Union und SPD haben nun bei ihrer Koalitionsbildung ein massives Problem: Die Grünen machen erst einmal nicht mit bei den geplanten Änderungen des Grundgesetzes.
Die Grünen wollen dem geplanten milliardenschweren Verteidigungs- und Infrastrukturpaket von Union und SPD in seiner aktuellen Form nicht zustimmen. Die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Katharina Dröge, sagte in Berlin, sie und die Co-Vorsitzende Britta Haßelmann würden der Fraktion empfehlen, nicht zuzustimmen.
Allerdings schlugen die Grünen nicht alle Türen zu. Dröge sagte, es wäre richtig, den neuen Bundestag einzuberufen. Wenn das nicht passiere, seien die Grünen auch zu schnelleren Entscheidungen bereit. Sie machte aber klar: Die Grünen wollen eine generelle Reform der Schuldenbremse. Auch die Linken hätten dazu ihre Zustimmung signalisiert. Gespräche über eine Verständigung mit ihnen sollten daher jetzt beginnen.
Grüne für Reform der Schuldenbremse
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Ohne das geplante Finanzpaket würde Union und SPD die finanzielle Grundlage ihres Sondierungsergebnisses und damit auch für die ab Donnerstag anvisierten Koalitionsverhandlungen fehlen. CDU, CSU und SPD hatten in ihren Sondierungen für eine Koalition vereinbart, die Schuldenbremse für höhere Verteidigungsausgaben zu lockern und ein schuldenfinanziertes Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für die Infrastruktur zu schaffen.
Die Grundgesetzänderungen sollten eigentlich am Donnerstag ins Plenum eingebracht und am 18. März noch vom alten Bundestag beschlossen werden.
CDU/CSU und SPD halten Einigung weiter für möglich
Union und SPD reagierten gelassen. Mit den Grünen und auch mit der FDP würden Gespräche aufgenommen, sagte CDU-Generalsekretär
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte: "Das wird nicht das letzte Wort der Grünen sein", und mahnte: "Die Sicherheitslage erfordert eine andere Haltung. Wir sind bereit, weiter zu verhandeln."
SPD-Partei- und Fraktionschef Lars Klingbeil sagte zur Möglichkeit einer Einigung mit den Grünen: "Ich gebe die Zuversicht nicht auf, dass das gelingen kann." Er werde am Abend gemeinsam mit CDU-Chef
Grüne fühlen sich übergangen
Haßelmann sagte, als Unions-Kanzlerkandidat habe Merz verkündet, das Paket werde unverändert in den Bundestag eingebracht. "Was er dabei übersehen hat, ist, dass man für eine solche Operation Zweidrittel-Mehrheiten braucht." Da reiche es nicht aus, nur an das Verantwortungsbewusstsein der Grünen zu appellieren.
Brantner erklärte: "Wir stehen zur Verantwortung für unser Land, aber wir stehen nicht zur Verfügung, die Wahlversprechen von CDU und SPD über Schulden zu finanzieren." Und: "Wir werden uns nicht erpressen lassen."
Grünen-Co-Chef Felix Banaszak sagte mit Blick auf Union und SPD: "Wir stehen nicht zur Verfügung für einen politischen Stil, der wiederholt darauf setzt, gemeinsam etwas zu vereinbaren, es im Nachgang denen vorzulegen, die man braucht, um es umzusetzen und dann zu sagen, die Grünen müssen ja am Ende sowieso zustimmen."
Haßelmann auf dem "Leberblümchenweg"
Dröge sagte, Union und SPD wollten eine Schatzkiste schaffen mit Spielgeld, um es in Steuerentlastungen zu stecken, in eine Reform des Agrardiesels und eine Erhöhung der Pendlerpauschale. "Wir stehen mit Sicherheit nicht für Spielgeld zur Verfügung, und deswegen werden wir diesen Vorschlägen nicht zustimmen." Durch das Paket werde "kein einziger Euro mehr an Investitionen in Deutschland finanziert". Sie kritisierte, der Klimaschutz spiele in den Plänen von Union und SPD bisher keine Rolle.
Die Grünen warfen Merz unter anderem vor, sie nur über eine Nachricht auf der Mobilbox Haßelmanns über die Ergebnisse der Sondierungsgespräche informiert zu haben.
Sie sei am Wochenende im Wald gewesen, sagte Haßelmann. "Das muss erlaubt sein nach der letzten Woche." Sie kommt aus Bielefeld und hatte auf X Fotos von ihrer Wanderung auf dem "Leberblümchenweg" veröffentlicht. Es sei dann aber auch noch zum persönlichen Gespräch mit Merz gekommen: "Sie können ganz sicher sein, dass er nicht nur mit meiner Mailbox gesprochen hat, sondern auch mit mir."
Ein möglicher Kompromiss
Inhaltlich hatten die Grünen detaillierte Vorschläge verlangt sowie Geld auch für den Klimaschutz. Bei der Verteidigung hatte die Fraktion darauf gepocht, etwa die Nachrichtendienste stärker zu berücksichtigen. Sie wollen dazu nun sehr rasch einen eigenen Gesetzentwurf vorlegen.
Ein möglicher Kompromiss könnte eine Aufsplittung der Vorschläge zu Infrastruktur und Verteidigung sein, da die Grünen auch kritisierten, dass Union und SPD dafür einen einzigen Gesetzentwurf vorlegen wollten.
Linke zeigt sich gesprächsbereit
Die Linke, auf deren Stimmen es im neuen Bundestag ankäme, signalisierte, dass sie für Gespräche über eine Abschaffung oder Reform der Schuldenbremse zur Verfügung stünde. Das bekräftigte die amtierende Co-Fraktionschefin Heidi Reichinnek und begrüßte die Ansage der Grünen, das Vorgehen von Union und SPD so nicht mitzutragen.
Die Linke ist gegen stark erhöhte Verteidigungsausgaben. Auf Nachfrage deutete Reichinnek aber an, dass eine Mitwirkung bei der Reform der Schuldenbremse daran nicht unbedingt scheitern würde. Sie sagte, wenn die Schuldenbremse als Ganzes reformiert werde, ermögliche dies Investitionen beispielsweise in den Wohnungsbau, in die Gesundheit, in die Bildung. "Wie genau diese Räume dann genutzt werden, das entscheidet ja der Bundestag über den Haushalt."
Juristischer Gegenwind
Derweil will die Linke mit einem Eilverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht milliardenschwere Entscheidungen mit alten Mehrheiten im Bundestag verhindern. Wie die amtierende Fraktionsführung mitteilte, stellten einzelne Bundestagsabgeordnete und die künftige Fraktion in Karlsruhe den Antrag auf eine einstweilige Anordnung. In der Begründung des Antrags heißt es, die neuen Abgeordneten sähen sich in ihren Mitwirkungsrechten verletzt. Ob die Fraktion noch in anderen Punkten juristisch vorgeht, soll noch entschieden werden.
Die AfD-Fraktion wollte noch im Laufe des Tages eine sogenannte Organklage und einen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht einreichen, um die geplanten Sondersitzungen des alten Bundestages zur Lockerung der Schuldenbremse zu verhindern. Das teilte die Fraktion mit. Einzelne Abgeordnete der AfD und die ehemalige AfD-Abgeordnete Joana Cotar hatten nach eigenen Angaben ebenfalls bereits Karlsruhe angerufen.(dpa/bearbeitet von lla und jst)