Bei Sandra Maischberger ging es am Mittwochabend um Gerechtigkeit in der Innenpolitik und Frieden in der Außenpolitik. Dabei lieferte eine Journalistin eine kluge Analyse dessen, was in Deutschland für schlechte Stimmung sorgt, Linkspolitiker Gysi und FDP-Mann Dürr stritten über die Schuldenbremse und ein ehemaliger Kanzlerberater wagte eine Vorhersage, wie der Krieg in der Ukraine enden könnte.

Eine Kritik
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Friedrich Merz fand im Bundestag harte Worte in Richtung Regierung. Als eine "Partei der subventionierten Arbeitslosigkeit" bezeichnete er die SPD im Schlagabtausch im Parlament. Scholz giftete zurück: "Was hat eigentlich ihr Programm mit der politischen Zukunft Deutschlands zu tun? Nichts!" Wer hat eher Recht? Einer der Diskussionspunkte bei Sandra Maischberger.

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Das ist das Thema bei "Maischberger"

Bei Maischberger ging es am Mittwochabend um zwei große Fragen. Die erste: "Wie gerecht ist die Ampel-Politik?", die zweite: "Wie umgehen mit einem Trump-Comeback und den Kriegen weltweit?" Dabei kamen sowohl die Themen Bürgergeld, Schuldenbremse und Steuerpolitik auf den Tisch, als auch ein Ende des Krieges in der Ukraine und eine mögliche Wiederwahl Trumps.

Das sind die Gäste

  • Gregor Gysi (Linke): Der Linkspolitiker kritisierte: "Anstatt die Schuldenbremse wenigstens auszusetzen, will unsere Regierung vorwiegend im sozialen Bereich 17 Milliarden einsparen." Ein Schritt zu mehr Gerechtigkeit aus seiner Sicht: "Alle mit Erwerbseinkommen, also auch Rechtsanwälte, Bundestagsabgeordnete müssen in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, die meisten sind ja davon befreit." Außerdem dürfe es keine Beitragsbemessungsgrenze geben und bei Spitzenverdienern müsse der Rentenanstieg abgeflacht werden.
  • Christian Dürr (FDP): "Wir müssen auch darüber reden, wo der Sozialstaat seinen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten kann", so der Fraktionsvorsitzende. Das Ziel seien Arbeitsanreize. "Diejenigen, die sich verweigern und sagen, ich nehme keine Arbeit an, da muss das Bürgergeld auf Null gesetzt werden", forderte er.
  • Christoph Heusgen: Der ehemalige Diplomat und Leiter der Münchener Sicherheitskonferenz meinte: "Wir haben erlebt, wie Trump in den vier Jahren im Amt agiert hat. Deshalb dürfen wir uns keine Illusionen machen. Im Gegenteil. Wir müssen uns warm anziehen." Mit einem Kritikpunkt habe Trump recht: Deutschland habe das Zwei-Prozent-Ziel in Bezug auf die Nato nicht wie versprochen erreicht. Wenn Trump wieder ins Amt komme und in der finanziellen Vorausschau des Bundestags keine zwei Prozent lese, "dann wird er sagen: das war‘s", fürchtete Heusgen.
  • Theo Koll: Der langjährige Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios sagte über die Debatte im Bundestag: "Wir hatten überhaupt keine Ansätze von Konsens, ganz im Gegenteil. Und das ist eigentlich das, was im Land erwartet wird." Mit Blick auf den Haushalt sei die Ampel immer noch nicht so weit, dass sie der Realität ins Auge geschaut habe.
  • Luisa Thomé: "Das ist nicht, was Bürgerinnen und Bürger beruhigt, dass sich Opposition und Regierung so streiten", meinte die stellvertretende Leiterin im Ressort "X" bei "Zeit Online". Jetzt gerade sei es nicht der richtige Weg, einfach nur "dagegen" zu sein. Die Ampel sei besser als ihr Ruf. "Eine Aufgabe von Sozialdemokratie sollte sein, den Niedriglohnsektor so zu entlohnen, dass wir nicht neidisch aufeinander werden", so Thomé.
  • Susanne Gaschke: Die Stimmung in der Bevölkerung sei, dass das Bürgergeld zu hoch ist, so die Autorin der "Neuen Zürcher Zeitung". Die Idee sei, Menschen in Not vorübergehend zu helfen, bis sie sich selbst helfen könnten. "Es ist keine Dauereinrichtung", so die Journalistin. In Olaf Scholz' Regierungserklärung zu umgeleiteten Corona-Hilfen seien ihm nur Leistungsempfänger eingefallen – "kein Wort über arbeitende Menschen, für die sich jetzt nichts ändert", so Gaschke. "Das ist das, was für die schlechte Stimmung sorgt. Ist das noch die Regierung der Arbeitnehmer?", fragte sie.

