• Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und Bundeskanzler Olaf Scholz sind für die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht gegen das Coronavirus.
  • Einen eigenen Gesetzentwurf will die Bundesregierung aber nicht vorlegen. Die Ampel-Koalition drückt beim Thema auf die Bremse: Gründlichkeit gehe vor Schnelligkeit.
  • Kommt die Impfpflicht? Und wenn ja, wann? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

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Kaum ein Thema sorgt aktuell für so viele Diskussionen wie die Impfpflicht gegen das Coronavirus. Ob sie aber wirklich kommt, lässt sich noch nicht sicher sagen. Denn die Politik scheint es damit nicht eilig zu haben. Wo steht die Diskussion und warum kommt sie offenbar nicht vom Fleck? Ein Überblick.

Wie steht die Bundesregierung zur Corona-Impfpflicht?

Die meisten Ministerinnen und Minister haben sich dafür ausgesprochen. Das gilt auch für die bei diesem Thema wichtigsten Mitglieder der Regierung: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich deutlich hinter eine Impfpflicht gestellt. Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ist dafür. "Ich bin fest davon überzeugt, wenn wir das Problem lösen wollen, auf eine saubere und sichere Art und Weise, dann ist die Impfpflicht der beste Weg", sagte er am Montag bei einem Besuch in Mecklenburg-Vorpommern.

Wird die Regierung einen eigenen Gesetzentwurf für eine Impfpflicht vorlegen?

Bisher hat sie das nicht vor. Lauterbach begründet das mit seiner Neutralität als Minister. Sein Haus müsse allen Parlamentariern zuarbeiten – auch denen, die gegen eine Impfpflicht sind. "Als Bundesgesundheitsminister muss man respektieren, wenn eine Entscheidung eine Gewissensentscheidung des Parlaments ist. Dann machen die Abgeordneten Vorschläge und nicht der Minister oder die Ministerin", sagte er am Montag.

Kanzler Scholz will, dass der Entwurf für ein Gesetz zu einem so sensiblen Thema aus der Mitte des Parlaments kommt. Klar ist aber auch, dass die Ampel-Koalition sich nicht einig ist. Während SPD und Grüne sich größtenteils für die Pflicht ausgesprochen haben, ist die FDP zögerlich. Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner hat sich noch nicht festgelegt. Eine eigene Mehrheit für die Einführung einer Impfpflicht wäre der Ampel-Koalition nicht sicher.

Was sagt die Opposition?

Ralph Brinkhaus, Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion, hat sich klar für die Impfpflicht ausgesprochen. Mit den Stimmen von Unionsabgeordneten ließe sie sich wohl durchsetzen. Allerdings spielt die Union den Ball an Scholz zurück: "Ich möchte, dass der Bundeskanzler auf jeden Fall einen Gesetzentwurf vorlegt", sagte Thorsten Frei, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer, im Gespräch mit dem ZDF-Morgenmagazin. Scholz stehe in dieser Situation nur mit verschränkten Armen am Spielfeldrand, kritisierte Frei. "Der Bundeskanzler übernimmt in der Krise keine Führung."

Wann könnte eine Impfpflicht in Kraft treten?

Am kommenden Mittwoch, 26. Januar, wird eine erste "Orientierungsdebatte" im Bundestag stattfinden. Um ein Gesetz zu verabschieden, sind drei Lesungen im Bundestag sowie eine Sitzung des Bundesrats nötig. Im Februar ist aber nur eine Sitzungswoche des Bundestages vorgesehen. Das haben die Fraktionen bereits im vergangenen April so festgelegt. In Kraft treten würde die Impfpflicht daher nach jetzigem Stand wohl frühestens im Mai.

Der Prozess ließe sich beschleunigen, indem der Bundestag Sondersitzungen einlegt. Das ist möglich, wenn ein Drittel der Mitglieder das verlangt. "Mein Kalender sieht nicht allzu viele Karnevalstermine für den Februar vor", sagte Kevin Kühnert in der vergangenen Woche auf einer Pressekonferenz – und zeigte sich damit generell offen für eine Sondersitzung. Allerdings betonen Politikerinnen und Politiker der Ampel-Koalition immer wieder: Es bestehe kein Grund zur Eile.

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Warum hat es die Ampel-Koalition bei diesem Thema nicht eilig?

