- Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) gerät wegen ihrer Rolle bei der Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 immer stärker unter Druck.
- Sie war zum Zeitpunkt des Hochwassers als Umweltministerin von Rheinland-Pfalz mitverantwortlich für das Katastrophenmanagement.
- In einer Pressekonferenz am Sonntagabend entschuldigte sich die Politikerin dafür, kurz nach der Flut mit ihrer Familie in den Urlaub gefahren zu sein.
Was ist zuletzt passiert?
Bundesfamilienministerin
Eilmeldung: Anne Spiegel erklärt Rücktritt als Familienministerin
Worum geht es genau?
Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) war zum Zeitpunkt der Flut Landesministerin für Klimaschutz und Umwelt in Rheinland-Pfalz und damit mitverantwortlich für das Katastrophenmanagement. Ihre Vorgängerin war wegen eines Skandals rund um eine rechtswidrige Beförderungspraxis in ihrer Behörde zurückgetreten. Jetzt fordern verschiedene Seiten, etwa CDU-Chef
Laut "Bild" soll sich am Sonntag auch die Grünen-Spitze bei einem "Krisentreffen" dafür ausgesprochen haben. Dabei waren demnach die Parteivorsitzenden
Anne Spiegel: "Das war ein Fehler, dass wir so lange in Urlaub gefahren sind und ich bitte um Entschuldigung"
Wie lief die Pressekonferenz?
Spiegel, die sichtlich angeschlagen wirkte, bezeichnete den langen Familienurlaub als Fehler und entschuldigte sich dafür. Sie begründete ihre damalige Entscheidung unter anderem mit dem Gesundheitszustand ihres Mannes, der im März 2019 einen Schlaganfall erlitten hatte. Ihre Familie habe den Urlaub gebraucht, "weil mein Mann nicht mehr konnte", sagte die 41-Jährige, der während der Pressekonferenz mehrfach die Stimme stockte. Als weitere Begründung nannte die Ministerin die Corona-Pandemie, die für ihre Familie "eine wahnsinnige Herausforderung" gewesen sei und ihre vier Kinder "ganz klar mit Spuren versehen" habe. Zu den Rücktrittsforderungen äußerte Spiegel sich nicht, Nachfragen seitens der Medien ließ sie nicht zu.
Des Weiteren gab die Ministerin zu, dass sie sich anders als ursprünglich mitgeteilt nicht aus ihrem Urlaub zu den Sitzungen der Landesregierung zugeschaltet hatte. "Damit kam sie einer Veröffentlichung zuvor", schrieb der "Zeit"-Journalist
Welche Reaktionen gibt es?
Friedrich Merz, Vorsitzender der CDU sowie der Fraktion von CDU/CSU im Bundestag, hatte bereits vor Spiegels Erklärung deren Entlassung gefordert. Mehrere andere Unionspolitiker und der familienpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Martin Reichardt, verlangten ebenfalls Spiegels Rücktritt.
CSU-Generalsekretär Stephan Mayer erneuerte nach dem öffentlichen Auftritt der Bundesfamilienministerin ebenfalls seine Forderung nach einem Rücktritt. "Ich glaube, auch wenn man Frau Spiegel gestern erlebt hat, ich glaube, sie tut sich selbst auch keinen Gefallen, wenn sie weiterhin darauf beharrt, im Amt zu bleiben", sagte Mayer im Deutschlandfunk. Mayer betonte, es gehe auch um die Frage, ob Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in jeder Sitution ein voll handlungsfähiges und starkes Kabinett habe. Er habe "persönlich Verständnis" für die "private Situation" der Ministerin, so der Politiker weiter. Er nannte es anerkennenswert, dass sie Fehler eingeräumt und sich entschuldigt hat: "Die Frage, die sich stellt, ist nur die, weshalb sie offenkundig die Unwahrheit gesagt hat, als sie behauptet hat, sie hätte während ihres Urlaubs an den Kabinettssitzungen in Rheinland-Pfalz teilgenommen. Das ist aus meiner Sicht nicht erklärlich."
Der designierte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai wollte den Fall bei einem Auftritt im Programm von RTL/ntv nicht kommentieren. Der Parlamentarische Staatssekretär im Familienministerium, Sven Lehmann (Grüne), verteidigte Spiegel auf Twitter. "Am Beispiel Anne Spiegel wird auch verhandelt, wie menschlich Politik sein darf", schrieb er. "Politiker*innen sind Menschen. Menschen können Fehler machen oder in harten Abwägungen Entscheidungen treffen, die sie später bereuen. Wer in der Politik keine Maschinen will, bekommt Menschen", erklärte der Bundestagsabgeordnete weiter.
Rücktritt von Spiegel gefordert
Warum ist Anne Spiegel noch in der Kritik?
Kurz vor ihrer Vernehmung im Untersuchungsausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags zur Flutkatastrophe wurden SMS öffentlich, die den Eindruck erwecken, dass es der Politikerin nach den Ereignissen vor allem darum ging, die Verantwortung von sich zu lenken. Ihr wird vorgeworfen, als zuständige Umweltministerin nicht rechtzeitig und ausreichend vor dem Hochwasser gewarnt zu haben. Im Ausschuss sprach ein Experte für Katastrophenschutz von deutlichen Versäumnissen im Umgang mit der Katastrophe - vor allem beim damaligen Landrat an der Ahr, Jürgen Pföhler (CDU), aber auch bei Spiegel.
Wie geht es weiter?
Am Montag kommt der Bundesvorstand der Grünen zu einer Klausurtagung in Husum (Schleswig-Holstein) zusammen. Für 14 Uhr war zunächst ein Presseauftritt der Parteivorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour geplant, sollte dann aber ausfallen. In den Landtagen von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz laufen derzeit außerdem noch die Untersuchungsausschüsse zur Rolle der jeweiligen Landesregierung und ihren Behörden bei der Flutkatastrophe.
Mitte Juli 2021 starben in beiden Bundesländern insgesamt mehr als 180 Menschen, davon 134 im Ahrtal. In Rheinland-Pfalz wurden rund 750 Menschen verletzt, zudem große Teile der Infrastruktur sowie Tausende Häuser zerstört. Viele Menschen leben noch immer in Not- oder Ausweichquartieren. (dpa/okb)
Familienministerin Spiegel entschuldigt sich für umstrittenen Urlaub nach Flut
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