Das ist der Moment des Abends bei "Maischberger"

Schon die ersten Sätze des ehemaligen Diplomaten Heusgen führten zum Moment der Sendung. Er antwortete auf die Frage, ob er auch Sorge habe, dass der Krieg mit Putin sich ausweite. "Ich habe die Sorge auch. Wir haben von Putin gehört, dass es, wenn die Ukraine erledigt ist, weitergeht", sagte Heusgen und erinnerte daran, dass der Zerfall der Sowjetunion in Putins Augen die größte Katastrophe des letzten Jahrhunderts war.

"Er will dieses russische Empire wieder zurückgewinnen", warnte Heusgen. Davor sei die Sorge etwa im Baltikum und in der Republik Moldau groß. "Wir sind zurück in der Logik des Kalten Krieges", befand er. Auf Nachfrage von Maischberger verteidigte er die Haltung Deutschlands 2008 und 2014 gegenüber der Ukraine. 2008 hätte ein Beitritt der Ukraine in die Nato die Sicherheit des Bündnisses nicht erhöht, das sei aber Voraussetzung, argumentierte Heusgen.

Zu 2014, als Putin behauptete, die auf der Krim eingesetzten "grünen Männchen" seien nicht von Moskau gesandt, sagte der Experte: "Natürlich hat die Kanzlerin Putin nicht getraut. Aber wir mussten erstmal hier in Deutschland die Leute überzeugen, dass das Putin ist."

In Bezug auf ein Ende des Krieges sah er keinen Weg an einem Waffenstillstandabkommen vorbei. "Letztendlich wird sowas rauskommen wie Minsk. Ich sehe es nicht anders", so Heusgen. Noch sei dieser Zeitpunkt nicht gekommen. Putin bestehe – so wie damals – auf einen Regierungswechsel.

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Das ist das Rede-Duell des Abends

Gysi und Dürr stritten über die Schuldenbremse. "Ich wundere mich seit Jahren, warum linke Politiker so für Schulden plädieren. Denn Schulden sind ja in Wahrheit ein Reichtumsprogramm für reiche Menschen", meinte Dürr. Nur diejenigen, die schon Kapital hätten, seien in der Lage, des dem Staat zu leihen und bekämen dafür viele Zinsen – allein in diesem Haushalt 37,5 Milliarden Euro. "In Wahrheit sind Schulden in der langen Frist ein klassisches Umverteilungsprogramm von unten nach oben."

Gysi reagierte darauf: "Schulden sind dann sinnvoll, wenn sie die Zukunft der Kinder und Jugendlichen sichern. Ich sage ja: für laufende Ausgaben niemals." Er sah ein anderes Problem: "Bei uns bezahlt alles die Mitte." Den Banken und Großkonzernen würden Wege gewiesen, wie sie um eine große Steuerlast herumkämen – der Mittelstand bezahle alles. "Wenn wir durchsetzen, dass die oben, nur angemessen genauso viel bezahlen müssten wie die Mitte, dann könnten wir auch endlich mal darüber nachdenken, die Mitte zu entlasten. Wir machen die Mitte kaputt!", so Gysi.

So hat sich Sandra Maischberger geschlagen

Maischberger stellte kluge Fragen, hätte durchaus aber noch mehr provozieren und aufs Konkrete gehen dürfen. Fragen wie "Hat die Politik angemessen auf diese aufgewühlte Zeit reagiert?" und "Ist die Ampel besser als ihr Ruf?" hat man in den letzten Wochen bereits gehört. Besser war da die Frage an den ehemaligen Kanzler-Berater Heusgen über die Lage 2014 nach der Krim-Annexion: "Haben Sie damals immer noch geglaubt, mit diesem Putin, mit dieser Regierung werden wir schon irgendwie klarkommen?"

Das ist das Ergebnis bei "Maischberger"

Die Stimmungsanalyse bei Maischberger ergab: Das Land ist aufgewühlt. Das Rezept der Runde dagegen: Die Politik müsse wieder ein "Wir-Gefühl" erzeugen. Gleichzeitig hielten die Gäste im Studio aber auch fest, wie instabil die Ampel ist: Vor allem am Knackpunkt der Schuldenbremse drohe sie zu zerbrechen. Mit einem Witz fasste Gysi zusammen: "Wir haben wirklich zu wenig Fachkräfte in Deutschland, und das fängt schon in der Bundesregierung an."

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