Dafür gibt es mehrere Gründe. Irene Mihalic, Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, warnt zum Beispiel vor einem Schnellschuss: "Wenn wir in der sehr wichtigen Debatte zur Impfpflicht hektisch agieren, werden wir am Ende nichts gewinnen, noch nicht einmal Zeit", erklärte sie auf Anfrage unserer Redaktion. "Es gilt der Grundsatz: So schnell wie möglich, aber vor allem so gründlich wie nötig."

In der SPD betont man zudem, dass die Impfpflicht ohnehin nicht als Maßnahme gegen die aktuell hohen Inzidenzen gedacht ist. "Klar ist, dass die Impfpflicht dazu dient, gut über den nächsten Herbst und Winter zu kommen, und nicht auf die aktuelle Welle zielt", teilte Katja Mast mit, die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion.

Und dann ist da noch die FDP, die ebenfalls auf die Bremse drückt. Die Liberalen werfen die Frage auf: Ist eine Impfpflicht überhaupt nötig, wenn sich durch die hochansteckende Omikron-Variante jetzt sowieso sehr viele Menschen infizieren?

"Omikron ändert die Spielregeln", sagte der FDP-Abgeordnete und Parlamentarische Geschäftsführer Stephan Thomae der "Süddeutschen Zeitung": "Bevor wir in der Sommersaison mit einem Impfstoff impfen, dessen Wirkung in der nächsten Wintersaison womöglich schon wieder abklingt und/oder von einer neuen Variante unterlaufen wird, sollten wir uns fragen, ob es nicht sinnvoll ist, abzuwarten, mit welcher Mutation wir es im nächsten Herbst zu tun haben."

Welche Möglichkeiten liegen bei der Impfpflicht auf dem Tisch?

Klar ist, dass es einen Antrag aus Teilen der FDP-Fraktion gegen eine Corona-Impfpflicht geben wird. Er wird von mehr als 30 FDP-Abgeordneten unterstützt, darunter unter anderem Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki und die frühere Generalsekretärin Linda Teuteberg. Das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtete, dass sich auch mindestens zwei Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion dem Antrag anschließen wollen. Einen eigenen Antrag gegen die Impfpflicht hat die AfD-Fraktion angekündigt.

Zu rechnen ist zudem mit weiteren Anträgen: einer für eine allgemeine Impflicht und einer, bei dem diese Pflicht auf eine bestimmte Gruppe beschränkt ist – zum Beispiel die über 50-Jährigen. Noch liegen diese Anträge aber nicht vor. Mehr Klarheit wird sich möglicherweise erst in der kommenden Woche einstellen, wenn der Bundestag erstmals über das Thema debattiert.

Welche offenen Fragen gilt es zu klären?

Mit der Einführung der Impfpflicht ist es noch nicht getan. Vielmehr müsste die Politik zunächst die Frage beantworten, wie sie umgesetzt werden soll. Wie soll der Staat zum Beispiel kontrollieren, ob jemand geimpft ist oder nicht?

Möglich wäre das zum Beispiel über ein Impfregister, in dem für jede Bürgerin und jeden Bürger die entsprechenden Daten vermerkt sind. Gesundheitsminister Karl Lauterbach lehnt diesen Weg allerdings ab. "Der Aufbau eines Impfregisters dauert lange und ist auch datenschutzrechtlich nicht unumstritten", sagte er am Dienstag im Deutschlandfunk.

Möglich wären stattdessen stichpunktartige Kontrollen - so wie zur Zeit auch die Einhaltung der 3G-Regel in Bussen und Bahnen überprüft wird. Klar ist, dass eine Impfpflicht kein Impfzwang ist: Wer nicht geimpft ist, dem wird die Spritze nicht zwangsweise verabreicht. Aber wird die Impfpflicht wirklich eingeführt, müssten Ungeimpfte wahrscheinlich ein Bußgeld zahlen. In Österreich zum Beispiel sind dafür je nach Einkommen 600 bis 3.600 Euro vorgesehen.

Quellen:

  • Irene Mihalic, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
  • Katja Mast, SPD-Fraktion
  • Deutsche Presse-Agentur (dpa)
  • Deutschlandfunk.de: Gesundheitsminister Lauterbach: "Aus der Welle einen Hügel machen"
  • Redaktionsnetzwerk Deutschland: Antrag gegen Corona-Impfpflicht: FDP bekommt Unterstützung aus der CDU
  • Sueddeutsche.de: Die Gräben werden tiefer
  • ZDF.de: Frei: "Keine Führung in der Krise"
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