Bei Maischberger ging es am Dienstagabend vorrangig um die Sozialpolitik in Deutschland. Irgendwann einmal hatte sich die Ampel in Sachen Bürgergeld geeinigt, nun zieht die FDP neue rote Linien. Während Philipp Amthor dem SPD-Mann Ralf Stegner ein "Rendez-vous" mit der Realität empfahl, sprach Stegner an anderer Stelle von einer "Frechheit" und lieferte Maischberger mit einem Bild die entscheidende Vorlage.
Trotz Ampel-Streit hat die FDP ein 12-Punkte-Papier zur "Wirtschaftswende" beschlossen. Darin fordert sie neben einer Verschärfung der Regeln für das Bürgergeld auch eine Abschaffung der Rente mit 63.
Die Opposition bezeichnet den Beschluss als "Scheidungspapier" der Ampel und der SPD-Politiker Helge Lindh sprach von einer "Austrittserklärung aus der Koalition". Lässt die FDP die Ampel platzen? Darüber diskutierte
Das ist das Thema bei "Maischberger"
Der Titel der Sendung lautete: "Bürgergeld kürzen, Rente mit 63 abschaffen – Zerbricht die Ampel am Streit über die Sozialpolitik?" Darüber diskutierten am Dienstagabend vor allem die Gäste Phillip Amthor (CDU) und
Das sind die Gäste
- Ralf Stegner (SPD): "Wenn Menschen 45 Jahre gearbeitet haben, dass sie dann Abschläge von der Rente bekommen sollen, das ist doch eine Frechheit!", echauffierte sich der SPD-Politiker. Später sagte er: "Ich bezweifele, dass viele Menschen mit Blick auf unseren Sozialstaat nach Deutschland kommen", so der Politiker.
Philipp Amthor (CDU): "Wir müssen die Anreize für Wirtschaftsflüchtlinge nach Deutschland deutlich reduzieren", war sich der CDU-Politiker sicher. In der migrationspolitischen Lage habe sich in Deutschland etwas verändert. "Die Kommunen sind am Anschlag, wir haben zu viel irreguläre Migration nach Deutschland, zu viel Einwanderung in unsere sozialen Sicherungssysteme", so Amthor. Die linken Teile der Koalition würden alle Maßnahmen zu Tode prüfen. "Wir wollen kein Ende des Asylrechts, sondern ein Ende des Missbrauchs des Asylrechts", sagte er.- Mathias Döpfner: Der Vorstandsvorsitzende der "Axel Springer SE" sprach über sein Treffen mit
Putin im Jahr 2005. Ein aufschlussreicher Moment war ihm in Erinnerung geblieben: Döpfner hatte Putin gefragt, wie er die Bedrohung durch islamistischen Terrorismus sehe und ob dieser nicht ein gemeinsames Problem für Amerika, Europa und Russland darstelle. "Es kam eine Antwort, die sehr stark darauf deutete, dass der verletzte Stolz einer ehemaligen Supermacht spricht", so Döpfner. Er habe schon damals gespürt, dass da jemand mehr wolle und es eine ungute Energie gebe. "Das hat mich damals schon sehr besorgt", sagte er. - Pinar Atalay: "Man hat verlernt, die Menschen mitzunehmen", kritisierte die "RTL"-Moderatorin die Ampel. Angeblich wolle keine der drei Parteien die Regierung platzen lassen, doch vor allem die FDP erscheine so, als forciere sie genau das.
- Florian Schroeder: Der Autor und Kabarettist sagte: "Ich würde mir wünschen, dass die Bundesregierung es wenigstens schafft, Erfolge so zu verkaufen, dass es welche sind." Die Ampel schaffe selbst das, was läuft, so zu verkaufen, als sei schon wieder etwas schiefgegangen.
- Christoph Schwennicke: Der Chefredakteur von "t-online" analysierte: "Die FDP verhandelt etwas mit, dann wird ein Kompromiss gefunden und dann kommt sie und sagt: Es reicht uns alles nicht, wir stehen eigentlich ganz wo anders. Das geht so nicht." Sich zu verständigen und dann unmittelbar danach etwas anderes zu fordern, sei nicht fair. Er halte es dennoch für unwahrscheinlich, dass die Regierung zerbreche.
Das ist der Moment des Abends bei "Maischberger"
Als es um die wirtschaftliche Lage Deutschlands ging, warf Amthor Diskussionspartner Stegner vor: "Sie rechnen sich die Zahlen schön. Alle anderen Industrienationen sind gewachsen, wir sind geschrumpft". Stegner sage, es gebe so viele sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze wie nie zuvor, aber dafür sei in der Produktivität selten so wenig wie jetzt gearbeitet worden.
"Es geht Deutschland im Moment wirtschaftlich schlecht und das können Sie hier auch nicht gesundbeten. Ein Rendezvous mit der Realität würde ich Ihnen empfehlen", schob er nach.
Das ist das Rede-Duell des Abends
Amthor sagte: "Wir sind in einer Situation, wo momentan Anreize fürs Nicht-Arbeiten geschaffen werden. Das wird in breiten Teilen der Gesellschaft als ungerecht wahrgenommen." Angesichts der nachlassenden Wirtschaftsleistung sei es nicht nachvollziehbar, den Sozialstaat immer weiter auszubauen.
"Das hat mit der Realität wenig zu tun", konterte Stegner. Wenn man arbeiten könne, sollte man das auch tun. Aber: "Von den Bürgergeldempfängern kriegen 20 Prozent Bürgergeld, weil sie so niedrige Löhne haben, dass sie davon nicht leben können." Nicht einmal ein Prozent wolle nicht arbeiten.
"Wenn wir dafür sorgen würden, dass die Löhne in Ordnung sind und die Leute keine ergänzende Hilfe bräuchten, würden wir Steuern und Einnahmen haben und keine Sozialausgaben", erklärte er. "Das ist die letzte Rettung der SPD", kommentierte Amthor. Das Problem liege nicht bei den Totalverweigerern. Das Bürgergeld habe in der Energiekrise Anreize gesetzt, lieber die vom Staat bezahlte Miete zu kassieren.
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Es gab einen Moment in der Sendung, an dem Maischberger zunächst ziemlich überrascht reagierte, dann aber eine kluge Frage ableitete. Stegner hatte gerade über das Verhalten der FDP in der Koalition gesprochen, als er folgenden Vergleich brachte: "Wenn man im Schwimmbad auf dem Sprungturm steht und große Sprüche macht, muss man gucken, ob Wasser im Becken ist."
Maischberger fragte nach: "Also die FDP ist kurz davor zu springen, und sie wäre tot, wenn sie landet?" Es könne schließlich der Punkt kommen, dass ein SPD-Kanzler einen FDP-Minister rausschmeiße und damit die Koalition beende. "Ist es das, was Sie sagen wollen, soll der Kanzler irgendwann mal diese FDP rauswerfen?", fragte Maischberger.
Das ist das Ergebnis bei "Maischberger"
Maischbergers Sendung lebt davon, dass sie besonders viele Themen unterbringt, aber manchmal krankt sie auch daran. Am Dienstagabend wäre es sinnvoller gewesen, die großen Themen Bürgergeld, Rente, Migration und Co. nicht nur aus parteitaktischen Erwägungen zu streifen, sondern etwas inhaltlicher zu betrachten.
Ergebnisse gab es dennoch: Den Begriff "Leitkultur" hielt die Runde für kaum definierbar und als es um die CDU-interne Diskussion zum Verhältnis zum Islam ging, riet Schwennicke: "Ich hätte die Finger ganz davongelassen."
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