" war die Europawahl ein Desaster, Grund zum Feiern haben eigentlich nur die Grünen. Doch bei Frank Plasberg wurde bei "Hart aber fair" am Ende – trotz vieler guter Vorsätze – dann doch wieder über Grundrente und Solidaritätsbeitrag gestritten.

Eine Kritik

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"Hart aber fair": Worum ging’s?

Die Grünen im Aufwärtstrend, CDU und SPD am Rande das Abgrunds – so konnte man Frank Plasbergs Zahlen zu den Ergebnissen der Europawahl in Deutschland verstehen: Die Ökopartei ist bei den unter 60-Jährigen stärkste Kraft, stellte der Moderator lakonisch fest.

Seine Frage: Ist das eine Zeitenwende oder nur ein Strohfeuer? Wird die Politik in Deutschland jetzt wirklich jünger und grüner?

Wer waren die Gäste?

  • Ricarda Lang ist 25 Jahre alt, Jurastudentin und Sprecherin der Grünen Jugend – der Jugendorganisation von Bündnis 90/Die Grünen.
  • Lars Klingbeil ist Politikwissenschaftler und seit Dezember 2017 Generalsekretär der SPD. Klingbeil ist 41 Jahre alt.
  • Mike Mohring ist Mitglied im CDU-Präsidium, Landesvorsitzender der CDU in Thüringen und Oppositionsführer im dortigen Landtag. Er ist 47 Jahre alt.
  • Markus Feldenkirchen ist 43 Jahre alt und "Spiegel"-Redakteur.
  • Michael Spreng ist 70 Jahre alt. Er war von 1989 bis 2000 Chefredakteur der "Bild am Sonntag" und 2003 Wahlkampfleiter für Edmund Stoiber.

Was war das Rededuell des Abends bei "Hart aber fair"?

Das Ereignis des Abends war: Es gab keine Rededuelle. Allenfalls kleinere Plänkeleien.

Erstaunlicherweise fielen Mohring (CDU) und Klingbeil (SPD) nicht einmal auf Provokationsversuche herein. Etwa als Plasberg mit einem Nahles-Einspieler bevorstehende Revierkämpfe im SPD-Fraktionsvorstand andeutete (tritt Martin Schulz wieder an?) oder als Michael Spreng die CDU mit Hinweis auf kommunikative Minusleistungen von Annegret Kramp-Karrenbauer vor einem "AKK-Problem" warnte und eine Ablösung der Parteivorsitzenden nahelegte.

Weder Mohring noch Klingbeil schienen interessiert daran, Schuldige auszumachen, Verantwortliche für das Wahldesaster zu benennen und sich auf Personaldiskussionen einzulassen.

Es kam nicht zu Duellen – staunen konnte das Publikum vielmehr über einen erstaunlich selbstkritischen Mike Mohring.

Manchmal konnte man geradezu Satire vermuten, wenn CDU-Präsidiumsmitglied Mohring der grünen Wahlgegnerin immer wieder mit warmen Worten zustimmte. Wenn er sich ans Herz griff, um den schwierigen Kampf der CDU um mehr Klimaschutz auch bei den europäischen Nachbarn zu illustrieren.

Seine Antwort, als die Grüne Ricarda Lang bissig kritisierte, Deutschland sei beim Umweltthema längst kein Vorreiter mehr, sondern blockiere auf europäischer Ebene Fortschritte beim Klimaschutz: "Ich bin da vom Herzen her genau dabei."

Wie schlug sich Frank Plasberg?

Wie gesagt, es war schwer, die Teilnehmer aus der Reserve zu locken. Dabei waren die Einspieler knallig gesetzt. Doch sogar über CDU-Staatssekretär Thomas Bareiß waren sich alle einig: Der hatte am Montag in großväterlicher Manier getwittert, die jungen Erstwähler sollten erstmal "ihr eigenes Geld verdienen und selber spüren, wer das alles bezahlen muss" – dann sehe "die Wahl vielleicht auch wieder anders aus". Plasberg schlug vor, Mohring könne diesen Tweet doch einfach "idiotisch" nennen.

Die Kommunikation in seiner Partei sei "in den letzten Wochen nicht glücklich gewesen", gab dieser diplomatisch zur Antwort, argumentierte aber anschließend alles in Grund und Boden, was der CDU in der Auseinandersetzung mit jugendlichen Kritikern wie dem YouTuber Rezo eingefallen – oder eben nicht eingefallen war.

Und erhielt dafür einmal mehr Unterstützung von Lars Klingbeil: "Die Politik ist sprachlos gegenüber dieser Generation", sinnierte der. Ver-kannte dabei aber einmal mehr, dass es nicht mehr angeht, "die Politik" mit CDU und SPD gleichzusetzen.

Schließlich gibt es auch noch genau diese Grünen, die Wege gefunden haben, mit der jungen Generation zu kommunizieren. Und die genau deshalb gerade dabei sind, CDU und SPD aufs Altenteil und schicken. Dieser so vielsagende Patzer entging Plasberg – schade.

Was war das Ergebnis bei "Hart aber fair"?

Die Eingangsfrage, ob die Politik hierzulande nun grüner und jünger werde, konnte die Show nicht explizit beantworten. Grün und jung war in diesem Kreis nur Ricarda Lang. Sie zeigte sich präsent, schnell, deutlich und kraftvoll – ihr Auftritt machte deutlich, welche Power es verleiht, wenn einem mehr als 20 Prozent der Wähler den Rücken stärken.

Als "Weckruf" müsse man das Wahlergebnis sehen, so Lang, als eine "klare Absage an Verwalten, Ausharren, Stillstand".

Das Bewusstsein für die Bedeutung des Klimawandels werde nicht mehr aus der Diskussion verschwinden, sei kein momentaner Hype, sondern das Ergebnis von "zehn Jahre Verschleppen".

Keiner der Teilnehmer widersprach – und daraus hätte man wohl schließen können, dass die Politik grüner und jünger werden könnte.

Wenn, ja wenn die Runde nicht gegen Ende doch noch auf den Zustand und die Chancen der Großen Koalition zu sprechen gekommen wären.

Wenn sich an dieser Stelle nicht Klingbeil und Mohring ganz nach alter Tradition vor allem darüber gestritten hätten, ob der Solidaritätsbeitrag demnächst zu hundert oder nur zu neunzig Prozent gestrichen werden solle. Und ob eine Grundrente gegebenenfalls bedingungslos oder doch nur nach Prüfung gewährt werden sollte. An dieser Stelle war die grüne Nachwuchspolitikerin plötzlich sehr weit außen vor.

Gegen Ende hin also ein wenig Realpolitik und die unvermeidliche Mahnung daran, dass Wahlen auch in Zukunft nicht mit dem Thema Klimaschutz allein zu gewinnen sein werden. Dass ein Klimawandel in der GroKo eher nicht stattfinden wird. Und dass es das langweilige Geschäft der Politik ist, in Gremien und Ausschüssen Kompromisse für das Verhandelbare zu finden.

"Hart aber fair" vermittelte auf diese Weise sogar noch die Erkenntnis, dass dieser Teil der Politik auch unter grüner Beteiligung weiterhin eher grau und wenig farbenfroh erscheinen wird.

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